Google+ nov.2013
Verfasst: Di Nov 12, 2013 10:53 am
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Antwort auf zwei Beiträge
Erstmal vorweg, es existiert kein "ihr" als Gemeinschaft der BGE-Befürworter. Es existieren mittlerweile vielleicht ein Dutzend unterschiedlicher Modelle. Zum Thema.
Die Verdrängung schlechtbezahlter Arbeit durch hochpreisige ist m.E. nicht das zu betrachtende Phänomen. Sondern die Strukturen, die Bedingungen unter denen gearbeitet wurde.
Wenn man denn zurückblickt, z.B. in die Zeit als die Landwirtschaft das die Gesellschaft Bestimmende war, dann sollte man sich auch vergegenwärtigen, dass die Arbeiter in der Landwirtschaft „Bauern“ waren, die „als Hände“ zu dem Landstrich gehörten, auf denen sie lebten.
Im kapitalistischen System war erstens die Landwirtschaft so produktiv dass sie die Arbeitermassen miternähren konnte.
Heute liegt der Anteil der in Landwirtschaft Beschäftigten an den Beschäftigten insgesamt (in Deuschland ) bei ca. 2 %. Auf die Bevölkerung insgesamt macht das noch ein schlappes Prozent.
Und zweitens hat sich eine andere Art der Beteiligung am Arbeitsertrag entwickelt, die in der Bezeichnung Lohnarbeit ihren passenden Ausdruck gefunden hat.
Im „Kapitalismus“ werden hauptsächlich Waren produziert während im Feudalismus hauptsächlich Lebensmittel produziert wurden.
Der Wert der Ware richtet sich nach dem Aufwand, den es macht sie an dem Ort zu produzieren wo sie zu Kauf angeboten wird.
Die materielle Existenz einer Ware basiert auf physische Kraft, die man auf Materie einwirken lassen muss, um sie in die Form zu bringen.
Insofern kann man den Warenwerten, wie sie im produzierenden Industriezeitalter auftreten, eine gewisse „Naturgesetzlichkeit“ unterschieben.
Die Verdrängung dieser wertschöpfenden Arbeit, durch die Dienstleistung, also die Veränderung der wirtschaftlichen Grundstruktur unserer Gesellschaft, von der warenproduzierenden Industriegesellschaft (heute liegt der Anteil der Beschäftigten an den Beschäftigten insgesamt bei zwischen 14 und 18%) zur modernen Dienstleistungsgesellschaft, führt zwangsläufig zu der Notwendigkeit, sich mit der Rolle der Arbeit in den jeweiligen Systemen zu befassen.
Augenscheinlich ist z.B. dass die Ware in ihrer materiellen Erscheinung den Wert mit sich führt. Wer die Ware hat verfügt auch über ihren potentiellen Geldwert.
Der Wert einer Dienstleistung basiert auf ein filigranes Rechtssystem, das die Gesellschaft um solche Leistung herum kreiert hat. Darunter fallen Patent-, Leistungsschutz- und Urheberrechte, Gebührenordnungen für Rechtsanwälte, Notare, Architekten usw. aber auch Beamtenbezüge, Abgeordnetendiäten usw.
Eben ganz im Gegensatz zur produktiven, produzierenden Arbeit deren Wert sich in dem realen Erzeugnis spiegelt und auch misst.
Leider fokussiert die moderne binnenwirtschaftliche Betrachtung der Gesellschaft nach wie vor auf diesen heute marginalen Arbeitsprozess.
So muss, entsprechend der Lehrbuchmeinung, eine Lohnerhöhung durch Produktivitätszuwachs finanziert werden. (Völlig anders als z.B. bei einer Diätenerhöhung.)
Aber in der Dienstleistungsgesellschaft sind Arbeit und Einkommen entkoppelt. Die Bezahlung basiert nicht auf den Wert der durch die Arbeit erzeugten Leistungen sondern auf ein darübergestülptes Rechtsystem.
Darum muss für Arbeitsplätze im Dienstleistungssektor häufig investiert werden. Was ja nichts anderes heißt, als dass ein solcher Arbeitsplatz nicht taugt um sich selbst zu finanzieren.
"Einen Arbeitsplatz finanzieren", bedeutet über das Einkommen (den Warenkorb) desjenigen zu verfügen, der den Arbeitsplatz besetzen soll.
Anders als in der Industriegesellschaft, in der ja der „Warenkorb“ von dem Arbeitenden selbst produziert wurde, der Arbeitsplatz sich quasi "selbst“ finanzierte.
Man kann auch sagen: Wesentliche Aufgabe der Industriegesellschaft war die Beseitigung des Mangels am materiellen Reichtum. Wesentliche Aufgabe der Dienstleistungsgesellschaft besteht darin den vorhandenen Überfluss zu verteilen. Arbeit in der Industriegesellschaft schuf Werte, Arbeit in der Dienstleistung vernichtet Werte.
„Teilen ist das neue Haben“, bedeute Arbeit und Einkommen bewusst zu trennen. Notwendig ist es, das Rechtssystem, das sich in den letzten Jahrzehnten entwickelt hat, welches die individuelle Zuteilung von Einkommen regelt, zu verschlanken, in dem ein allgemeines Recht auf (mindestens) ein existenzsicherndes Einkommen festgeschrieben wird.
Puh.. das war mal wieder eine kompakte Erklärung der revolutionären Aufgabe unsere Zeit.
Antwort auf zwei Beiträge
x hat geschrieben:Das ist zeitlich und räumlich zu lokal gedacht.
Der gesuchte Rahmen lautet hier "Volkswirtschaftlich".
Es ist sogar volkswirtschaftlich erwünscht, dass jede Branche die Zahl ihrer benötigten Arbeitskräfte gegen 0 rationalisiert. Das ist ein Prozess der über Jahrzehnte teilweise fast Jahrhunderte abläuft und unbedingt notwendig ist für den technischen Fortschritt aber auch für das qualitative Wohlstandswachstum.
Einfaches Beispiel:
Einfach mal nachzählen wie viel Menschen heute in der Software, Computer und IT Branche arbeiten. Das sind nicht hunderttausende , das sind inzwischen Millionen. Das geht nur da seit 1960 die Zahl der Leute die wir für Landwirtschaft, Schwerindustrie usw. radikal wegrationalisiert haben. Die Arbeitslosen des Jahres 1960 würden gar nicht ausreichen um eine so große IT Industrie aufzubauen, die wir heute haben und von der wir unter anderem auch bei google+ profitieren.
Gehen wir nochmal 100 Jahre zurück und wir werden nicht mal genug Arbeitskräfte finden um Autos zu bauen oder Maschinenbau zu betreiben. Auch dort mussten durch Rationalisierung erstmal Millionen Menschen aus der Landwirtschaft und der Pferdewirtschaft getrieben werden, damit es genug Arbeitskräfte gibt, für jeden Bürger sein Auto oder sogar sein Zweitwagen zu bauen.
Da kann man in der Geschichte immer weiter zurück gehen bis zu dem Punkt an dem fast 100% aller Menschen nur für Nahrungsmittel und ihr tägliches Überleben gearbeitet haben und einfach keine Zeit und Arbeitskraft für anderes übrig war.
y hat geschrieben:Das habe ich auch nicht behauptet, obwohl da geschichtlich betrachtet wohl zumindest etwas dran ist. Ich habe nur geschrieben, dass es nachweisbar ist, dass Wachstum und Beschäftigung von einander abhängen und in Zeiten starken Wachstums auch die Arbeitslosigkeit zurück geht.
Und dein Beispiel mit den Fabrikarbeitern ist so auch nicht korrekt (obwohl natürlich auch da was dran ist). Über den Lauf der letzten 100 oder 200 Jahre wurden in extremen Ausmaßen Menschen durch Maschinen ersetzt. Die Arbeitslosigkeit ist aber nicht in ähnlichem Maße gestiegen - ganz und gar nicht! Die Menschen arbeiten jetzt einfach in anderen Bereichen, die früher überhaupt nicht denkbar waren.
Ihr werft anderen einen Mangel an Weitsicht und Einsicht vor aber bei euren Sichtweisen mangelt es ebenso ganz erheblich an geschichtlicher Erkenntnis. Daher wiederhole ich mich mal: wir haben kein Problem mit Wachstum, Automatisierung, Demographie oder ähnlichem. Wir haben ein Verteilungsproblem, welches in erster Linie auf die neoliberal geprägte Politik der letzten 40 Jahre zurück geht. Firmen Sparen heute und legen an statt zu investieren und zu riskieren - pervers!
Achja, bevor das einer anführt. Auch ein BGE halt ich für völlig verfehlt und quasi failed by design. Das würde nichts verbessern!
Erstmal vorweg, es existiert kein "ihr" als Gemeinschaft der BGE-Befürworter. Es existieren mittlerweile vielleicht ein Dutzend unterschiedlicher Modelle. Zum Thema.
Die Verdrängung schlechtbezahlter Arbeit durch hochpreisige ist m.E. nicht das zu betrachtende Phänomen. Sondern die Strukturen, die Bedingungen unter denen gearbeitet wurde.
Wenn man denn zurückblickt, z.B. in die Zeit als die Landwirtschaft das die Gesellschaft Bestimmende war, dann sollte man sich auch vergegenwärtigen, dass die Arbeiter in der Landwirtschaft „Bauern“ waren, die „als Hände“ zu dem Landstrich gehörten, auf denen sie lebten.
Im kapitalistischen System war erstens die Landwirtschaft so produktiv dass sie die Arbeitermassen miternähren konnte.
Heute liegt der Anteil der in Landwirtschaft Beschäftigten an den Beschäftigten insgesamt (in Deuschland ) bei ca. 2 %. Auf die Bevölkerung insgesamt macht das noch ein schlappes Prozent.
Und zweitens hat sich eine andere Art der Beteiligung am Arbeitsertrag entwickelt, die in der Bezeichnung Lohnarbeit ihren passenden Ausdruck gefunden hat.
Im „Kapitalismus“ werden hauptsächlich Waren produziert während im Feudalismus hauptsächlich Lebensmittel produziert wurden.
Der Wert der Ware richtet sich nach dem Aufwand, den es macht sie an dem Ort zu produzieren wo sie zu Kauf angeboten wird.
Die materielle Existenz einer Ware basiert auf physische Kraft, die man auf Materie einwirken lassen muss, um sie in die Form zu bringen.
Insofern kann man den Warenwerten, wie sie im produzierenden Industriezeitalter auftreten, eine gewisse „Naturgesetzlichkeit“ unterschieben.
Die Verdrängung dieser wertschöpfenden Arbeit, durch die Dienstleistung, also die Veränderung der wirtschaftlichen Grundstruktur unserer Gesellschaft, von der warenproduzierenden Industriegesellschaft (heute liegt der Anteil der Beschäftigten an den Beschäftigten insgesamt bei zwischen 14 und 18%) zur modernen Dienstleistungsgesellschaft, führt zwangsläufig zu der Notwendigkeit, sich mit der Rolle der Arbeit in den jeweiligen Systemen zu befassen.
Augenscheinlich ist z.B. dass die Ware in ihrer materiellen Erscheinung den Wert mit sich führt. Wer die Ware hat verfügt auch über ihren potentiellen Geldwert.
Der Wert einer Dienstleistung basiert auf ein filigranes Rechtssystem, das die Gesellschaft um solche Leistung herum kreiert hat. Darunter fallen Patent-, Leistungsschutz- und Urheberrechte, Gebührenordnungen für Rechtsanwälte, Notare, Architekten usw. aber auch Beamtenbezüge, Abgeordnetendiäten usw.
Eben ganz im Gegensatz zur produktiven, produzierenden Arbeit deren Wert sich in dem realen Erzeugnis spiegelt und auch misst.
Leider fokussiert die moderne binnenwirtschaftliche Betrachtung der Gesellschaft nach wie vor auf diesen heute marginalen Arbeitsprozess.
So muss, entsprechend der Lehrbuchmeinung, eine Lohnerhöhung durch Produktivitätszuwachs finanziert werden. (Völlig anders als z.B. bei einer Diätenerhöhung.)
Aber in der Dienstleistungsgesellschaft sind Arbeit und Einkommen entkoppelt. Die Bezahlung basiert nicht auf den Wert der durch die Arbeit erzeugten Leistungen sondern auf ein darübergestülptes Rechtsystem.
Darum muss für Arbeitsplätze im Dienstleistungssektor häufig investiert werden. Was ja nichts anderes heißt, als dass ein solcher Arbeitsplatz nicht taugt um sich selbst zu finanzieren.
"Einen Arbeitsplatz finanzieren", bedeutet über das Einkommen (den Warenkorb) desjenigen zu verfügen, der den Arbeitsplatz besetzen soll.
Anders als in der Industriegesellschaft, in der ja der „Warenkorb“ von dem Arbeitenden selbst produziert wurde, der Arbeitsplatz sich quasi "selbst“ finanzierte.
Man kann auch sagen: Wesentliche Aufgabe der Industriegesellschaft war die Beseitigung des Mangels am materiellen Reichtum. Wesentliche Aufgabe der Dienstleistungsgesellschaft besteht darin den vorhandenen Überfluss zu verteilen. Arbeit in der Industriegesellschaft schuf Werte, Arbeit in der Dienstleistung vernichtet Werte.
„Teilen ist das neue Haben“, bedeute Arbeit und Einkommen bewusst zu trennen. Notwendig ist es, das Rechtssystem, das sich in den letzten Jahrzehnten entwickelt hat, welches die individuelle Zuteilung von Einkommen regelt, zu verschlanken, in dem ein allgemeines Recht auf (mindestens) ein existenzsicherndes Einkommen festgeschrieben wird.
Puh.. das war mal wieder eine kompakte Erklärung der revolutionären Aufgabe unsere Zeit.