schokolade hat geschrieben:
Hallo Frank.
Es mag durchaus reizvoll sein über die unterschiedlichen Theorien zu philosophieren. Mir wäre es dann allerdings lieber wenn du uns kurz zusammenfassen könntest, was genau an der ein oder anderen Theorie für dich so spannend ist und bei welcher konkreten Problemlösung sie hilfreich wäre.
In der materialistischen Geschichtsauffassung finde ich den m.E. vernünftigsten Ansatz um mir die aktuellen Ereignisse erklären zu können. Gerade für die Frage die uns hier beschäftigt hat, nämlich wie es mit Europa weitergehen soll, kann, wird.
Danke für den Link, aber ich muss sagen so richtig klar ist die Erklärung nicht.
Wiki hat geschrieben:
Als materielle Triebkräfte der gesellschaftlichen Entwicklung werden die sozio-ökonomischen Widersprüche aufgefasst, die die Gesellschaftsformationen auf den unterscheidbaren Entwicklungsstufen kennzeichnen und den „Kampf und die Einheit der Gegensätze“.
Triebkräfte der Entwicklung sind nicht die "Widersprüche" sondern die Veränderungen in den Produktionsbedingungen. (neue Verfahren, neue Erfindungen usw.)
Eine stabile Gesellschaft kann, muss vielleicht sogar antagonistisch organisiert sein. (basiert auf eine Art Arbeitsteilung, z.B. im Feudalismus: Bauern und ihr Schutz >> Schutzherrschaft) Antagonistisch findet daher im Begriff Widerspruch nicht unbedingt eine synonyme Vokabel.
Zu sozio-ökonomischen Widersprüchen kommt es erst, wenn die Produktionsbedingungen nicht mehr mir der Organisation harmonieren.
Nun ist das hier nicht der Ort Wikipedia zu korrigieren.
Übertragen wir den Ansatz auf die Gegenwart.
Die Produktionsbedingungen haben sich verändert. Von der produzierenden Industriegesellschaft deren Hauptfunktion es war den materiellen Mangel zu beseitigen, hin zu einer Dienstleistungsgesellschaft. Hier rückt die materielle Produktion in den Hintergrund, die ökonomische Aufgabe verschiebt sich von der Produktion hin zur Verteilung.
Die nationalen Grenzen die für eine geordnete regionale Entwicklung in einer unter Mangel leidenden Weltgemeinschaft sorgten, stören nun bei der Verteilung des Überflusses. Der Ruf nach neuen Märkten auf denen die überreichlich vorhandenen Produkte losgeschlagen werden können, kontrastiert eindrucksvoll den Ruf nach rohstoffliefernden Kolonien aus frühere Epoche.
Ja und der einstmals liebevoll umworbene Gastarbeiter ist heute zum schmarotzenden Wirtschaftsflüchtling mutiert.
Das Bedingungslose Grundeinkommen ist ebenfalls eine Forderung, die auf eine Änderung der Arbeitswelt basiert. Denn die Arbeit hat sich in der Dienstleistungsgesellschaft vom Produzieren entfernt. Das Produkt der Arbeit ist keine Ware wie in der Warenproduktion, die ein körperliches Dasein nach der angewandten Arbeit auszeichnet.
Bei der Dienstleistung fallen Produktion und Konsumtion zeitlich zusammen.
Um eine Dienstleister zu "bezahlen" wird ein Teil des Warenbergs aus der materiellen Produktion benötigt. Der Dienstleister kostet der Gesellschaft materiellen Reichtum.
Um Widerspruch zu lösen das die Dienstlesitung keine Ware, die einen Körper und damit einen Wert hat, produziert, setzt das Rechtssystem ein. Ganz klassisch: die Erschleichung von Dienstleistungen.
Aber auch der Schutz sogenannten geistigen Eigentums, oder die rechtliche Festlegung von Einkommen. z.B. Abgeordneten Diäten, diverse Gebührenordnungen, das gesamte Gesundheitssystem u.v.m.
Die Bezahlung richtet sich nicht nach dem Wert, der durch die Arbeit geschaffen sondern nach Gesetz.
Den Zwang die Dienstleistung wie eine Tätigkeit in der materiellen Produktion zu vergüten führt zu immer mehr Widersprüchen. So wird der Preis der Arbeit in der Produktion z.B. an dem Wert des realen Produktes also der Ware gebunden, das ist eine fast naturwissenschaftliche Größe. Man kann dem Arbeiter nicht mehr Zahlen als der Verkauf der Ware einbringt.
Der Wert der Arbeit eines Abgeordneten kann dagegen an nichts konkretisiert werden. Ihn kann man beliebig ansetzen.
Das BGE löst den Konflikt weil es ein Grundeinkommen für jederfrau realisiert und daher die Gesellschaft von dem Zwang befreit Pseudoerwerbsarbeitsplätze zu schaffen.
HamburgFrank hat geschrieben:
Alternative Gesellschaftstheorien haben neben vielen anderen ua Max Weber, Karl Popper und Niklas Luhmann (systemische Sozialogie) verfasst siehe
Wie gesagt, das ist interessant, aber deine Aufgabe wäre es, uns darüber aufzuklären, wie uns die von dir hier erwähnten Theorien weiter helfen.
Sollen wir uns für den Erhalt des Euros und vielleicht sogar für eine Weltwährung aussprechen, oder für seine Zerlegung wie es der AFD vorschwebt. Sind wir für eine Festung oder für ein offenes Europa.
Also wenn ich der Erklärung im Wiki folge und mal annehme, dass seine "alternative Gesellschaftstheorie" dort exakter wiedergegeben ist als die materialistische, würde ich ihn so zusammen fassen.
Die Wahrheit ist relativ, darum ist Ziel ist nicht der Beweis einer Theorie sondern die Suche nach den Gegenbeweisen. In meinen Augen ist so ein Herangehen durchaus interessant und vielversprechend, nur ist das keine Gesellschaftstheorie sondern ein Verfahren.
Sein Ziel soll eine offene, nicht an Dogmen oder starren Lebensweisen gebundene Gesellschaft sein. Von dem Ziel unterscheide ich mich mit meiner Auffassung gar nicht.
Er umgeht das aktuelle Problem, Weltgemeinschaft oder Nationalstaat.
Und wie die Gesellschaft am Ende der jetzt sich abzeichnenden Auseinandersetzung zwischen den Nationalstaaten verwaltungstechnisch organisiert sein wird, ist eine andere Frage.
Langfristig schwebt mir bekanntlich die Ordnung ohne Herrschaft vor.
Bei Niklas Luhmann handelt es sich offensichtlich um einen Soziologen.
An ihm scheint interessant, dass er nach sozialen Grundmustern suchte, die von Zeit (Epoche) und Ort (Kulturraum) unabhängig sind. Er will die Soziologie entpolitisieren, ihr also den moralischen Zeigefinger amputieren und sie von dem Zwang befreien, ein sozialen Utopie formulieren zu müssen.
Interessant scheint allerdings sein Ansatz (durchaus materialistisch), demnach soziale Systeme ausschließlich aus Kommunikation bestehen und sich selbst produzieren und reproduzieren. Das heißt, die Gesellschaft setzt jeder Veränderung ein gewisses Beharrungsvermögen entgegen. z.B. gegen das BGE.
Eine "neue" Idee braucht ihre Zeit um diesen konservativen Reproduktionsprozess zu (r)evolutionieren.
Ich glaube dir, das der Mann durchaus lesenswert ist, aber zu den konkreten Fragen um die es hier geht/ging ist das Studium seiner Schriften vermutlich nicht hilfreich.
Bei Max Weber kann ich bezüglich der hier aufgeworfenen Fragen nichts finden, da gibt auch das Wiki nichts her.
Die "Kritische Theorie" setzte z. B. voraus, dass die von ihr kritisierte Gesellschaft kapitalistisch ist. Hätten die Frankfurter Schule Karl Popper studiert, wäre ihr dieser Dogmatismus sicher selbst aufgefallen und sie hätte sich vielleicht die Frage gestellt: "Was, wenn unserer Gesellschaft nicht kapitalistisch ist?"
Auch fehlt dieser Theorie jeder Bezug zu der nationalstaatlich separierten Weltgemeinschaft. Kurz es ist eine Schule die vom "Nationaleinkommen" zehrt die also einen Schwarm von Denkern nährt, und der die Welt ansonsten am Arsch vorbei geht, möchte man schreiben.
Jedenfalls finde ich auch dort nichts, was die Frage beantwortet, wie es nach der Zerlegung der Nationalstaaten weitergehen könnte.
HamburgFrank hat geschrieben:
Ich finde zwar einiges an Marx/Engels sehr interessant, aber noch mehr an den oben genannten zuzüglich
Wegen mir musst du an Max und Moritz nichts interessant finden. Aber wenn du schon son Spruch raushaust, dann wäre etwas konkretes angebracht.
Entstehung und Absterben des Staates sind übrigens bei Lenin zu finden.
Lenin hat geschrieben:
Solange es einen Staat gibt, gibt es keine Freiheit. Wenn es Freiheit geben wird, wird es keinen Staat geben.
http://www.dadabit.de/forum/viewtopic.php?t=357
HamburgFrank hat geschrieben:
meinem aktuellen Favoriten dem Pol.wiss. und Genozidforschers R.J. Rummel mit der Aussage "Schlussfolgernd sieht Rummel die politische Freiheit der Bürger als einziges Mittel gegen innere und äußere Gewalttätigkeit von Staaten. Demokratie sei das einzige Mittel gegen Krieg auf der Welt während zentrierte Macht Korruption, Armut und Tod fördere." siehe
http://de.wikipedia.org/wiki/Rudolph_Joseph_Rummel
Frank /HamburgFrank
Das ist sicher auch keine schlechte Vorstellung, nur sind es gegenwärtig gerade die Demokratien, die um ihre nationalen Pfründe einzustreichen Hass und Zwietracht sähen. Was glaubst du, auf wessen Konto die 50 bis 60 Millionen Flüchtlinge die zur Zeit ziellos über den Globus wandern, gehen? In wessen Forschungslabors werden die Waffen entwickelt, auf wessen Werkbänken werden sie geschmiedet und in wessen Laden werden sie verkauft?
Selbstverständlich kann man sich da hinsetzen und dem Zusammenbruch entgegenfiebern, aber ich wende mich an die denkenden Wesen unter uns, in der Hoffnung, auf friedlichen Weg in die Zukunft zu gelangen.
Und ich bin mir sicher, solange wir es tolerieren, dass unser Außenminister "europäische" Politik macht oder für den "globalen Frieden" kämpft, solange haben wir die Arschkarte.
Schokolade