Hallo Freunde!
Ich will es eigentlich kurz machen und lese die anderen Beiträge später...
brauchen wir Gewerkschaften?
(Martin Pausch schreibt:
Dabei sind dann auch Scheidewege zu beachten. Wenn wir uns für das BGE
entscheiden, werden die Gewerkschaften überflüssig.
Das seh ich nicht so. Es gibt auch in der Gewerkschaft Menschen, die sich mit dem BGE befassen. Auch wenn es nur ein paar wenige sind, man sollte versuchen mit ihnen in Kontakt zu kommen.
Auch mit einem BGE (insbesondere bei einem niedrigen) wird es Tarifauseinandersetzungen geben, nur hat dann jeder eine eigene Streikkasse. Das müßte die Gewerkschaften doch ansich freuen!
In den letzten Jahren sind die Arbeitnehmer -auch die Gerwerkschaftsmitglieder- ihren eigenen Gewerkschaften eher in den Rücken gefallen. Als Gewerkschafts-Losung steht die richtige Forderung nach Verkürzung der Arbeitszeit, im Ergebnis hat man plötzlich eine Erhöhung der Arbeitszeit, aber nicht wegen den "Gewerkschaftsbonzen", sondern wegen den Mitgliedern.
Viele Arbeitnehmer machen das natürlich nicht aus böser Absicht, sondern gerade weil ihnen als Alternative das völlig Aus vor Augen schwebt. Man kann sich ja nicht mal auf die bestehenden Regelungen verlassen, die schon pervers genug sind, es herrscht faktisch Chaos und Anarchie und überhaupt keine Rechtssicherheit mehr. In einem halben Jahr heißt es vielleicht: alle Mann an die Nordsee und Dünen wegschippen oder Kürzung der Einkommen von Familienangehörigen und Freunden auf das Existenzminimum, falls ein "Erwerbsloser" zu versorgen ist usw usf.
So ein BGE würde den Arbeitskampf keineswegs überflüssig machen, sondern im Gegenteil auf Seiten der Arbeitnehmer für etwas mehr Sicherheit sorgen.
Wozu überhaupt Gewerkschaften?
Wenn man das Geschehen beobachtet, könnte man glauben es geht nur noch um Mindestlohn. Alle sonstigen Aufgaben, welche die Gewerkschaften schon seit den Trade Unions in England um 1848 (und eher) übernommen haben, sind anscheinend vergessen. Mitbestimmung braucht man z.B. nicht mehr?
Ein sehr wesentlicher Bereich sind "alternative" Betriebsformen. Ich meine nicht ökologische Produktion, sondern profane Genossenschaften. Hierbei standen die Gewerkschaften immer an der Spitze der Bewegung und zwar so, daß die Frage ob man den Kapitalismus mit Gewalt beseitigen oder "friedlich" ändern kann stets alle politischen Auseinandersetzungen (Klassenkämpfe) begleitete.
Auch in den realexistierenden Sozialismen haben die Genossenschaften und damit die Gewerkschaften eine hervorragende Rolle gespielt. Das sollten einige von uns mal genauer studieren.
Klar ist natürlich, daß der Aufbau von Genossenschaften auf der Grundlage selbst eines bescheidenen BGEs bedeutend erleichtert würde, oder nicht?
Die Gewerkschaften haben hier ebenfalls sehr viel zu tun, denn neben dem lokalen Aufbau solcher Betriebe geht es auch um die gesellschaftliche politische Unterstützung und nicht zuletzt um Zaster. (Den es heute schon für alle Unternehmen gibt).
Natürlich will nicht jeder in einer Genossenschaft, einer Landkommune, alternativen Betrieb usw tätig sein oder sich selbstständig machen. Darum geht es auch nicht. Menschen, die solche Möglichkeiten nutzen entspannen den "normalen" Arbeitsmarkt, so daß auch gewöhnliche Arbeitnehmer von alternativen Wirtschaftsformen nutzen haben, selbst wenn sie darüber die Nase rümpfen.
Also das nur mal so auf die Schnelle zu der Frage, ob man sich von den Gewerkschaften trennen muß, sofern man für ein Grundeinkommen eintritt. Es sind nur ein paar lose Gedanken, liebe Freunde, die man durchaus beachten sollte.
BGE sofort?
Das muß auch nicht sein. Es reicht die vorhandenen Bedingungen, die Schikanen, Bedürftigkeitsprüfungen und den Arbeitszwang zurückzudrängen. Das läuft natürlich auf ein BGE hinaus, daher ist es kein Fehler dieses eben auch vor Augen zu haben. Es geht mehr darum die Ängste und Vorurteile vor so einem BGE abzubauen und zwar bei uns selbst, wie auch in der Gesellschaft.
Warum? Natürlich deswegen, weil z.B. beim Wegfall des Arbeiszwanges sofort die Frage auftaucht: was geschieht mit Menschen, die par tous nicht arbeiten wollen? Als BGE-fan sagt man kaltschneuzig: nichts. Es gibt schlimmeres! Diese Frage, wie auch andere Fragen können keine Verwirrung auslösen, wenn man eben das Endergebnis schon vorher kennt.
Wird ein BGE kommen?
Das muß man wohl mit Ja beantworten, denn die "Konservativen" und andere haben hier Blut geleckt. Nicht unbedingt, weil sie den Menschen noch mehr Schaden zufügen wollen, sondern aus "Effizienz"-Gründen: Was ist billiger? Den Zaster bedingungslos an alle auszahlen, oder eben denselben Zaster mittels eines gigantischen Apparates unter die Leute zu bringen. Die Kosten dieses Apparates können astronomisch wachsen, schon jemehr Bürger sich den Kontrollen und Schikanen widersetzen. 100.000 Klagen wegen Hartz4 sind nicht von Pappe. Das Grundgesetz die europäischen Menschenrechte sind durchaus verbindlich, jedoch wischen sich damit zur Zeit Massen von Gutverdienern (Richter, Volksvertreter, Beamte usw) den Arsch ab. Kurzum, die Kosten der momentanten Methode sind faktisch unberechenbar. Daher, so sagt es mein Instinkt (und es ergibt sich auch aus vielen Diskussionen mit "konservativen" und "liberalen"), geht es hier um Einsparungen und Eingrenzung von Kosten.
Die Frage ist dann letztlich, ob "wir", d.h. die Unterschicht und die Erwerbslosen, an diesem BGE aktiv und in unsrem Sinne mitwirken, oder eben es passiv über uns ergehen lassen.
alles Liebe
Perestroika