Frithjof hat geschrieben:
Hallo Cosmic,
sorry, dass ich etwas bissig auf deinen Beitrag regierte.
also du schreibst
Georg Cosmic Nägle hat geschrieben:
Hallo Frithjof,
unser Artikel ein Denkanstoss, der eine mögliche, und meiner Ansicht nach sehr wahrscheinliche
Strategie darlegt und auf die zu erwartenden negativen Konsequenzen für die Europäer hinweist.
Deine Weltanschauung setzt voraus, dass Herr Irgendwer eine Strategie verfolgt die zu negativen Konsequenzen für die Europäer führt. Dieser Herr muss mindestens seit 1998 Gründung der EZB seine Strategie verfolgen.
Die EZB ist aber auch nur ein Ergebnis einer langen Entwicklung wirtschaftlicher Zusammenarbeit zwischen den europäischen Nationalstaaten. Daraus folgt, dass die Strategie noch weiter zurück zu datieren wäre, vielleicht auf das Jahr 1945?
"Wo kommen die Nationalstaaten her?", könnte man dann fragen und sich so peu a peu Richtung Urknall bewegen.
So kommt man schließlich zu der, die philosophischen Denker seit Urzeiten beschäftigende Frage ob alles einem vorbestimmten Plan (Strategie) folgt oder sich eher Zufällig entwickelt.
Für mich ist Fakt, dass wirtschaftliche und soziale Beziehungen zwischen den Menschen kaum durch ideelle Grenzen befördert werden.
Wenn jemand einen Sack Reis von A nach B transportiert, mag es unter normalen Bedingungen sagen wir 3 Stunden dauern. Setzt man nun zwischen A und B eine Firewall, also eine nationale Grenze kommt der Reis vielleicht niemals in B an.
Die gesellschaftliche Produktivität des gesamten geografischen Raumes kann durch Abbau der Grenzen erhöht werden.
Da Vordergründig die "Wirtschaft" vom Abbau der Grenzen profitiert und da der gewohnte Schutz der Bewohner bzw. die "regionale" Kontrolle des Wirtschaftsgeschehens in den jeweiligen Gebieten jenseits der Firewall durch Abbau derselben in gewissem Maße ausgehebelt wird, ist es naheliegend der "Wirtschaft" für etwaige Verwerfungen die Schuld zuzuschieben.
Nun mag die "Wirtschaft" Nutznießer des neuen offenen Systems sein, aber für die Neukonfiguration des größeren Netzes ist nicht die "Wirtschaft" sondern die Politik zuständig.
Das Fehlen eines gemeinsamen Vorgehens auf europäischer oder auch globaler Ebene ist keine Strategie von Herrn Irgendwer, sondern Ergebnis nationalen Dünkels bzw. nationaler Vorteilswahrung und vor allem der mangelnde Einsicht, das der gemeinsame Raum einer gemeinsamen Verantwortung unterliegt.
Dieses national beschränkte Denken, insbesondere der Linken, wird übrigens durch die Entwicklung des europäische Binnenmarktes nicht behoben. Der ausgepresste deutsche Steuerzahler mutiert zum ausgepressten europäischen Steuerzahler und das unter den Verhältnissen leidende deutsch Volk wird zum unter den Verhältnissen leidenden europäischen Volk. Der deutsche Nationalismus mutiert zum europäischen Nationalismus. siehe z.B. Wagenknecht
Kurz, das geografische Gebiet wird erweitert nicht aber der geistige und soziale Horizont.
Für die Lösung globaler Probleme ist grundsätzlich das Gleiche nötig wie für die Lösung europäischer Probleme, nämlich globale Institutionen mit entsprechenden Befugnissen.
Man sollte bei aller Kritik nicht vergessen, dass es sich bei der Vereinigung der nationalen Binnenmärkte um eine neue (r)evolutionäre Erscheinung handelt.
Nun ist das Fehlen solcher Institutionen keine Strategie von Herrn Irgendwer, sondern ihr Aufbau und ihre Einrichtung ist die Herausforderung der politischen Kräfte unserer Zeit.
Eine globale Steuerbehörde oder eine Weltwährung änderten die elenden Verhältnissen in vielen Regionen der Erde radikaler und stabiler, als tausend schöne Bücher über Humanismus und Demokratie oder solche traurigen Pamphlete wie der "Piratenappell – Pro Europa."
Eine anderer Punkt der mich an solcher Betrachtungsweise wie der deinen stört ist, dass offensichtlich immer "Böses" von den Strategen ausgeht.
Das klingt einerseits so, als bräuchte "man" nur mal die "Richtigen" aufzuknüpfen oder ins Zuchthaus zu stecken und schon sei die Welt in Ordnung und verkennt andererseits grundsätzlich die positiven Veränderungen.
z.B. in Deutschland
In den 60ger und 70ger Jahren wurde einer Beamtin der Beamtenstatus entzogen wenn sie heiratete, eine Frau durfte grundsätzlich nur mit Zustimmung des Mannes arbeiten, Homosexualität wurde mit Elektroschocks "behandelt", Kinder waren Blagen, die Prügelstrafe in Schulen wurde in den 60gern abgeschafft, Innenklo war Luxus, innereuropäische Reisen waren exotische Fernreisen usw. usf.
Was hier mit dem ESM EZB Fiskalpakt Puzzle passiert, ist ja eben genau nicht das demokratische Europa, das die Piraten sich wünschen.
Es muss doch möglich sein, das zu thematisieren, ohne das einem subjetiv-religiöse Weltanschauung angedichtet wird?
Es geht eben nicht darum was wir Wünschen.
Ich möchte mich nicht loben, aber vor einem Jahr? habe ich auf einem Berliner Landes-Parteitag die obskure Forderung formuliert, dass die Piraten sich für eine europaweit geltende zweite Amtssprache und eindeutig für die Einrichtung eines europäischen Staats aussprechen sollten. Das waren irgendwie utopische, spinnerte Vorstellungen.
Für gesamteuropäische Prozesse sind zunächst mal alle EU-Staaten zuständig. D.H. die demokratischen Strukturen der Bundesrepublik reichen nicht aus um qualifizierte, demokratische gesamteuropäische Entscheidungen zu treffen. Solange das nicht in die national verholzten Köpfe geht, wird man auf eine Lösung der europäischen Krise vergeblich "warten".
Dem ungeachtet kann man zwar das undemokratische Zustande kommen einer Entscheidung kritisieren aber es bleibt die Frage zu beantworten ob die Entscheidung selbst vernünftig ist oder nicht.
Natürlich hat es die EZB schon länger gegeben, allerdings wird die "Unabhängigkeit" nun ein kritischer Faktor, denn sie wird
zur mächtigsten "Regierungsbehörde" Europas. An ihrer Spitze ein Vertreter der Finanzlobby, demokratisch nicht legitimiert
M.E. ist es nicht ungewöhnlich, das an der Spitze der EZB ein Mensch steht der sich mit Finanzen auskennt. Sinnvoller jedenfalls, als ein Friseur oder Fernfahrer.
Die gefällten Entscheidungen haben ja einen wesentlichen Einfluss auf die wirtschaftliche Entwicklung und damit den sozialen Frieden in Europa und der Welt. Da sollte Fachkompetenz m.E. erste Voraussetzung sein.
Und die Entscheidung zum Ankauf von Staatsanleihen durch die EZB ist m.E. die vernünftigste, inmitten des Chaos, das die nationalen Regierungen seit nun 2 oder 3 Jahren produzieren.
Ich jedenfalls könnte den Mann, sei er demokratisch legitimiert oder nicht, knutschen.
und ausserhalb der Kontrolle des europäischen Parlaments. Überlege einfach nochmal, wieviel Vertrauen Du in so eine
Konstruktion legen möchtest. Hier wird ein Europa auf völlig undemokratische Beine gestellt. Das kann nun wirklich nicht im
Sinne der Piraten sein. Die heutige Pressemitteilung des Buvo stellt auch klar, dass dies mit den Piraten nicht zu machen
ist. Insofern liefern wir doch eigentlich nur detailliertes Argumentationsmaterial für die Piratenpartei.
Was du nicht begreifst ist, dass sich der von dir gewünschte demokratische europäische Staat sich zur Zeit langsam, gegen die beharrenden nationalen Kräfte, entwickelt, während gleichzeitig notwendige Entscheidungen jetzt aktuell getroffen werden müssen.
Die Einführung des Euros als handfeste, klingende Münze liegt ja nun bereits 10 Jahre zurück. 10 Jahre in denen die nationalen politischen Kräfte Zeit gehabt hätten, demokratische Strukturen für die Organisation des gemeinsamen europäischen Binnenmarktes aufzubauen.
Welche Impulse haben die z.B. Piraten gesetzt?
Gegenwärtig geht es um die Lösung von akuten, brennenden Problemen auf europäischer Ebene und weniger um die Frage ob eine Entscheidung demokratisch zustande kam.
Wenn der schnittige Piratendampfer mit dem wir von hier in die Zukunft segeln, mitten in der Fahrt Leck schlägt, muss man Wasser schöpfen und das Leck stopfen. In der Situation sich gemütlich zu versammeln und über demokratische Strukturen zu streiten ist m.E. fatal.
Also aktuelle Probleme müssen heute gelöst werden, und ja, wir brauchen transparente demokratische Strukturen in Europa und der Welt.
Unsere Veröffentlichungen entstehen nicht aus dem Affekt, und sind keine Schnellschüsse. Überzeuge Dich einfach mal
und schau bei der AG Geldordnung rein, schau Dir an, was wir bereits abliefern.
Wir werden demnächst einen Nachfolgeartikel verfassen, indem wir die verschiedenen Alternativmodelle für Europa / Euro ansprechen und
zur Diskussion stellen.
In unserem Blog findest Du auch verschiedene Mumble-Podiumsdiskussionen, die wir durchgeführt haben. Auch hier
kannst Du reichlich sachliche Informationen und Perspektiven (Sichtweisen) zur Lage abrufen:
http://www.geldsystempiraten.de/wp/media/video/
Hand aufs Herz, wer blickt eigentlich noch durch, was in Sachen Eurokrise wirklich passiert? Niemand, das war auch die
Ich verstehe nicht was da nicht durchzublicken ist. Die gegenwärtige europäische Lage zeichnet sich aus, durch einen gemeinsamen Wirtschaftsraum, auf dem recht unterschiedliche Bedingungen vorherrschen.
Es sind lediglich ein paar organisatorische Parameter zu setzen um die wirtschaftlichen Turbulenzen zu zähmen. Z.B. Finanzausgleich zwischen den Regionen zum Ausgleich regionaler Produktivitätsunterschiede, ein europäisches Steuersystem und dergleichen mehr.
Kurz es geht darum eine gemeinsame Grundstruktur zu schaffen in die sich die im Binnenmarkt integrierten Regionen einordnen. Das sind keine mystischen oder kryptischen Forderungen.
In der Sache einfach und primitiv läuft es nur der herrschenden nationalen Ideologie zuwider. Aber es ändert sich wie z.B. die Wahlen in den Niederlanden zeigten.
gestrige Essenz bei Günther Jauch:
http://www.spiegel.de/kultur/tv/guenthe ... 54827.html
Wäre schön, wenn wir uns Als AG nicht immer mit eine Pfund Mißtrauen als Vorschusslorbeeren rumplagen müssten.
Wir versuchen nur für unsere Partei Aufklärung zu betreiben, in einem sehr speziellen und komplexen Themengebiet.
Ganz sicher jedoch sind wir keine religiöse Veranstaltung, sondern engagierte Piraten und Piratinnen, die Fragen stellen und sich
um Lösungen bemühen, mit denen man was ändern kann... - Und dafür gibt es diese Partei doch, oder nicht?
(Politische Mainstreamer gibts genug, dafür braucht es keine Piraten)
Danke und viele Grüße
cosmic
Ich äußere kein Misstrauen sondern setze deinen Ausführungen meine Vorstellung entgegen.
Ich habe an anderer Stelle geschrieben dass wir einen Entwicklungsprozess betrachten. 1945 z. B. gab es keine EU, kein Eu-Parlament, keine EZB keinen Euro. So peu a peu sind die einzelnen organisatorischen Einrichtungen entstanden und haben sich entwickelt.
Nimmt man aus solch einem Prozess eine einzelnes Ereignis heraus kann man da fast alles hinein interpretieren oder heraus lesen.
Es ist wie bei der Betrachtung eines einzelnen Punktes auf einer Kurve, übersieht man die Kurve, und die ihr zugrunde liegende Funktion, kann man ihm alles unterjubeln. Der Punkt passt zu jeder Bewegung im Raum.
Also:
Ich weiß, dass die Menschenwelt irgendwann ganz ohne Grenzen auskommen wird, dass wir irgendwann eine Weltwährung haben, in deren Gefolge das Geld als solches sein Dasein aushaucht.
Meine Ideologie, meine Weltanschauung zwingt mich ganz andere Pusselteile (Dienstleistungsgesellschaft + Vereinigung von Wirtschaftsräumen + BGE) logisch zu verknüpfen.
So sehe ich die Vereinigung von Nationalstaaten also ehemalig abgeschotteter Märkten zu größeren Einheiten im direkten Zusammenhang mit der Verdrängung der produzierenden Industriegesellschaft durch die moderne verteilenden Dienstleistungsgesellschaft.
Die deutsche Industrie ist so produktiv, dass sie locker weite Teile Europas oder der Welt mit Produkten versorgen könnte. Das ist eine hervorragende Voraussetzung für die Zukunft der Menschheit.
Aber, wenn die wirtschaftliche Produktivität als Problem in Erscheinung tritt, sollte man m.E. nicht über Sand fürs Getriebe nachdenken um die Produktivität zu senken, sondern über eine Veränderung der gegenwärtigen organisatorischen Strukturen, die offensichtlich dazu führen, einen äußerst positiven Entwicklungsstand als katastrophal erscheinen lassen.
Zur Dienstleistungsgesellschaft gehört m.E. das Bedingungslose Grundeinkommen so natürlich und selbstverständlich, wie zur Industriegesellschaft der Tariflohn.
Herzliche Grüße.
Frithjof