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Verfasst: Di Dez 23, 2008 7:11 am
von KlBi
22.12.08: Tagesspiegel


Sozialhilfe entzweit die Linke

Der Fraktionsvorstand der Linken beschließt Konzept für bedarfsdeckende Mindestsicherung und stößt damit auf parteiinternen Widerstand. Die stellvertretende Parteichefin Katja Kipping bezeichnet das Konzept als „Hartz IV light“.
VON CORDULA EUBEL UND MATTHIAS MEISNER * 22.12.2008 0:00 Uhr
Berlin - „Hartz IV muss weg“ – an dem plakativen Anspruch mag in der Linkspartei niemand zweifeln. Doch zur Frage, wie die Forderung durchzusetzen ist, gibt es jetzt unter den Genossen heftigen Streit. Partei- und Fraktionsvize Klaus Ernst hat im Vorstand der Bundestagsfraktion „Eckpunkte für eine moderne, repressionsfreie bedarfsdeckende Mindestsicherung“ durchgesetzt – und umgehend Widerspruch bekommen. Die stellvertretende Parteichefin Katja Kipping kritisiert das Modell als „Hartz IV light“.

Das dem Tagesspiegel vorliegende neunseitige Konzept von Ernst bekennt sich verbal „ohne Wenn und Aber“ zur Abschaffung von Hartz IV, bricht aber nicht mit allen Grundgedanken der umstrittenen Reform. So sind nach Vorstellung von Ernst auch künftig eigenes Einkommen und/oder Vermögen vorrangig einzusetzen. Weiter heißt es: „Am Vorrang der Existenzsicherung durch Erwerbsarbeit wird festgehalten.“ Ernst ergänzt: „Wir machen nicht Politik für die, die nicht wollen.“ Eine Kürzung von Leistungen der von ihm geforderten gesetzlichen Mindestsicherung hält Ernst in dem Papier explizit für möglich, „verbindlich“ eingeschränkt würden solche Leistungsminderungen nur durch „den Schutz der Menschenwürde und insbesondere des Kindeswohls“. „Pauschal“ werde nichts gekürzt, jeder Einzelfall geprüft, versichert er. Den Regelsatz der Sozialleistung von derzeit 351 Euro pro Monat will Ernst auf 435 Euro angehoben wissen.

Kipping, seit Jahren Verfechterin eines bedingungslosen Grundeinkommens, wirft Ernst vor, er lasse weiter die Möglichkeit offen, den Regelsatz um bis zu 100 Prozent zu kürzen. „Es muss eine konkrete Summe genannt werden, unter die nicht gekürzt werden darf“, fordert sie und regt an, diesen Betrag bei 800 Euro im Monat anzusetzen, also knapp unter der Armutsrisikogrenze, die bei 880 Euro liegt. „Wir sind als Linke angetreten, Armut abzubauen“, sagt Kipping. Ernst benenne „noch nicht einmal das Ziel, Armut zu vermeiden“. Ernst dagegen meint, dass es „faule Socken“ ohnehin kaum gibt: „Da reden wir im Promillebereich.“ Als heimlicher Hartz-Fan mag der bayerische Gewerkschafter nicht gelten: Der Widerstand gegen die Hartz-Gesetze sei der wichtigste Impuls zur Gründung der WASG gewesen, sagt Ernst – dort war er bis zur Gründung der Linken Chef.

Ernst und Kipping hatten unterschiedliche Vorschläge für eine Grundsicherung ausgearbeitet, die das gewerkschaftsnahe Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut (WSI) bewertet hat. Das Ergebnis: Kippings Grundsicherung ist mit zwischen 138 und 201 Milliarden Euro deutlich teurer als Ernsts Vorschlag (70,5 Milliarden Euro) – dafür wird das Armutsrisiko praktisch auf Null reduziert, während dieses bei Ernst im Prinzip auf dem Status Quo bleibt.

Zündstoff für die Fraktionsklausur Mitte Januar in Frankfurt am Main gibt es also – womöglich läuft es ähnlich wie im Sommer 2007, als Kipping schon einmal mit ihrer Forderung nach bedingungslosem Grundeinkommen in der Fraktion unterlag. Damals wurde sie von Parteichef Lothar Bisky getröstet, Kontroversen seien normal, „billiger“ sei die neue Partei nicht zu haben. Diesmal gibt Fraktionsvize Bodo Ramelow namens des Vorstandes die Linie vor – gegen Kipping: „Für Menschen, die aus der Gesellschaft aussteigen wollen, können wir nicht einen staatlichen Rechtsanspruch auf 800 Euro Grundeinkommen gewährleisten.“

(Erschienen im gedruckten Tagesspiegel vom 22.12.2008)
Enttäuschung‏

Von: Guenter Schwarz (gue.schwarz.at.web.de)
Gesendet: Montag, 22. Dezember 2008 15:36:10
An: bodo.ramelow.at.wk.bundestag.de
Cc: rblaschke.at.aol.com; Dr. Gregor Gysi, MdB (gregor.gysi.at.bundestag.de); Kipping Katja Mitarbeiter 02 (katja.kipping.ma02.at.bundestag.de); Klaus.ernst.at.die-linke.de; fraktion.at.linksfraktion.de; oskar.lafontaine.at.die-linke.de
Sehr geehrter Herr Ramelow,

gerade lese ich im Berliner Tagesspiegel, dass Sie sich gegen ein
bedingungsloses Grundeinkommen, das Ihre, von mir sehr geschätzte,
Parteigenossin Katja Kipping fordert, wenden.

Also doch nur Populismus, wie es Ihnen vorgeworfen wird.
Sie wollen die Hartz Gesetze abschaffen, jedoch den Kern der Gesetze, die
Repressionen beibehalten.

Sie wollen nicht die Menschen finanzieren, die mit einem BGE von 800 Euro
aus der Gesellschaft (scheinbar) aussteigen.

Ihr Kollege H. Ernst widerlegt Sie und widerspricht sich selbst, wenn er
Menschen als Sachen bezeichnet, als "faule Socken" und dann meint, die gibt
es ohnehin nicht und wenn, reden wir im Promillebereich.

Also was denn nun liebe LINKE?

Müssen weiterhin alle Vermögenswerte, die ein Mensch in langer
Lebensarbeitszeit angehäuft hat, aufgebraucht werden, bevor, der Staat, die
Gesellschaft gnädigerweise Hilfe gewährt?

Muß weiterhin jede fremd bestimmt zumutbare Arbeit angenommen werden, also
theoretisch auch Prostitution, da ein anerkannter Beruf?

Drangsalieren Sie Menschen weiterhin wegen einer Minderheit, die sie nie
ausschließen können, auch bei anderen Regelungen der gesamten Gesellschaft.

Wollen Sie alle Männer ab 22 Uhr Ausgehverbot erteilen, weil einige
potenziell Frauen sexuell belästigen oder vergewaltigen können?

Meinen Sie, dass Menschen, wenn sie Arbeitsangebote haben von ca. 400 Euro
ihr Leben lang auskommen wollen, der Rest geht ja für Miete drauf?

Ich hoffe auf Ihre Fraktionsklausur im Januar 2009, bleibt es dabei, ist die
LINKE für mich und viele Andere nicht wählbar.

Ich bin politisch und für das BGE sehr aktiv und werde entsprechend
informieren.

Hoffen wir dann auf die Grünen

Mit freundlichen Grüßen

Günter Schwarz
gue.schwarz.at.web.de

Für ein bedingungsloses Grundeinkommen - Teilhabe und Absicherung für Alle

basic income worldwide

Verfasst: Di Dez 23, 2008 9:03 pm
von KlBi
10.12.08: Krise keine Chance fuer die dL
(...)
Bodo Ramelow glaubt nicht, dass die Krise zur Krise der Linkspartei wird. Die Gefahr, dass die Rezession rechte Proteste befördert, sei zwar real. Trotzdem steigen die Chancen der Linken, so Ramelow zur taz, wenn die Krise 2009 spürbar wird. Wenn Massenentlassungen und Einkommensverluste anstehen, komme die Bewährungsprobe für die Linke. Darauf, so Ramelow, müssen wir "konkrete, regionalwirtschaftliche Antworten geben".
Daraus geht die alte Ideologie eines Teils der Nachkriegslinken hervor, wonach nur Krisen und Katastrophen "weiterhelfen". Klar, daß dabei das "bedingungslose Grundeinkommen" mächtig stört. Mit einem BGE hätten die "Massenentlassenen" bedeutend weniger Sorgen. Daher darf es kein BGE geben, denn so kann man bequem auf "verelendete" Massen setzen, die dann blindlinks irgenwelchen Irren "folgen" (bzw bei Wahlen dafür sorgen, daß mehr von diesen "Genossen" an und in die volkseigenen Fleischtöpfe kommen).

Wenn diese gutversorgten Edelmarxisten wenigsten mal sagen könnten, was denn nach dem von ihnen ersehnten Rambazamba, dem "Zusammenbruch" eines längst überwundenen "Kapitalismus" kommen soll, könnte mans noch begreifen. Aber nix da: von "alternativen Betriebsformen" wie z.B. Genossenschaften ist keine Rede mehr. Für immer und ewig wird festgeschrieben, daß die Bürger in abhängige und sozialversicherungspflichte Arbeitsverhältnisse kommen mögen, zum "Mindestlohn". Wer nichts findet, gehört zu den "Hilfebedürftigen", um die sich Herrscharen glücklicher "Helfer" kümmern. Eine tolle Welt!

erstaunte Grüße
Klaus Binder * Xhain

Klaus Ernst von den "linken" IG-Metallern

Verfasst: Mo Dez 29, 2008 2:10 pm
von KlBi
http://www.klaus-ernst-mdb.de/mdb/content/view/188/27
Man kann nicht Tausende mit sieben Fischen sättigen
verschiedene Medien - Artikel
17.08.2007
BEDINGUNGSLOSES GRUNDEINKOMMEN: Die rechten Befürworter des »Bürgergeldes für alle« trachten danach, den Sozialstaat abzuschaffen, die linken übersehen, dass ihr Modell unbezahlbar ist.
von Klaus Ernst in "Freitag"

Ob rechts, ob links, die Lösung der sozialen Frage scheint gefunden: das bedingungslose Grundeinkommen. Der Sozialstaat, heißt es, gehöre grundsätzlich umgebaut. Und allen Bürgerinnen und Bürgern solle monatlich ein fester Betrag überwiesen werden. Das Geld sei vorhanden, denn große Teile des jetzigen Sozialsystems erübrigten sich.
Doch warum sollte der Staat jedem eine monatliche Grundsicherung überweisen und damit auch denen, die abgesichert sind – sei es über Erwerbseinkommen oder Kapitaleinkünfte?
Warum soll eine »Politik mit der Gulaschkanone« gemacht werden, wie es Norbert Blüm (CDU) zu Recht ironisierte?

Die Antworten könnten konträrer nicht sein: Linke Anhänger sehen im bedingungslosen Grundeinkommen (BGE) den Ausweg für Erwerbslose und prekär Beschäftigte aus dem Hartz-IV-Staat. Wenn alle das BGE erhielten, müsse niemand mehr beweisen, dass er bedürftig ist. Vorleistungen entfielen ebenso wie entwürdigende Prüfungen der Einkommensund Vermögensverhältnisse. Pflichtarbeit gebe es sowenig wie einen Zwang zur Annahme von bad jobs. Die Menschen könnten endlich wählen, wie viel und was sie arbeiten wollten, ohne dabei Sanktionen befürchten zu müssen.

Das Althaus-Modell: Löhne runter, Sozialbeiträge adé
Rechte Parteigänger sehen im Bürgergeld – wie der thüringische Ministerpräsident Dieter Althaus (CDU) das BGE nennt – die Voraussetzung für die freie Entfaltung der Marktkräfte. Und für Thomas Straubhaar, Direktor des Hamburger Weltwirtschaftsinstituts und Berater der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft, ist klar: Wenn es keine tarifierte Arbeit und keinen Kündigungsschutz mehr gibt, wird das Grundeinkommen zur sozialen Mindestsicherung und ein »Niedriglohnjob zum willkommenen Zusatzverdienst«. Und dann kann das Kapital den Preis der Ware Arbeitskraft nach unten drücken. Wie aber kommt es, dass eine Strategie zwei völlig unterschiedliche Ziele verfolgt: die Freiheit des Individuums und die Freiheit des Marktes? Wer irrt sich?

Jede Gesellschaft kann nur das verteilen, was sie zuvor erwirtschaftet hat. Die gesellschaftliche Wertschöpfung bildet die Basis staatlicher Ver- oder Umverteilung. Man kann die Abgabenlast variieren, die Staatsquote erhöhen, das Umverteilungsvolumen ändern – nichts ist Natur gegeben. Wer aber, wie die Vertreter des BGE, das Einkommen von der Arbeit entkoppeln will, trennt die Verteilungsfrage von der Wertschöpfung ab. Doch nur in Bibelgeschichten werden Tausende von Menschen mit sieben Fischen gesättigt.

Die Marktradikalen wollen das Sozialsystem möglichst abschaffen: Sie wollen die weitgehend paritätisch finanzierte Sozialversicherung auflösen, damit der Beitrag der Arbeitgeberseite enfällt. Doch dann reduzieren sich natürlich auch die Sozialausgaben beträchtlich. Auf Dauer sinkt die Staatsquote. Es sei denn, die Arbeitnehmer zahlen wesentlich mehr Steuern, um den Zahlungsausfall der Arbeitgeber zu kompensieren. Dass die Rechten die Kapital- und Unternehmenssteuer erhöhen, darf man getrost ausschließen.

Die Rechten wollen vielmehr die Grundsicherung auf niedrigem Niveau halten, damit sich die Menschen weiter in Lohnarbeit verdingen müssen, die dann aber schlechter bezahlt sein wird. So macht das Arbeitgeberlager mit dem BGE gleich ein doppeltes Schnäppchen: Sie zahlen keine Sozialbeiträge mehr und nur noch einen geringen Lohn.

Die linken Anhänger plädieren hingegen für eine Existenzsicherung, die mehr als doppelt so hoch ist, wie das derzeitige Arbeitslosengeld II. Wer aber erwirtschaftet das Geld, das an alle verteilt werden soll?

Werden die verbrieften Rechte einer sozialen Versicherungsleistung aufgehoben, um die Sozialausgaben an alle zu verteilen, dann werden die Bedürftigen weniger als derzeit erhalten. Denn Teile der Leistungen werden dann nicht mehr auf sie konzentriert werden. Sollen die wirklich Bedürftigen aber deutlich mehr als aktuell erhalten, muss auch das BGE für alle deutlich heraufgesetzt werden. Und so schaukelt sich die Sache hoch.

Es wäre ein wahrliches Novum für einen Sozialstaat, wenn auf besondere Bedürfnisse nicht mehr abgehoben wird – und ein Millionär genauso viel erhält, wie eine allein erziehende, erwerbslose Mutter, ein besitzloser Behinderter oder ein Pflegefall.

Wenn die Arbeitgeber nicht mehr zur sozialen Sicherung beitragen und die Sozialausgaben zugleich extrem ansteigen, müssten die Steuern drastisch erhöht werden. Selbst Linke diskutieren nun die Vorschläge vom Großunternehmer Götz Werner, der selbst keine Sozialbeiträge mehr für seine Angestellten entrichten möchte, sondern lieber die Mehrwertsteuer auf fünfzig Prozent erhöhen will. Ein sehr unsozialer Vorschlag, denn je geringer das Einkommen ist, desto mehr muss für Konsum ausgegeben und – relativ gesehen – an Steuern gezahlt werden.
Einigen Linken fehlt der Sinn fürs Ökonomische
Angenommen das Steueraufkommen ließe sich verdoppeln und die Staatsquote schösse in den Himmel, dann bliebe immer noch das Problem der Wertschöpfung – denn Geld wird nicht einfach gedruckt. Es ist vielmehr ein Äquivalent der Wertschöpfung.

Viele linke Protagonisten unterstellen, dass Menschen mit auskömmlichen BGE selbst bestimmen, welche Arbeit sie aufnehmen wollen. Da der Bedarf an Erwerbseinkommen nun keine Existenzfrage mehr ist, sondern ein Zubrot, kalkulieren sie wohl zu Recht, dass mehr Teilzeit gearbeitet werde. Und je höher das BGE, desto weniger Zubrot ist nötig und desto weniger wird gearbeitet. Dann aber sinkt auch die Wertschöpfung. (Es sei denn, es wird in großem Stil rationalisiert.)

Und hier beißt sich die Katze in den Schwanz: Man kann nichts verteilen, was man nicht hat, und schon gar nicht in so gigantischen Mengen wie geplant.

Ein hohes, den Bedarf deckendes BGE, wie es einige Linke propagieren, ist Unsinn – ökonomischer und auch sozialpolitischer, wenn der Sozialstaat den größten Teil der Sozialausgaben ausgerechnet an eine Mehrheit von Bürgern ausschüttet, die sowieso existentiell abgesichert sind.

Nur der Sozialstaat schützt vor Lohndrückerei
Der Weg zum BGE führt ins Nirvana. Auch als Utopie taugt es nicht. Grundlage ist nämlich die Abstraktion von Klassenverhältnissen und der daraus resultierenden ungleichen Verteilung des gesellschaftlichen Reichtums. Alle sollen das BGE erhalten, egal, ob sie es brauchen. Mehr Abstraktion von der kapitalistischen Realität ist kaum möglich. Wie soll so eine Strategie zur Überwindung struktureller Ungleichheit entstehen?

Die linken Apologeten des BGE führen eine inhaltlich falsche Strategiedebatte über den globalen Umbau des Sozialstaates. Und das in einer Zeit, in der Rechte längst das Sozialversicherungssystem abbauen.

Für Rechte nämlich ist das BGE die letzte Abfindung, die sie zahlen, bevor sie die Verantwortung des Sozialstaates gegenüber Bürgern, die keine ausreichende Existenzgrundlage haben, endgültig ad acta legen. Sie interessiert vor allem, die Arbeitgeber von der sozialen Verantwortung zu entbinden und den Staat aus der Verantwortung gegenüber dem Individuum zu lösen, wie es das Grundgesetz im Artikel 20 mit dem Sozialstaatsgebot vorsieht. Im ihrem System der pauschalen Ablasszahlung kommt die staatliche Verantwortung für die soziale Lage des Einzelnen nicht vor.

Die rechten Verfechter planen eine geringe Grundsicherung für alle, die dann als Kombilohn ein Motor für Lohndrückerei und Abbau von Arbeitnehmerrechten sein wird. Und sie planen das BGE auch für die Lobbyisten der privaten Versicherungswirtschaft. Wer sich für’s Alter absichern will oder eine auskömmliche Versorgung bei Arbeitsunfähigkeit, Krankheit oder im Pflegefall braucht, wird auf die private Versicherungsindustrie angewiesen sein – wenn er deren Policen bezahlen kann.

Das BGE ist keine linke Strategie! Die Linke muss sich dafür einsetzen, dass jeder Mensch, der seine Existenz nicht alleine sichern kann, eine staatliche Grundsicherung erhält, die ihm gesellschaftliche Teilhabe ermöglicht, ohne entwürdigende Prozeduren des Staates über sich ergehen lassen zu müssen. Die Linke muss dafür kämpfen, dass diejenigen, die den gesellschaftlichen Reichtum als Grundlage der sozialen Verteilung erwirtschaften, dies zu Existenz sichernden Einkommen und ohne entwürdigende Bedingungen tun können. Dies sind zwei Seiten einer Medaille, die Linke niemals gegeneinander ausspielen dürfen.

Klaus Ernst ist MdB und stellvertretender Vorsitzender der Partei Die Linke. Zudem ist er Erster Bevollmächtigter der IG Metall - Verwaltungsstelle Schweinfurt.
meine mail dazu:
klaus.ernst.at.bundestag.de

Hallo Klaus Ernst!

Ist die Pressemitteilung zum "bedingungslosen Grundeinkommen" vom 17.08.2007 eigentlich noch aktuell, beziehungsweise das letzte Wort eines "linken Gewerkschaftlers"? Na ja, auch weil immer wieder linke Bürger in meinem Umkreis sich über dieses pseudolinke Schriftstück wundern, ein paar Töne dazu:

Schon der Titel "Man kann nicht Tausende mit sieben Fischen sättigen" ist mehrfach absurd. Der Titel spricht nicht so sehr gegen das BGE sondern vielmehr gegen die auch von Ihnen und der "die Linke" so vehement propagierte "Umverteilung". Wie sollen denn sieben Fische unter 1000e zwecks Ernährung umverteilt werden? Darf man schließen, daß unsre wackren "linken Kämpfer" tatsächlich ausschließlich Demagogie betreiben und von allen politischen Richtungen (inclusive CDU und FDP) diejenige ist, welche am wenigsten an ihr eigenes "Geschwätz" glaubt? So umverteilen, daß alle satt werden, geht nicht?

Desweiteren sollen die Fische sicherlich profane Ernährung symbolisieren und nicht etwa ein schnelles Autos, einen modischen Wintermantel, elektrische Zahnbürste, Notebook, ein Häuschen im Grünen usw.
Was nun die Ernährung betrifft, so muß man feststellen, sieben Fische muß man in der EU nicht mehr unter Tausenden verteilen. Fische werden genug "erarbeitet" und bis auf Ausnahmen verhungert niemand. Dasselbe gilt über den Daumen gepeilt auch für Wohnraum. Sie schreiben also offenkundigen Blödsinn! Die Existenzgrundlagen (Essen, Wohnen, Kleiden) werden seit 1945 ohne Bürgerkrieg, kriegerische Auseinandersetzungen und Blutbäder in "Ost und West" gesichert, stellen also kein Problem des Mangels dar. Die BGE-fans fragen hier zurecht, ob die reale Verteilung nicht effizienter gestaltet werden kann: ohne jede Gegenleistung und Bedürftigkeitsprüfung. Das ist auch schon alles.

Was die Gegenleistung durch "Erwerbsarbeit" betrifft: In der Regel umfaßt die Erwerbsarbeit Arbeit für über die profane Existenz hinausreichende Konsumartikel. Kaum jemand würde auf weitergehenden Konsum verzichten, nur weil er sich täglich ohne Sorgen ernähren und in einer mäßigen Behausung wohnen kann. Desweiteren empfehle ich einen Blick in profane statistische Jahresbücher. Daraus geht hervor, daß von 82 Mio Bundesbürgern nur schlappe 38-39 Mio "erwerbstätig" sind, wobei unter "Erwerbstätigkeit" Leute verstanden werden, die über 15 Jahre sind und mindestens 1 h /Tag arbeiten. Wieviele dieser "Erwerbstätigen" ohne jede Transferleistung leben, d.h. ihre Existenz tatsächlich mittels "Arbeit" als Gegenleistung bestreiten, steht auf anderen Blättern. (Sozialversicherungspflichtig beschäftigt sind nur noch schlappe 27 Mio Bürger). Die überwältigende Mehrheit erhält also ihre Existenz schon heute ohne erwerbstätige Gegenleistung. Dies resultiert nicht aus dem BGE, das es noch nicht gibt, sondern umgekehrt, das BGE resultiert aus dieser Tatsache, die sich trotz jahrzehnte langem Geschwätz über "vollwertige" Vollbeschäftigung nicht verändern läßt.

Was die "Bedürftigkeitsprüfung" betrifft, die von einigen "Linken" mit viel Schaum im Mund gegen "Reiche" angeführt wird: leider werden die Reichen ja gar nicht geprüft. Und die wenigen nichtbedürftigen Reichen können auf einen positiven Ausgang ihrer Anträge locker verzichten (oder sich als Gag einen Anwalt mieten). Geprüft, kontrolliert und schikaniert werden dagegen gerade die "Hilfebedürftigen" und die "Armen". Auch hier sieht man mal wieder, daß unsre "modernen" Linken nichts als blödsinnige Propaganda betreiben. Über die vielen "Armen " viele Krokodilstränen vergießen und wenns drauf ankommt ihnen voll in die Fresse treten.

Warum kann man auf Bedürftigkeitsprüfungen aber verzichten? Ganz einfach Genosse Klaus Ernst: so sehr viel "Kapitalismus" haben wir nicht mehr. Anders als vor 150 Jahren zahlen die Bürger heute Steuern und zwar progressiv. Es mag zu wenig sein, das ist ein anderes Problem. Aufgrund des etablierten Steuersystems, ist es auf jeden Fall möglich mittels einfacher finanztechnischer Operationen (Erhöhung der Steuern) dafür zu sorgen, daß nach Einführung eines BGEs, von vielen Armen mal abgesehen, niemand "reicher" wird als zuvor.

Nun ja, meine Entscheidung als durchaus linker "Armer" die Partei "die Linken" zu meiden wird durch solche Aufsätze nur bekräftigt. Es handelt sich um eine Sorte von Gutverdienern die mittels Wahlen an volkseigene Fleischtöpfe wollen, dort wo dann bedingungslos grundversorgt wird.

verwunderte Grüße
Klaus Binder

Verfasst: So Jan 11, 2009 4:51 pm
von KlBi
Rainer Roth hat wieder zugeschlagen
http://www.elo-forum.org/grundeinkommen ... post236763
Rainer Roth: Bedingungsloses Grundeinkommen als Menschenrecht?
Rainer Roth
Bedingungsloses Grundeinkommen als Menschenrecht?

Ich halte das bedingungslose Grundeinkommen (BGE) für bekanntlich illusionär. (Rainer Roth, Zur Kritik des Bedingungslosen Grundeinkommens, Frankfurt 2006) Deshalb haben mich einige Protagonisten der BGE wütend beschuldigt, ich würde auf die "Selbstregulierungskräfte des Kapitals" setzen, die "Lohnarbeit verteidigen" und einen "eisernen Willen zum Kampf gegen die Überwindung des Kapitalismus" haben. (Armin Kammrad)
Angeblich hat für mich nur "Lohnarbeit gesellschaftliche Relevanz, die Werte schafft". Das wäre "Idealisierung der Lohnarbeit". (Harald Rein) Mir würde kein anderer "Anreiz" zum Arbeiten einfallen, als Zwang, den ich "in Ewigkeit. Amen" fortsetzen wollte. Ich wäre der "Winkeladvokat der Arbeit", würde die Lohnarbeit "verklären", die Arbeit fetischisieren usw.. (Andreas Schmidt; alle Zitate aus Quellen von http://www.labournet.de >Diskussion >Arbeit >Existenzgeld >Linkskritik)( http://www.labournet.de/diskussion/arbe ... ritik.html )
Im Folgenden schauen wir uns genauer an, wer die Lohnarbeit und damit auch seinen siamesischen Zwilling, das Kapital, wirklich verteidigt.
Dass der individuelle Ausstieg aus der Lohnarbeit mit Hilfe des BGE das Weiterbestehen der Lohnarbeit insgesamt voraussetzt, soll hier nicht wiederholt werden. (Roth 2006, a.a.0)
Die Verteidigung der Lohnarbeit steckt indirekt aber auch darin, dass das BGE für ein "universelles soziales Menschenrecht" gehalten wird. So die Grundsatzerklärung des Netzwerks Grundeinkommen mit seinen zahlreichen Mitgliedern. Das Menschenrecht auf ein Grundeinkommen wird vom Netzwerk Grundeinkommen als "zentrale Alternative" zu Armut und Lohnabhängigkeit bezeichnet. "Ein Grundeinkommen ermöglicht den Menschen ein von Existenznot, staatlicher Bevormundung und ökonomischer Abhängigkeit freies Leben." (Politische Erklärung des SprecherInnenkreises des Netzwerks Grundeinkommen vom 16.12.2005)
Aber allein mit der Berufung auf Menschenrechte erweist sich diese Proklamation als frommer Wunsch, weil mit den Menschenrechten genau die kapitalistischen Eigentumsverhältnisse verteidigt werden, die Existenznot, staatliche Bevormundung und ökonomische Abhängigkeit hervorrufen.

Tradition der bürgerlichen Revolution
Die "Entdecker" der Menschenrechte sind bei den bürgerlichen Revolutionären Nordamerikas und vor allem Frankreichs zu finden. (Karl Marx, Zur Judenfrage, MEW 1, 362) Die Menschenrechtserklärungen sind dienten dem Kampf gegen feudale Verhältnisse und sind insoweit fortschrittlich.
Robespierre versuchte 1793 zum ersten Mal, das Recht auf Leben als erstes Menschenrecht in der Verfassung zu verankern. "Das erste Recht ist das zu leben; das erste soziale Gesetz ist demnach dasjenige, welches allen Mitgliedern der Gesellschaft die Mittel zur Existenz garantiert; alle übrigen sind diesem untergeordnet." (Albert Soboul, Die große französische Revolution, Frankfurt 1973, 359) Mit allen übrigen Rechten meinte er vor allem das Recht auf Privateigentum, das im Artikel 2 der Erklärung der Menschenrechte vom August 1789 als natürliches Menschenrecht proklamiert worden war. Das Menschenrecht auf Privateigentum galt als die "praktische Nutzanwendung des Menschenrechts auf Freiheit". (MEW 1, 364)
Die schließlich am 24. Juni 1793 verabschiedete Fassung nahm jedoch das Menschenrecht auf Existenzmittel nicht auf, sondern bekräftigte nur das Menschenrecht, "seinen Besitz ... nach Belieben zu genießen und darüber zu verfügen." (Walter Markov, Albert Soboul, 1789 Die Große Revolution der Franzosen, Köln 1989, 197)
Robespierre erkannte wie alle Jakobiner das Eigentumsrecht als Naturrecht an, wollte es aber gesetzlich beschränken. "Das Eigentum ist das Recht jedes Bürgers, den Teil der Güter zu besitzen und darüber zu verfügen, der ihm vom Gesetz garantiert ist." (Robespierre in einer Rede über eine neue Erklärung der Rechte vom 24. April 1793; vgl. Soboul 1973, 273)
Robespierres Forderung nach einem in der Verfassung verankerten "Menschenrecht auf Leben" diente dazu, die Unterstützung der Sansculotten im Kampf gegen die monarchistische Bourgoisie und die in- und ausländische Aristokratie zu gewinnen. Die Beschränkung der Freiheit des Eigentums sollte die Ernährung der Volksmassen unter den Bedingungen der Blockade und der Kriege zur Verteidigung der bürgerlichen Republik sichern. Sie war eine Notlösung im Kriegszustand. (Soboul 1973, 316, 332, 355)
Die Sansculotten ("die ohne Kniebundhosen", den von Adel und Klerus getragenen Hosen) waren vor allem Kleinbürger, kleine Handwerker und Händler. Ziel der Sansculotten "war eine Gesellschaft der kleinen unabhängigen Produzenten, Bauern und Handwerker, die jeder ihr Feld, ihren Laden oder ihre Werkstatt besaßen und in der Lage waren, ihre Familien ohne Zuflucht zu Lohnarbeit zu ernähren. Es war ein Ideal, das den Verhältnissen Frankreichs und seines Volkes am Ende des 18. Jahrhunderts entsprach." (Soboul 1973, 359) Sie waren für Privateigentum, traten aber gegen die großen Eigentümer auf. Sie wollten ihre Existenz nicht durch ein Grundeinkommen, sondern z.B. durch die Festsetzung von Höchstpreisen vor allem für Lebensmittel, d.h. geringere Handelsprofite sichern, durch gesetzlich herabgesetzte Industrieprofite, aber auch durch die Festsetzung maximal zulässiger Löhne. Die Verfassung von 1793 wurde mit 1,8 Millionen Stimmmen bei 17.000 Gegenstimmen angenommen, (Markov 1989, 198) obwohl sie Einschränkungen des Menschenrechts auf Privateigentum ablehnte. Das Menschenrecht auf Privateigentum hatte sich gegen das Menschenrecht auf Existenzmittel durchgesetzt. Es entsprach den Interessen der Klassen, die die weit überwiegende Mehrheit der Bevölkerung ausmachen. Nicht nur dem Interesse der französischen Bourgoisie, sondern auch dem Interesse der Masse der Bauern an Aufhebung der Leibeigenschaft und an Eigentum an Grund und Boden und den Interessen der kleinen Gewerbetreibenden. Es war Ausdruck des Übergangs von feudalen zu bürgerlichen Produktionsverhältnissen. Rechtsnormen entspringen nicht dem Recht und seiner politischen Festsetzung durch den Staat, sondern den ökonomischen Gegebenheiten.

Die französische Handels- und Industriebourgoisie verwirklichte ihre ökonomischen Interessen u.a. in der Ablehnung von Höchstpreisen und in der Zurückhaltung von Waren, um Preissteigerungen zu erzwingen. Die Jakobiner beschränkten in deren Interesse die Profitspannen lange Zeit nicht, ebenso wenig die Transportpreise (Soboul 1973, 322, 355). Die Überschreitung der schließlich 1793 festgesetzten Höchstpreise und der Schwarzmarkt wurden letztlich geduldet. (Soboul 1973, 339, 357) Die Profitinteressen der Bourgeosie hatten Vorrang von einem "Recht auf Existenzmittel".
Auch Robespierre musste im Juli 1793 feststellen, dass die Revolution den Bürgern, "deren einziges Eigentum aus ihrer Arbeitskraft besteht" bisher "fast nichts" gebracht hat. (Soboul 1973, 291) Jacques Roux als Sprachrohr der Sansculotten erklärte 1793:" Die Republik ist nur ein eitles Hirngespinst, wenn Tag für Tag die Konterrevolution in Gestalt des Lebensmittelpreises auftritt, den drei Viertel der Bürger nicht ohne Tränenvergießen bezahlen können ... ." (Soboul 1973, 287f.)
Im Interesse des Menschenrechts der Privateigentümer unterdrückten die Jakobiner Lohnkämpfe der LohnarbeiterInnen. Schon mit einem Dekret vom 14. Juni 1791 hatte die französische Bourgeoisie alle Vereinigungen von Arbeitern als "Attentat auf die Freiheit und die Erklärung der Menschenrechte" verboten. (nach Marx, Das Kapital, MEW 23, 769) Begründung:" 'Obgleich es wünschenswert, daß der Arbeitslohn höher steige, ..., damit der, der ihn empfängt, außerhalb der durch die Entbehrung der notwendigen Lebensmittel bedingten Abhängigkeit sei, welche fast die Abhängigkeit der Sklaverei ist,' dürfen sich Arbeiter nicht zusammenschließen, weil sie dadurch 'die Freiheit ihrer jetzigen Unternehmer' verletzen, die Freiheit, ihre Arbeiter in Lohnsklaverei zu halten." (Marx, Das Kapital, MEW 23, 770) Die Berufung auf Menschenrechte dient dazu, die Lohnsklaverei zu reproduzieren. Das Koalitionsverbot wurde von der "Schreckensregierung" unter Robespierre beibehalten und vollstreckt. Am 8. November 1793 wurde auch Frauen per Gesetz jegliche politische Vereinigung verboten. Das, die Verweigerung des Wahlrechts für Frauen und die Hinrichtung von Olympe de Gouges, einer Vorkämpferin der Gleichberechtigung der Frau, beschränkte die Menschenrechte im Wesentlichen auf Männerrechte.

Die Jakobiner unterdrückten schließlich auch die Volksbewegung der Sansculotten insgesamt. Sie lösten ihre Sektionen auf, verboten ihre Presse und verhafteten ihre Führer. Sie verloren deshalb innerhalb eines Jahres die Unterstützung der Volksmassen. Robespierre und seine Anhänger konnten 1794 von den kompromisslosen Vertretern der Bourgeoisie ohne größeren Widerstand abgesetzt und hingerichtet werden. Die Bourgoisie als Hauptnutznießerin des "Rechts auf Privateigentum", hatte über das Kleinbürgertum, aber auch die Lohnarbeiter gesiegt, die ihre sozialen Interessen über ein "Recht auf Existenzmittel" verfolgten.

Menschenrechte sind Rechte des Menschen als einzelnem Menschen. "Keines der Menschenrechte geht ... über den egoistischen Menschen hinaus, über den Menschen, wie er Mitglied der bürgerlichen Gesellschaft, nämlich auf sich, auf sein Privatinteresse und seine Privatwillkür zurückgezogenes und vom Gemeinwesen abgesondertes Individuum ist." (Marx, Zur Judenfrage, MEW 1, 366) In der realen Produktionsweise setzt sich also der stärkste Privateigentümer, als "stärkster Mensch" durch und unterdrückt alle anderen Menschen, seien sie schwächere Privateigentümer oder Lohnarbeiter. Menschenrechte können ihrer Natur nach in der Realität niemals universell sein. Sie waren und sind sowohl mit Sklaverei und Rassismus vereinbar (wie z.B. in Nordamerika), als auch mit Lohnsklaverei und der gewaltsamen Unterjochung ganzer Völker.

Thomas Paine, eine der "Leitfiguren der Französischen Revolution" und "Vordenker" des bedingungslosen Grundeinkommens forderte für alle Erwachsenen ab 21 eine Summe an Geld "als Entschädigung für die naturrrechtlichen Ansprüche, die ihnen durch das System des Grundeigentums verloren gegangen sind". (Yannick Vanderborght, Philippe van Parijs, Ein Grundeinkommen für alle?, Frankfurt 2005, 21) Die Erde sei eigentlich Eigentum der ganzen Menschheit. Paines bedingungsloses Grundeinkommen findet nicht eingelöste naturrechtliche Eigentumsansprüche an Grund und Boden mit Geld ab.
Geld statt Eigentum an Produktionsmitteln kennzeichnet auch das heutige BGE, das ebenfalls die Eigentumslosigkeit der breiten Masse anerkennt. Paine hielt die Abfindung der Eigentumslosen durch ein bedingungsloses Grundeinkommen für ein "Gerechtigkeitserfordernis", ebenso wie seine heutigen Nachfolger. Nur dass diese das BGE nicht mehr als Entschädigung für Eigentumslosigkeit auffassen, sondern nur noch als Naturrecht jedes Menschen, sei er auch der reichste Eigentümer. Menschenrechte gelten als bedingungslos, weil sie eine "radikale und vorbehaltlose Bejahung des anderen darstellen." (Rätz u.a. 2005, 31) Die Verkäufer der Ware Arbeitskraft müssen also ihre Käufer vorbehaltlos bejahen, d.h. die Lohnarbeit bejahen, wenn sie auf dem Boden der Menschenrechte stehen wollen.
Zurück zu Paine: Diejenigen, die eine gleiche Verteilung des Grundeigentums in einem Ackergesetz forderten, wurden durch ein Dekret vom 18.März 1793 mit dem Tode bestraft.

Werner Rätz (attac) sieht das Menschenrecht auf Einkommen in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der UNO von 1948 juristisch verankert. Dort heißt es in Artikel 27:" Jeder hat das Recht auf einen Lebensstandard, der seine und seiner Familie Gesundheit und Wohl gewährleistet ... ." Die Erklärung der Menschenrechte durch die UNO im Jahre 1948 steht in der Tradition der Bürgerrechte als Menschenrechte. Noch vor dem Menschenrecht auf einen dem Wohl des Menschen dienenden Lebensstandard erklärt der Artikel 17: "Jeder Mensch hat allein oder in Gemeinschaft mit anderen Recht auf Eigentum. Niemand darf willkürlich seines Eigentums beraubt werden." Die Erklärung der Menschenrechte drapiert heute den Imperialismus, die Unterwerfung der ganzen Welt unter die Bedürfnisse des Kapitals der fortgeschrittensten bürgerlichen Nationen. Das Recht des stärkeren egoistischen Menschen bzw. des stärksten Kapitals hat sich weltweit durchgesetzt.

Wie stellen sich die heutigen VertreterInnen des Grundeinkommens als Menschenrecht die Gesellschaft vor?
Die bürgerliche, die kapitalistische Gesellschaft ist auch für sie die als natürlich vorausgesetzte Basis des Menschenrechts auf ein bedingungsloses Grundeinkommen.
In dieser Gesellschaft gibt es
Unternehmen, die mit Hilfe des BGE ihre Lohnnebenkosten senken können,
Lohnabhängige, die allerdings nicht mehr erpressbar sind bzw. motivierte MitarbeiterInnen, durch die Unternehmen gewinnen können,
Reichtum, der allerdings stärker besteuert werden muss,
Konjunkturkrisen, die allerdings durch Stabilisierung der Kaufkraft abgefedert werden können. (alle kursiv gesetzten Begriffe stammen aus der Erklärung des Netzwerks Grundeinkommen).

In der Grundeinkommensgesellschaft gibt es Arbeitgeber und Arbeitnehmer, deren Verhandlungsposition als Warenverkäufer auf dem Arbeitsmarkt gestärkt werden muss. (Sölken, Newsletter Netzwerk Grundeinkommen, Nr. 9, November 2006, 4)
Sie ist ein "Kapitalismus ohne Vollbeschäftigung" mit einem "neuen Gefühl sozialer Sicherheit und Freiheit". (Ulrich Beck, Die Tageszeitung 30.4./1.5.2007, 4) In ihr gibt es nach wie vor den Staat, der allerdings zum wirklichen Sozialstaat werden soll.

Banken und Konzerne, Finanzkapital, Kapitalverwertung, Konkurrenz der Kapitalisten untereinander, Krisen, Lohnarbeit und Arbeitsmarkt, Rationalisierung mit dem Ziel, Arbeitskräfte überflüssig zu machen usw.: all das bleibt bestehen. Der "Systemwechsel" besteht im Wesentlichen in einem "Politikwechsel" auf der Grundlage der heutigen Eigentums- und Produktionsverhältnisse. Der diese Verhältnisse garantierende bürgerliche Staat soll aber endlich Armut und Unfreiheit abschaffen, die auf dieser Grundlage erzeugt werden. Mit einem einzigen Mittel, einer bestimmten Summe an Geld, das bedingungslos jedem zusteht. Die durch eine Umverteilung von Geld mit sich angeblich versöhnte Gesellschaft soll dadurch zur solidarischen Gesellschaft werden, in der Freiheit, Brüderlichkeit, Selbstbestimmung und Selbsttätigkeit endlich verwirklicht sind.

In der Tat ist es immer weniger möglich, über Lohnarbeit die gegenwärtigen Lebensbedürfnisse ausreichend und dauerhaft zu befriedigen, geschweige denn Kinder zu unterhalten. Unter kapitalistischen Bedingungen bedeutet höhere Produktivität langfristig sinkende Nachfrage nach Ware Arbeitskraft, auch der Arbeitskraft von Universitätsabsolventen, und den Ruin der verbleibenden Kleineigentümer und Freiberufler. Damit wird auch der Ausweg erschwert, dem weiterbestehenden Zwang der Lohnarbeit über die Selbstständigkeit zu entkommen.
Dem Ideal der Sansculotten, eine Gesellschaft von kleinen Privateigentümern, eine Gesellschaft von Gleichen ist durch die kapitalistische Entwicklung schon lange die Grundlage entzogen worden. Die Konzentration und Zentralisation von Kapital in Industrie und Landwirtschaft, Handel und Bankwesen ist unumkehrbar. Die Utopie der Sansculotten, ein real gleiches Eigentum für alle, hat sich in die Idee des gleichen, staatlich zugeteilten Geldbetrags für alle verwandelt, mit dem die real wachsende Ungleichheit der Eigentumsverhältnisse anerkannt wird. Am Wachstum der realen Ungleichheit ändern auch Umverteilungen nichts.
Die heutigen Produktionsverhältnisse lassen produktive Betätigung selbst in Form entfremdeter Lohnarbeit und zwergenhafter Selbstständigkeit immer weniger zu. Wenn man Kapital und Lohnarbeit grundsätzlich akzeptiert, gibt es auf diesem Boden nur eine, allerdings utopische Rückzugsmöglichkeit. Es muss eben auch "Lohn für Nichtarbeit" (Joachim Hirsch) gezahlt werden, wenn Lohnabhängige ihre Arbeitskraft nicht als Ware verkaufen bzw. ein laufendes Einkommen, wenn Kleineigentümer und Freiberufler nicht vom Verkauf ihrer Waren als Selbstständige leben können.
Das BGE erscheint als letzte staatliche Sicherheit für LohnarbeiterInnen und Selbständige, die vom Kapital in wachsendem Maße überflüssig gemacht und runiert werden. Der Schlachtruf "Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit" erstrahlt in neuem Licht. Freiheit als Unabhängigkeit vom Zwang zur Lohnarbeit und des Warenverkaufs, Gleichheit nicht mehr nur vor dem Gesetz, sondern als Gleichheit eines Grundeinkommens für jeden und Brüderlichkeit als Solidarität derjenigen, die sich nachwievor an Lohnarbeit und Ausplünderung von "Selbstständigen" bereichern, mit den von ihnen Ausgebeuteten und Niedergedrückten.
Da der Verkauf von Arbeitskraft als Ware bzw. der Verkauf von Waren durch Arbeitende von der bestehenden Produktionsweise in wachsendem Maße unmöglich gemacht wird und nicht mehr die Quelle von Einkommen sein kann, muss es die bloße Existenz als Mensch sein, eben das Menschenrecht. Ein Recht, das logischerweise nirgendwo einklagbar ist, da es dem bürgerlichen Recht, dem Recht der Privateigentümer zuwiderläuft.
Da das bedingungslose Grundeinkommen als Menschenrecht proklamiert wird, hält es sich wie alle Menschenrechte in der Sphäre der Verteilung des erarbeiteten Mehrprodukts auf. Im Fall des BGE nicht einmal in der Sphäre des Warenaustauschs wie bei den VertreterInnen des gerechten Lohns, sondern in der noch weiter von der Produktion des Mehrwerts entfernten Sphäre der staatlichen Besteuerung des Mehrwerts. Die Art und Weise, wie Waren und Mehrwert erzeugt werden, und wie die Nutzung der Arbeitskraft durch das Kapital den Mehrwert erzeugt, aus dem Steuern abgeführt werden, interessiert die Kämpfer für angeborene Menschenrechte nicht.
Sie überlassen die Produktion des zu verteilenden Reichtums dem Kapital; sie zweifeln nicht an, dass sich das Kapital durch die Ausbeutung von Lohnarbeit vermehren muss. Sie interessiert nur ihr von ihnen selbst proklamiertes "Menschenrecht", eine bescheidene Summe Geld ohne Bedingung überwiesen zu bekommen. Sie stellen die Verteilungsfrage, weil sie in der Tradition der bürgerlichen Revolution die kapitalistischen Eigentumsverhältnisse und das auf sie gegründete Menschenrecht auf Ausbeutung des Menschen durch den Menschen anerkennen. Sie stellen nicht die Frage, wie sich LohnarbeiterInnen vom Kapital emanzipieren können, das sich durch ihre unbezahlte Arbeit vermehrt. Sie stellen nur die Frage, wie sich LohnarbeiterInnen auf dem Boden des Kapitalismus individuell von der weiterbestehenden Lohnarbeit emanzipieren und Selbständige dem Zwang entgehen können, in die Lohnarbeit abzusinken. Menschenrechte gehen eben von der Emanzipation des Einzelnen aus, nicht von der Emanzipation von Klassen.
Indem sie aber die Produktionssphäre dem Kapital überlassen, überlassen sie ihm auch, die Bedingungen des Verkaufs der Ware Arbeitskraft und die Verteilungsverhältnisse so einzurichten, wie es seinen Renditebedürfnissen entspricht. Wenn das "Menschenrecht auf Privateigentum" gegen das "Menschenrecht auf Existenzgeld" antritt, muss es siegen, da es die Interessen der ökonomisch und politisch mächtigsten Menschen verkörpert. Auf dieser Grundlage können sich auch Vertreter des Kapitals wie z.B. Götz Werner (dm) und Dieter Althaus, der Ministerpräsident von Thüringen, das Menschenrecht auf Einkommen für die Zwecke der Kapitalverwertung zu Nutze machen.
Sie interessieren sich vor allem für die Produktion von Mehrwert, nicht für dessen Verteilung. Sie können deshalb den Vorteil erkennen, den ein bedingungsloses Grundeinkommen für die Vermehrung des Kapitals haben kann. Es ersetzt nämlich den Preis der Ware Arbeitskraft, den Lohn, einschließlich der "Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung" bis zu einem gewissen Grad durch Steuermittel, die von der ganzen Gesellschaft aufgebracht werden. Die für die Verteilungssphäre entwickelten Ideen, mit denen sich die BGE-Vertreter abmühen, zeigen nämlich auch Wirkung in der Produktionssphäre. Das universelle Menschenrecht auf BGE kommt mit Werner, Althaus, Straubhaar usw. nur auf die Erde der Kapitalverwertung zurück, die seine Voraussetzung ist.
Dennoch erkennen linke Vertreter des BGE darin, dass auch Prominente wie Werner und Althaus das BGE befürworten, den "nicht mehr aufzuhaltenden Aufbruch einer Idee." (Rein, a.a.O.)
Vom Himmel der Idee auf die Erde herabgestiegen, wissen aber auch Sprecher des Netzwerks wie Günter Sölken:" Wäre das bedingungslose Grundeinkommen tatsächlich so hoch, dass der Anreiz, eine Erwerbsarbeit nachzugehen entfiele, würde sich unsere Vision von einer Welt mit Grundeinkommen augenblicklich in Luft auflösen." (Newsletter a.a.O., 3) In der Tat, das BGE ist für das Kapital, also für die ökonomische Basis des Menschenrechts auf BGE, nur annehmbar, wenn es den Zwang zur Lohnarbeit nicht außer Kraft setzt. Darüber entscheidet die Höhe des BGE. Wird es bei 600 Euro und weniger angesiedelt, bleibt der für das Kapital lebensnotwendige Zwang zur Lohnarbeit bestehen. Dann verwandelt sich das BGE aus dem utopischen Wunsch nach einer durch den bürgerlichen Staat finanzierten Emanzipation von Lohnarbeit in eine flächendeckende Lohnsubvention. Auf dem unangetasteten Boden des Menschenrechts auf Privateigentum, d.h. auf Kapital tritt das BGE entweder als Lohnsubvention ins Leben oder gar nicht.
Das ist deutlich an der Teilforderung auf eine bedingungslose Kindergrundsicherung zu sehen. Bedingungsloses Kindergeld in Höhe von 300 Euro ist eine alte Forderung der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA). Damit können die Unterhaltungskosten des Nachwuchses der Arbeitskraftwaren vergesellschaftet und die Löhne, sofern sie noch Bestandteile der Kosten der Kinder enthalten, entsprechend gesenkt werden, während die private Aneignung der Arbeitsergebnisse der Arbeitskräfte bestehen bleibt. Solche Forderungen zeigen, dass Löhne mehr und mehr unter die Reproduktionskosten der Ware Arbeitskraft fallen und die Ware Arbeitskraft von ihren Käufer in wachsendem Maße auf gesellschaftliche Rechnung gekauft wird.

BGE oder Lohnarbeit?
Das Dogma linker BGE-Protagonisten lautet: Wer das BGE nicht anerkennt, kann nur ein Vertreter des Kapitals und der Lohnarbeit sein. Die gewerkschaftslinken Kritiker des BGE, die dem BGE nur die Sinnhaftigkeit der Lohnarbeit entgegenstellen, nähren diese Auffassung. Die radikale Kritik des BGE dagegen setzt aber nicht auf Lohnarbeit und dadurch erarbeitetes Geld, sondern darauf, dass die Produzenten des gesellschaftlichen Reichtums die Eigentümer der Produktionsmittel werden und sich den von ihnen erarbeiten Reichtum selbst aneignen müssten, um darüber schließlich "ein von Existenznot, staatlicher Bevormundung und ökonomischer Abhängigkeit freies Leben" zu verwirklichen, also das auf dem Boden des Kapitalismus leere Versprechen des BGE zu realisieren. Dass die radikale Kritik des BGE als individueller "Befreiung" von Lohnarbeit, nicht die Lohnarbeit verteidigt, sondern aufheben will, passt nicht ins Schwarz-Weiß-Schema der Wunderheiler des BGE. Dialektik ist bürgerlichen Ideologen unbegreiflich.

Es ist schon eine Kunst,
* die kapitalistischen Eigentums- und Produktionsverhältnisse ausdrücklich vorauszusetzen,
* die doch immerhin real existierenden Lohnabhängigen davon abbringen zu wollen, sich für Tagesforderungen einzusetzen, weil das die Lohnarbeit zementiere und nicht antikapitalistisch sei,
* ihnen stattdessen die Utopie "Wenn ich einmal Geld hätte" vorzusingen,
* von Freiwilligkeit der Lohnarbeit für das Kapital und einer Wiederbelebung von Kleineigentümern ohne Eigentum zu träumen
* und gleichzeitig unverdrossen zu behaupten, man wolle das Lohnsystem und damit den Kapitalismus überwinden.
Den Vogel schießt Blaschke ab, ein Mitarbeiter von Katja Kipping, einer stellvertretenden Vorsitzenden der Linkspartei. Er wirft mir vor, ich würde das "Lohnarbeitsprinzip" verteidigen und die "Lohnsklaverei als Ziel" haben, weil ich für Forderungen auf dem Boden der Lohnarbeit eintrete, wie z.B. einen gesetzlichen Mindestlohn von mindestens zehn Euro oder die Erhöhung des Eckregelsatzes von Hartz IV auf mindestens 500 Euro und mich angeblich darauf beschränken wolle. "Mindestlohn für abhängig Erwerbstätige und Mindesteinkommen für Erwerbslose ist kein antikapitalistischer Ansatz ... ." (Blaschke, Sklaverei der Lohnarbeit als Ziel? Oktober 2006, LabourNet Germany: Treffpunkt für Ungehorsame, mit und ohne Job, basisnah, gesellschaftskritisch a.a.O.) Lohn sei nach Marx überhaupt nur Sklavensalair, ein Mindesteinkommen für Erwerbslose demzufolge nur ein Salair für Sklaven in Reserve. Bloße Lohnforderungen seien nicht antikapitalistisch. Das sei nur das BGE, das "individuell die Möglichkeit der Entscheidung für oder gegen bestimmte Bedingungen der Arbeit, ihres Zweckes und ihrer Art und Weise befördert". Das BGE für alle sei "ein sicherer Grund ... sich auch ganz praktisch gegen Lohnarbeits-/Kapitalverhältnisse und für andere Formen der Produktion ihres Lebens entscheiden zu können."
Die individuelle Befreiung von Lohnarbeit durch ein vom bürgerlichen Staat ausgezahltes Geld ist für Blaschke die individuelle Befreiung (Selbstbefreiung) vom Kapitalismus und damit antikapitalistisch. Das wirke dann positiv zurück auf ... die Lohnarbeit. Nur das BGE wirkt also wirklich positiv auf Verbesserung der Lage von LohnarbeiterInnen ein, da es mit der Option des individuellen Ausstiegs aus der Lohnarbeit verknüpft ist. Wenn man also dafür eintritt, Tageskämpfe ohne die Forderung nach dem BGE zu führen, zieht man sich den Vorwurf zu, die Lohnsklaverei zu zementieren. Das bedeutet, dass nur die Verknüpfung von Tagesforderungen mit dem BGE als individueller Selbstbefreiung als Ziel praktischer Schritte anerkannt wird. Die Tagesforderungen treten weit zurück hinter die Forderung nach dem BGE.
Blaschke meint, sich mit Marxzitate schmücken zu müssen, um von Linken ernstgenommen zu werden und als wirklich revolutionär zu erscheinen. Marx erklärte bekanntlich, dass Gewerkschaften ihren Zweck gänzlich verfehlen, wenn sie sich darauf beschränken, einen Kleinkrieg gegen die Wirkungen des bestehenden Systems zu führen, statt gleichzeitig für die "endgültige Abschaffung des Lohnsystems" einzutreten. (Lohn, Preis und Profit, MEW 16, 152) Zwischen der Abschaffung des Lohnsystems und dem individuellen Ausstieg aus dem Lohnsystem unter Beibehaltung des Lohnsystems besteht aber ein erheblicher Unterschied.
Blaschke garniert seine Ausführungen mit Marx, lässt aber auch seine Kritik an den Menschenrechten der Revolution der Bürger unter den Tisch fallen.
Wie schon gesagt, hielt Marx die Menschenrechte für die Reduktion des Menschen auf das "egoistische unabhängige Individuum", das sich nur im Rahmen der bürgerlichen Gesellschaft bewegt, also nur auf dem Boden der kapitalistischen Produktionsverhältnisse.
Es geht den "unveräußerlichen" Menschenrechten wie schon in den letzten 230 Jahren, dass sie "in der Praxis auf die herrschende Klasse beschränkt blieben und der unterdrückten Klasse, dem Proletariat, direkt und indirekt verkümmert wurden." (Engels, Der Ursprung der Familie, des Privateigentums und des Staates, MEW 21, 82) Dennoch scheint auch in den Ansprüchen der sozialen Menschenrechte schon die Sehnsucht nach einer Gesellschaft auf, in der die Bedürfnisbefriedigung von Menschen im Mittelpunkt steht. Eine Sehnsucht, der allerdings das Menschenrecht selbst in Form des Menschenrechts auf Privateigentum an Produktionsmittel im Wege steht. Den positiven Gehalt der Menschenrechte nutzen, setzt voraus, diesen Widerspruch aufzuzeigen. Auch die in Menschenrechten proklamierten demokratischen Rechte gilt es zu nutzen.
Die Eigentümer der Banken und Konzerne akzeptieren die großartige Idee des Übergangs der Mehrwertproduktion vom für den Kapitalismus seit Jahrhunderten lebensnotwendigen Zwang zur Lohnarbeit zur Freiwilligkeit der Lohnarbeit genauso wenig wie die großartige sozialdemokratische Idee, dass Lohnerhöhungen im Interesse der Profitmaximierung des Kapitals seien.
Da diese Menschen die Interessen des Menschen im allgemeinen und seine universellen Rechte noch nicht verstehen, wird man sie ihnen in geduldiger Kleinarbeit erklären müssen. Dem Kapital den Spiegel vorzuhalten, verbietet sich dabei. Dann schon lieber diejenigen verleumden, die den sozial gerechten Kapitalismus mit bedingungslosem Grundeinkommen für eine Utopie halten.
Ein Trost bleibt aber: das Menschenrecht auf ein ausreichendes Einkommen ohne Zwang zur Lohnarbeit und Bedürftigkeitsprüfung ist schon teilweise verwirklicht, nämlich für die herrschende Klasse, die sich schon immer von der Lohnarbeit emanzipieren konnte und Bedürftigkeitsprüfungen nicht nötig hat, da sie aus der Ausbeutung von LohnarbeiterInnen ausreichend Mittel zieht, um alle ihre Bedürfnisse zu befriedigen, ohne dass jemand ihre Berechtigung prüfen müsste.
(leicht überarbeiteter Vorabdruck aus "Kleine Hattersheimer Hefte" Nr. 11, Mai 2008)
__________________
Gruß aus dem Rheinland

Martin

Verfasst: So Mär 28, 2010 12:58 pm
von KlBi
http://www.flegel-g.de/deppen-der-nation.html

vom 15.02.2010

Zur Bewältigung der Krise wird zunächst "Arbeitszeitverkürzung" vorgeschlagen:
Würde man die Wochenarbeitszeit um 10 Stunden kürzen, ergäben sich 5,25 Millionen neue Arbeitsplätze bei sehr gut in den 24-Std.-Tag zu integrierenden Arbeitszeitmodellen. Ich würde nicht einmal verlangen, dass das bei vollem Lohnausgleich passieren müsste, denn 5,25 Millionen zusätzliche Vollzeitstellen würden den Binnenmarkt enorm beleben und damit dem Staat einen ungeheuren Zuwachs an Steuern (Einkommen und Verbrauchssteuern) und den Solidarsystemen an Beiträgen bescheren. Dann würden beide Seiten, Arbeitgeber und Arbeitnehmer von Steuersenkungen und niedrigeren Sozialbeiträgen profitieren.
Arbeitszeitverkürzung ohne Lohn-, Gehalts-, Tantiemen-, Diäten- und Gagenausgleich ist jetzt schon möglich. Das Problem ist doch, daß Überstunden und Zusatzarbeit gemacht werden, auch und gerade im "Gutverdiener"-Bereich.
Die Frage wäre also, wie man wirksam verhindert, daß die Leute ihre Freizeit zum zusätzlichen Geldverdienen verwenden. Hohe Steuern auf Überstunden? Oder brauchen wir eine ganz große Behörde, die genau kontrolliert, wer wielange für wen und warum arbeitet, eine Behörde, die noch energischer gegen "Schattenwirtschaft" und "Schwarzarbeit" vorgeht? Die Frage wäre allerdings, ob man Bürger überhaupt in ihrem Tatendran behindern soll. Solange die Existenz mit "Erwerbstätigkeit" verbunden wird, müßte man es allerdings, d.h. die "Erwerbstätigkeit" müßte "gerecht" verteilt werden. Wer mehr arbeitet, als er zu seiner Existenz benötigt ist dann asozial, ganz einfach weil so jemand anderen die Möglichkeit nimmt, "normal" zu existiere. Das gilt vor allem für diverse Gutverdiener, z.B. Volksvertreter im Bundestag, die mehr als 7000 Euro/Monat kassieren.

Und weiter schreibt der Mann:
Natürlich müssten parallel dazu hohe Hürden für die Abwanderung von Unternehmen aufgebaut werden.
"Hohe Hürden" sind grober Unfug, wie sollen die aussehen? Und das hat nur mäßig was mit dem Problem zu tun, da z.B. Dienstleistungsbetriebe: staatliche, kommunale und private nicht abwandern können.

Auch bringt es nichts von einem "abstrakten" Arbeitgeber zu reden. Es gibt Einmannbetriebe, Kleinbetriebe, mittlere Betriebe, Großbetriebe, Teile von multinationalen Konzernen, es gibt den Staat als Arbeitgeber, kommunale Einrichtungen, genossenschaftliche Betriebe (die von vielen "Linken" ziemlich stiefmütterlich behandelt werden). Schließlich schaffen auch Vereine, Parteien und gesellschaftliche Organisationen wie Gewerkschaften oder Kirchen Arbeitsplätze. Jedes Gesetz betrifft nun aber die verschiedenen "Arbeitgeber" verschieden.

Das BGE ist keine Lösung, so der Herr Flegelskamp:
Nun werde ich wieder viele Mails bekommen, die stattdessen ein bedingungsloses Grundeinkommen (BGE) fordern. Warum denken so viele Menschen nur von 12:00 Uhr bis Mittag? Dieses BGE müsste doch auch in irgendeiner Form erwirtschaftet werden. Von wem? Und wer legt die Höhe fest?
Das "Sozialbudget" wird bereits erwirtschaftet. Es beträgt etwa 700 Mrd Euro/Jahr. Siehe: www.destatis.de
Das sind durchschnittlich cirka 700 Euro/Monat für jeden Bürger. Es handelt sich um ein Grundeinkommen mit Bedingungen: mit Schikanen, Kontrollen, Laufereien, wobei Monat für Monat für Millionen Bürger penibel festgestellt werden muß, ob jemand 453 Euro erhält oder ein anderer 250,34 und was passiert, wenn die beiden zusammenziehen, oder sich wieder trennen. Dabei sind die "Bedürftigen" die Gelackmeierten, denn sie dürfen hüpfen und springen, klagen und bringen. Die "Reichen" betrifft sehr vieles nicht, da sie ja z.B. Wohngeld oder Bafög gar nicht beantragen (müssen). Finanztechnisch läßt sich so ein Grundeinkommen kostenneutral gestalten und so, daß diejenigen, die es "eigentlich" nicht brauchen, es zwar erhalten, aber sie zahlen auch entsprechend Steuern.
Arbeitgeber würden mit dem Argument, dass Arbeitnehmer ja noch das BGE bekommen, die Löhne kürzen, sicherlich aber nicht in gleichem Maße die Grundpreise der Produkte oder Dienstleistungen.
Siehe oben: der "Arbeitgeber" ist kein abstraktes Geschöpf. Welche Preise von was? Preise für Klingeltöne? Preise für Wurst und Käse? Für die Frisur eines Dackels, für Panzer oder Einaufsnetze? Preise für die Werbezettel mit denen unsre Briefkästen überflutet werden?

Preise und Gewinne orientieren sich nicht an dem Willen irgendwelcher Arbeitgeber, sondern an der "Konkurrenz". Wenn die "Gewinne" (aufgrund niedrigerer Löhne, Gehälter, Tantiemen, Gagen und Diäten) hoch genug sind, gründen andere einen ähnlichen Betrieb, weil sich das mit weniger Gewinn auch noch lohnt. Darüberhinaus können mittels BGE viel besser Genossenschaften entstehen, bzw vorhandene sind konkurrenzfähiger als heute.

Wenn ein Teil des Einkommens eines abhängig Beschäftigten bedingungslos und aus einer anderen (staatlichen/gesellschaftlichen) Quelle kommt, kann er viel besser seinen Lohn/Gehalt/Gage aushandeln. Das BGE ist dann einfach eine Streikkasse.
Nichtzuletzt können Arbeitszeiten individuellen Bedürfnissen angepaßt werden. Man kann ein Jahr lang viel arbeiten und sich ein Polster ansparen und ein anderes Jahr vom BGE + Polster leben (das wird ja nicht, wie bisher angerechnet), oder man arbeitet Teilzeit usw.
Sie würden die paritätische Beteiligung an den Sozialsystemen völlig streichen und Rente und Arbeitslosengeld (?) würden in der Folge ersatzlos gestrichen, aber die Preise aufgrund der exorbitant gestiegenen Mehrwertsteuer maßlos in die Höhe schnellen.
Aus der Sicht des "Arbeitgeber" gehen sämtliche Gelder, Steuern und Sozialabgaben, von "seinem" Konto ab, sowohl die Gelder die der Arbeitnehmer zahlt, als auch das, was der Arbeitgeber zahlt. Es kann dann auch gleich eine einheitliche Steuer sein, eine Steuer, die sich daran orientiert, was der Staat, die Gesellschaft braucht und nicht, ob sie einen abstrakten "Arbeitgeber" möglichst quält. Ganz abgesehen davon haben es die "Arbeitgeber" gar nicht in der Hand, irgendetwas "ersatzlos zu streichen". Dahinter stecken verbindliche Gesetze, und Bürger, welche Gesetze "ersatzlos streichen", müssen mit Knast rechnen. Warum soll das bei einem BGE anders sein? Im Übrigens sieht man wunderbar, daß Herr Flegelskamp sein Gehirn ausschaltet, denn "Arbeitslosengeld" wird bei einem BGE kaum nötig sein... Es geht um sinnloses Geschwätz!
Die Grundlage der Wirtschaft ist das wirtschaften, also das Erbringen einer Leistung. Geld ist lediglich das Tauschmittel, um die unterschiedlichen Wirtschaftsleistungen ihrem Wert entsprechend tauschen zu können. Ein leistungsfreies Einkommen ist eine Sackgasse und das müsste die derzeitige Finanzkrise eigentlich jedermann klar gemacht haben, denn der Grund dieser Krise ist der mit dem Zins und Zinseszins verbundene leistungsfreie Mehrwert. Egon W. Kreutzer hat dieses Problem bereits einmal beleuchtet.
Das entspricht auch schon lange nicht mehr den Realitäten. Im Jahre 2006 lebten von 82 Mio Bürgern nur gerade mal 34 Mio "überwiegend" von "Erwerbsarbeit":
Überwiegender Lebensunterhalt im Jahre 2006 in 1000

82.369 Bevölkerung
33.848 leben "überwiegend" von Erwerbsarbeit
4.633 Arbeitslosengeld I/II
20.437 Rente und sonstige *)
23.450 Angehörige

*) Rente, Pension; eigenes Vermögen, Vermietung, Zinsen, Altenteil; Sozialhilfe/-geld, Grundsicherung (einschlAsylbewerberleistungen); Leistungen aus einer Pflegeversicherung; sonstige Unterstützungen (zBBAföG).
(Quelle: Stat. Jahrbuch 2008 * Seite 85)
Sozialversicherungspflichtig beschäftigt sind sogar nur noch 27 Mio.:
Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte und Einwohner (in 1000)

1992 29.325 * 80.975
1995 28.118 * 81.817
2000 27.826 * 82.260
2005 26.178 * 82.438
2006 26.354 * 82.315
2007 26.855 * 82.218
(Quelle: StatJahrbuch 2008 * Seiten 34, 87)
"Erwerbtätige" sind auch keineswegs lauter emsige Malocher am Fließband, darunter sind Millionen Beschäftigte in Staat, Land und Kommune, oder z.B. in der Unterhaltungsbranche, in der Sportbranche usw oder in gänzlich überflüssigen Bereichen, wie der Rüstungsindustrie, wo es für uns alle gesünder wäre, wenn die Beschäftigten nur faul in der Sonne liegen würden, anstatt Rohstoffe und Energie zum Bau von Panzern, Jagdflugzeugen, schlauen Minen, Bomben und U-Booten zu verplembern. Nur "Neoliberale" betrachten die "Wirtschaft" wie Herr Flegelskamp nach dem Motto: völlig wurst um was es geht, Hauptsache es läßt sich verkaufen.

Sicherlich ist dem Herrn Flegelskamp die "Leistungsfreiheit" bei einem BGE ein Dorn im Auge. Menschen, die Geld erhalten, ohne dafür etwas zu tun, wie z.B. viele "Reiche", sind in seinen Augen ganz schlimme Finger, egal, was sie sonst noch tun oder lassen. Das ist aber ein rein psychologisches Problem. Was die "Gründe" für die Finanzkrise betrifft, da haben sich schon viele dran versucht und jeder findet dabei sein privates Steckenpferdchen.

Verfasst: So Mai 09, 2010 12:37 pm
von KlBi
Thierse über das bedingungslose Grundeinkommen (2009)

http://www.youtube.com/watch?v=s9vpGsnjTSs

Es scheint weiter in Richtung bge zu gehen. Zumindest bringt Thierse die verschiedenen Richtungen der BGE-Bewegung zur Sprache. Sonst beschränkt man sich immer auf die Lieblingsfeinde, z.B. Milliardäre welche ihre Milliarden noch optimaler vermehren wollen und dazu das Grundeinkommen benötigen und blablabla. Der kleine Beitrag von Thierse überrascht mich etwas. Wenn man erstmal die "Volksfront" für Grundeinkommen, obendrein eine internationale, zu Kenntnis nimmt, bzw nehmen muß, sind weitere Schritte nicht so ganz ausgeschlossen.

Thierse spricht ansich auch nicht mehr direkt gegen ein Grundeinkommen sondern sagt einfach nur "es reicht nicht aus"!

Bravo! Bravo! Bravo! Wir wollen mehr, wir wollen alles! Kein Mensch behauptet, daß ein Grundeinkommen ausreicht um die vielfältigen privaten, kommunalen, nationalen, europäischen und globalen Probleme zu lösen.
Ein BGE wäre "nur" die Grundlage dafür, ein festes Fundamant, das davor bewahrt ins Bodenlose zu fallen; ein sicheres Mittel gegen die Massenpanik unserer Mittelschicht: sieh schlimmer kanns nicht werden, wenn du Pech hast. Für Nahrungsmittel und Wohnraum mußt du nicht bei freundlichgrinsenden Bürokraten betteln gehen, die dich verdonnern gebrauchte Puzzle zusammenzusetzen, damit du deinen Arbeitswillen zur Schau stellst.

Eine Vorgängerschrift aus dem Jahre 2008 lautete noch "Geld allein genügt nicht". Diese Schrift wird hier vorgestellt und auseinandergenommen:
http://www.bge-forum.de/viewtopic.php?f=40&t=289

Der Tenor war: Arme und Bedürftige sind Behinderte, die links und rechts von wohlmeinenden und gutverdienenden Sozialarbeitern durch die böse Welt getragen werden müssen. Und von solchen Sozialarbeitern, so war zu lesen, kann es angesichts der Massen von "Bedürftigen" gar nicht genug geben.

Heul, heul, schluchz! Die bösen bge-Fans denken ausschließlich an sich und wollen 10 Millionen Arme, d.h. Behinderte, völlig schutzlos den turbokatitalistischen Verhältnissen preisgeben.

Außerdem, so wurde den geplagten SPD-Genossen von der hochrangigen Grundwertekommission vorgepredigt, Arme können mit Geld gar nicht um gehen. Nur Reiche können das!

Kurzum, das Grundeinkommen, ob man nun dafür oder dagegen ist, trennt auf jedenfall Spreu von Weizen! So war es also 2008 in der SPD, bzw in der "Grundwertekommission".

Verfasst: Mo Mai 24, 2010 3:12 pm
von KlBi
"Mindestlohn statt Grundeinkommen", so lautet ein "Plädoyer für Pragmatismus" eines deef primasens

http://www.gefuehlskonserve.de/mindestl ... 42010.html

Das anti-bge-Opus ist von der Sorte "Eigentlich finde ich das BGE ganz ganz toll, aber laber laber". Es zeigt, daß den armen Gegnern langsam Luft und Munition ausgehen. Sie tarnen sich als große Freunde der Menschheit, speziell als Freunde hart arbeitender Menschen und schließlich auch als Freunde des Grundeinkommens:
"Man könnte die Überschrift des Artikels falsch verstehen und vermuten, ich sei ein Feind des Grundeinkommens. Das stimmt natürlich nicht, denn ich finde es sehr reizvoll. Allerdings glaube ich, wir sollten zwischen Utopien und realistischen gesellschaftlichen Verbesserungen unterscheiden."

deef primasens hält das Grundeinkommen für "utopisch", daher ist es nix. Bewiesen wird dies durch die "Gier" der Menschen. Dazu wird Erich Fromm bemüht: "Der Gierige wird immer Mangel leiden, da er nie genug bekommt, ganz gleich, wieviel er hat. Außerdem möchte er alles, was die andern haben, auch besitzen und sieht in ihnen seine Konkurrenten." Damit schrieb der Moralapostel Fromm 1966 gegen die damalige bundesdeutsche Fress-Welle an. Heute, angesichts der sich mehrenden Tafeln für Bedürftige, ist das wohl etwas daneben?

Interessant ist ferner, daß es dem wackeren Pragmatiker gar nicht etwa um "Mindestlohn" geht. Ihn wurmt die wachsende bge-Bewegung.
So kann man sich doch unabhängig von irgendwelchen bge-Utopisten für Mindestlohn einsetzen. Und völlig im Dunkeln bleibt auch, auf welche Weise "man" sich für den Mindestlohn "einsetzen" soll. Soll man sich dazu mit Benzin übergießen und vor dem Bundestag Selbstverbrennung begehen und warum muß das ausgerechnet ein BGE-fan sein?

Kurzum, es gibt überhaupt keinen Gegensatz zwischen Mindestlohn und Grundeinkommen.

Bezeichnend sind die Antworten dieses Prachtpragmatikers, der für sich mutmaßlich keinen "Mindestlohn" braucht. Er ruft uns, den depperten BGE-fans zu: "Also mal realistisch denken und den Leuten helfen, die hart arbeiten und dennoch nicht genug zum Leben haben. Denen hilft der Mindestlohn ganz gewaltig. Und er ist machbar."

Heul, heul, heul! Die Leute sollen weiterhin hart arbeiten. Und das karge Einkommen, welches derzeit aus zwei Teilen besteht (dem "Lohn" und der "Aufstockung") wird sich auch kaum ändern. Hier geht es nur darum, die staatliche Aufstockung zu streichen, indem der "Lohn" entsprechend steigt. Die Summe bleibt. Dafür hat der hart Arbeitende (oder auch sein Zuschauer) das geile Gefühl, daß er ohne staatliche Unterstützung im Schweiße seines Angesichtes schuftet.

Und Arbeitslose hätten nichts vom Mindestlohn so der pragmatische Fighter: "Der Arbeitslose bezieht ja jetzt schon Transfereinkommen, der braucht das bedingslose Grundeinkommen am allerwenigsten."

Summasummarum, ein recht trostloser "Pragmatismus" der Art:

Graue Socken für die Armen statt Grundeinkommen!


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Verfasst: So Nov 07, 2010 12:20 pm
von KlBi
Wahnsinn mit Methode
geschrieben am 29. Oktober 2010 von Spiegelfechter

http://www.spiegelfechter.com/wordpress ... it-methode
Am Montag stellt die CDU-Arbeitsgruppe “Solidarisches Bürgergeld” rund um den ehemaligen thüringischen Ministerpräsidenten Dieter Althaus der Parteispitze ihre große Vision vor: Hartz IV soll abgeschafft und durch ein Bürgergeld in Höhe von 600 Euro für jedermann ersetzt werden. Dies ist eine der vielen Versionen des “bedingungslosen Grundeinkommens”, das in Teilen von CDU, FDP und Grünen, aber auch in Teilen der Linken sehr beliebt ist. Dennoch ist wohl keine andere Vision derart umstritten wie das Grundeinkommen. Norbert Blüm nennt es “Wahnsinn mit Methode” und wer das Modell des Bürgergeldes konsequent zu Ende denkt, kann zu keinem anderen Ergebnis kommen.
Das Althaus-Modell
Wie sieht das Althaus-Modell konkret aus? Das Bürgergeld soll in Form einer negativen Einkommenssteuer berechnet werden. Wer keine sonstigen Einkünfte hat, der bekommt monatlich 600 Euro vom Finanzamt überwiesen, bei allen anderen wird die zu zahlende Einkommenssteuer um 600 Euro pro Monat reduziert. Wer weniger als 600 Euro Einkommenssteuer pro Monat zu zahlen hat, kriegt somit eine Netto-Erstattung. Wer jetzt denkt, er hätte mit dem Althaus-Modell wesentlich mehr Geld in der Tasche, täuscht sich jedoch unter Umständen. Zur Finanzierung soll nämlich unter anderem ein Einheitssteuersatz von 40% erhoben werden.
(...)

Die Arbeitgeber freuen sich
(...)
Kommentar dort abgegeben:

Neben den Phobien gegen Spinnen, den Islam, Gott und Teufel dürfte die Phobie gegen das bedingungslose Grundeinkommen die witzigste sein. Wie sich "Bürger" mit Händen und Füßen gegen eine Gesellschaft wehren, in der es heißt:

"Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seinen Bedürfnissen" (Karl Marx: googeln)

ist unglaublich. Noch unglaublicher, wenn dieser witzigen Phobie ausgerechnet "linke" (?) oder gar "Marxisten" verfallen sind. Nach deren Ansicht, muß die Menschheit weiterhin im Schweiße ihres Angesichtes schuften, egal für was (Rüstung), egal für wen (als Praktikant z.B. für linke Volksvertreter), egal unterwelchen Bedingungen (welche von den fetten Arge-Mitarbeitern diktiert werden). Seltsam! Seltsam!

In dem Artikel kommt eine merkwürdige "Religion" deutlich zum Ausdruck: Während für normale Menschen das Einkommen im Zentrum steht als Mittel seine meist profanen Bedürfnisse zu befriedigen, sind für manche "linke" (???), Löhne, Gehälter, Tantiemen, Diäten usw STRAFEN, welche die "Arbeitgeber" abführen müssen. Klar, wenn die Gesellschaft mittels ihres demokratischen Staates beschließt, künftig den Teil des Einkommens, der eh bei allen (inclusive den Gefangenen im Knast) für dasselbe ausgegeben wird, nämlich für essen, scheissen, trinken, kleiden und wohnen, zu automatisieren und dadurch der "Lohn" gesenkt wird, daß dann bei einigen die Kinnlade auf die Füße fällt. Und das schmerzt anscheinend: Ach Gottchen! Ach Gottchen! Und wer bestraft denn jetzt die Arbeitgeber? Und mehr noch, wer sind denn die "Arbeitgeber"? Völlig unterschlagen werden die Kommunen, die Länder, der Bund, Kirchen, Parteien, Gewerkschaften, diverse Vereine und schließlich "Genossenschaften" aller Art. Vergessen werden natürlich auch die Massen von Selbständigen, die "alleine" arbeiten oder ab und zu einen Kumpel um Mithilfe bitten. Abgesehen davon, daß unklar ist, warum "Arbeitgeber" überhaupt bestraft werden müssen (was haben sie verbrochen?) fragt es sich, warum müssen denn die eben genannten "bestraft" werden? Was soll dieser Unfug?

Verfasst: Fr Nov 19, 2010 4:46 am
von KlBi
Grundlagen des Staates: Bedürftigkeitskontrollen und Massenschikanen?
(Eine neuartige Staatstheorie aus dem "linken" Lager im Verzweiflungskampf gegen das BGE * Antwort an Professor Butterwegge)

Vorweg
Am 9.11.10, ein Tag nach der legendären Anhörung im Petitionsausschuss mit Susanne Wiest zum "Bedingungslosen Grundeinkommen", gab es eine erstaunlich gute ard-Sendung.
Grundeinkommen für alle: Ende des Sozialstaats

Ein netter Mensch hat das Wesentliche (z.B. die Gedichte rausgelassen) als dreiteiliges youtube-Video verarbeitet :
HR 2 │Grundeinkommen 1
HR 2 │Grundeinkommen 2 (Butterwegge)
HR 2 │Grundeinkommen 3

Moderator der Sendung ist Florian Schwinn. In der Sendung kommt im Wesentlichen nur ein bge-Gegner zu Worte (in der Radiosendung ab 32 Min 30 Sek.; Video Nr. 2). Ein Prof. Dr. Christoph Butterwegge wird interviewt. Er ist Politikwissenschaftler an der Universität Köln und Autor des Buches “Armut in einem reichen Land.” Wir verarbeiten das komplette Interview.

Das Interview und einige Anmerkungen
Moderator: In ihrem Buch gibt es mehrere Kapitel zum bedingungslosen Grundeinkommen, der Untertitel des ersten ist: “Weiterentwicklung oder Zerstörung des Sozialstaates ?”
Das war der Vorwurf den wir eben schon mal gehört haben. Wieso kann ein Grundeinkommen den Sozialstaat zerstören ? Ist es nicht eher “Sozialstaat für alle” ?

Butterwegge: Nein, ich fürchte [Panik!], daß ein solches bedingungsloses Grundeinkommen von den anderen Problemen, von der Finanzierung jetzt mal abgesehen, dazu führen würde, daß die Grundlage des Sozialstaates zerstört würde und das ist die Bedarfsgerechtigkeit, also Menschen die viel brauchen und wenig haben, auch stark zu unterstützen. Alle über einem Kamm zu schehren, also Sozialpolitik nach dem Gieskannenprinzip zu machen, kann es meines Erachtens nicht sein. Bei den meisten Modellen, auch bei denen die sie vorgestellt haben ist es ja so, daß vieles zerschlagen wird, was den Sozialstaat ausmacht. Das betrifft vom Kindergeld über das BAFöG bis hin zu den Sozialversicherungen und vor allem werden meistenteils die Arbeitgeber, die Unternehmer, und die Milliardäre wie Götz Werner entlastet, durch die Art der Finanzierung.
Also eine ganze neuartige Panikmache vor Gießkannen und Gleichmacherei, ausnahmsweise mal aus dem "linken" Lager. Der Professor hat auch ein neues Wort geschaffen "Bedarfsgerechtigkeit". Zwar berücksichtigt unser Staat bei seinen Steuereinnahmen bereits Einkommens- und Vermögensverhältnisse und kann dies via demokratischer Volksvertretung gegebenfalls noch optimieren, aber unsrem wackeren Professor reicht das nicht. Auch und besonders bei den Ausgaben sollen Einkommens- und Vermögensverhältnisse berücksichtigt werden. Nur wer "bedürftig" ist, soll unterstützt werden. Diese Bedarfsgerechtigkeit dient dem Wohle der "Armen". Sie sollen sich freuen, daß speziell nur sie mit der Gießkanne begossen werden und nicht etwa wohlhabende "Klassenfeinde". Und umgekehrt sollen sich diese "Klassenfeinde" mächtig ärgern, sie beteiligen sich zwar an der Finanzierung der ganzen Gießerei, bleiben selbst aber trocken. Zur Strafe!

Das Dumme an dieser "Gerechtigkeit" ist nun, daß über 10 Mio Bürger als "Hilfebedürftige" drangsaliert, schikaniert und bis zum Bett kontrolliert werden, denn sie müssen angekrochen kommen und ihre "Bedürftigkeit" nachweisen. Nicht einmal im Leben, sondern Monat für Monat, manchmal Jahr für Jahr, schleppen sie gesammelte Quittungen, Kontoauszüge, Mietverträge, Einkommensnachweise ihrer Angehörigen und sonstigen Krempel in tausende Verwaltungen, wobei sie und ihre Angehörigen nebenbei noch als Sozialschmarotzer oder gar als Kriminelle angesehen und mit der Rückzahlung aller bisherigen Leistungen bedroht werden. Ja schlimmer noch, ein Gutverdiener wird allenfalls aus Jux etwas beantragen, was ihm nicht zusteht. Wenn es abgelehnt wird, was macht das schon? Ganz anders bei den "Bedürftigen", die auf zusätzliche Mittel angewiesen sind. Wenn ihre Anträge zu spät entschieden oder gar abgelehnt werden, was dann?

Das Sein bestimmt das Bewußtsein*1). Schon um sich nicht des Betrugs verdächtig zu machen dürfen "Hilfebedürftige" nicht aufrechten Gangs in die Behörden, sie sollten arm und elend wirken, vor satten Bürokraten jammern und betteln. So erzeugt unsre Gesellschaft als Butterweggesche "Grundlage" eine Riesenarmee jammernder, bettelnder "Hilfebedürftiger".

Der Bedarf nach (steuerfinanzierten) Büchern wie “Armut in einem reichen Land” ist groß. Wer nicht arm ist, will doch wenigstens über Armut und Elend etwas lesen! Eine neuartige Form von Solidarität.
Daß speziell Herr Butterwegge sich vor den bge-Fans fürchten muß ist klar. Die bge-Fans, ob liberal oder links, ob Althaus, Werner, Wiest oder Kipping, sie alle wollen seine Existenzgrundlage zerstören.

Megaout für satte Politprofessoren ist „alle Verhältnisse umzuwerfen, in denen der Mensch ein erniedrigtes, geknechtetes, verlassenes, verächtliches Wesen ist“ *2). Es lebe die Bedarfsgerechtigkeit!
weiter Butterwegge: Götz Werner, beispielsweise, möchte zur Finanzierung dieses bedingungslosen Grundeinkommens alle Steuern abschaffen die er selber als sehr Reicher zahlen muß, nämlich Einkommenssteuer, Gewerbesteuer und die Körperschaftssteuer *** Unternehmen. Und das zeigt, glaube ich, daß die ganze Diskussion in eine falsche Richtung läuft.

Moderator: Also wenn er sich aber einen neuen Porsche kauft, was er als Anthroposoph wahrscheinlich nicht machen wird, dann zahlt er auch entsprechend mehr Luxussteuer, die er dann ja ***

Butterwegge: Ja, außer er geht eben beispielsweise nach New York, um der Gattin ein Brilliantring zu kaufen, was der jetzige Hartz IV Empfänger und dann Grundeinkommens Bezieher eben nicht kann. Er muß in seinem Stadtteil dann womöglich 50% Mehrwertsteuer auf die Waren zahlen, und deswegen sind das alles, für mich jedenfalls, falsche Versprechungen. Also da wird mit der Begründung „es ginge gerechter zu“ eine Gleichmacherei betrieben, allen das Gleiche zu geben, in Wirklichkeit läuft es darauf hinaus, auf eine starke Entlastung derjenigen, die am meisten haben und die eigentlich stärker herangezogen würden [werden müssen].
Herrn Butterwegges einzige Sorge, neben seinen Armutsbüchern, sind irgendwelche "Reichen", daß die blos nicht ungeschoren davon kommen. Man beachte auch das psycho"logische" Denken: Jemand will einen Porsche (in D) kaufen, stellt fest, daß darauf ja Luxussteuern liegen. Was für eine Gemeinheit! Aus Rache setzt er sich ins Flugzeug und kauft stattdessen einen Brilliantring in New York! Ätsch, den Staat beschissen! Steuern gespart! So kauft sicherlich Herr Butterwegge ein, nicht etwa, wie normale Menschen, was er braucht, sondern das, wo er am meisten spart. Der ideale Konsument also!
Ansonsten wird dieses Argument -ich kauf im Ausland, weil da dann ohne Mehrwertsteuer- gerne gegen das konsumsteuerfinanzierte BGE angeführt. Nun gehen aber die Konsumsteuerfritzen zurecht davon aus, daß alle bisherigen Steuern und Abgaben im Preis der Waren enthalten sind. Entfallen sie und werden durch eine Konsumsteuer ersetzt, ändert sich am Preis nichts. Wenn der Brillantring nach Einführung eines BGE in den USA billiger wäre, müßte er dies auch jetzt schon sein.
Weiter Butterwegge: Das gilt nicht für solche Modelle wie das der Linken beziehungsweise der Fraktion bei den Linken unter der Führung von Katja Kipping, die eben stärker durchaus die Wohlhabenden und Reichen besteuern wollen, aber ganz ganz viele Modell und vor allem die, das fürchte ich, die sich am Ende durchsetzen würden, also zum Beispiel das angeblich solidarische Bürgergeld von Dieter Althaus und der entsprechenden CDU Kommission, das wäre gerade unsolidarisch.
Wir "fürchten" ebenfalls, das linke "Modell" hat wenig Zukunft, nicht nur weil es relativ unwahrscheinlich ist, daß die Genossin Kipping die Genossin Merkel ablösen wird, vor allem schimmert immer ein Stück Butterwegge durch das "emanzipatorische" Gerede. Dieses "linke" Modell erscheint meist als Mittel zum Zweck. "Arme" und "Bedürftige" stehen nicht im Mittelpunkt. Es geht darum mittels BGE "Reiche" ordentlich zu quälen. Was heute anscheinend nicht geht, das schöne BGE solls dann richten: eine "gerechte" Verteilung des ganzen Zasters.

Die Verteilungsfrage muß bei einem BGE aber gar nicht gelöst werden: Politik hört mit der Einführung eines BGE nämlich nicht auf. Parteien werden sich nicht auflösen und auch von der Abwicklung der Volksvertretung kann keine Rede sein. Es ist also auch auf Grundlage eines BGE möglich die Verteilungsfrage weiter zu beackern.

Und das ganze mit dem "vorher" und "nachher" ist eh Augenauswischerei, schon nach 10 Jahren, weiß keine Sau mehr, ob es Milliardären oder Wohlhabenden "vorher" besser oder schlechter ging. Das weiß man nur von den "Armen", die es dann so nicht mehr gibt. Nichtzuletzt muß man nicht dem Wahn verfallen, daß die heutige Generation etwas schafft was ewig gilt. In zehn Jahren sind die heutigen Kinder Erwachsene und wohlmöglich werden sie sagen: Was interessiert uns das Geschwätz von vorgestern?

Zu erwarten ist, daß mit einem BGE ausgestattet viel weniger Leute existenzielle Probleme haben und ihnen diese Verteilungspsychose, die mittlerweile an einen religiösen Wahn erinnert, vollkommen am Arsch vorbeigeht. Genau davor fürchten sich viele. Mit der "Armut" als Forschungsobjekt und Kulturinhalt geht dann auch die "revolutionäre Reservearmee" flöten.
Moderator: Gut, das haben wir ja eben schon gehört, wenn wir genau aufgepasst haben, wer 600.- Euro kriegt und dann noch 200.- Euro ***

Butterwegge: Genau ! Das ist weniger, im Grunde, als Hartz IV und gleichzeitig wird alles abgeschafft was den Sozialstaat ausmacht, nämlich das was Arbeitslosenversicherung, das was Unfallversicherung , was Rentenversicherung beinhaltet, nämlich auch Lebensstandardsicherung und ich bin, was Herr Schneiders Ergebnisse angeht, sehr sehr skeptisch, daß sie wirklich zutreffen.
Der letzte Strohhalm, an dem sich Butterwegge und wenige andere halten. Panikmache! Es wird hier kein Sozialstaat abgeschafft, daher ist der Titel der Sendung (das Ende des Sozialstaats) auch etwas irreführend: Vielmehr konzentriert sich der Sozialstaat wieder auf die "wirklichen" sozialen (Un-)Fälle. Mittel für Mehraufwand für Bürger, die nicht klar kommen, sind auch in einer bge-Gesellschaft möglich, nur muß der Bedarf nach zusätzlichen Mitteln, genau wie heute, nachgewiesen, beantragt und nach üblichen Gesetzen bewilligt werden. Es geht hier also "nur" darum, die Anzahl der "Hilfebedürftigen" und der Antragsteller von heute 10-20 Mio entsprechend zu verringern.
Heute belagern Millionen "Hilfebedürftige" sämtliche sozialen Einrichtungen inclusive Gesundheitswesen, nicht selten ein Gebrechen vortäuschend. Die "wirklich" Hilfebedürftigen bleiben dabei vollkommen auf der Strecke. Soziale Einrichtungen wie Jugendamt, Resozialisierung, Frauenhaus, Therapieplatz, Pflegefall, sie alle sind primär mit der nackten Existenz, Essen und Wohnen ihrer "Kunden" beschäftigt. Durch ein Grundeinkommen würde das wegfallen. Die Anzahl der "Hilflosen" näme rapide ab und das Sozialpersonal könnte sich auf Aufgaben konzentrieren, für das es eigentlich ausgebildet wurde. Um das einzusehen, reicht ein Blick in gute alte Zeiten:
40 Jahre Sozialhilfe in Deutschland
„Sozialhilfequote mehr als verdreifacht. Die Zahl der Sozialhilfeempfänger in Deutschland ist seit In-Kraft-Treten des Bundessozialhilfegesetzes von 0,58 Mill. (im früheren Bundesgebiet) am Jahresende 1963 auf 2,76 Mill. Personen Ende 2002 gestiegen.“

So sieht also das "Ende des Sozialstaates" aus und Herr Butterwegge wird wohl mit seinem Strohhalm jämmerlich ersaufen.
weiter Butterwegge: Wenn man auf eine Betriebsversammlung bei Opel oder bei BMW gehen würde, ich kann mir nun wirklich nicht vorstellen, daß die dort hart Arbeitenden ein bedingungsloses Grundeinkommen für ihre Perspektive ansehen würden, und ich bin der Auffassung, daß vor allem die Unternehmer profitieren würden.
Die durch Kurzarbeit und Auto-"Zwangskonsum" (Abwrackprämien) subventionierten Opelarbeiter sind bestimmt maßgeblich!
Immerhin wird hier aber klammheimlich zugegeben, daß durchaus "alle" von einem BGE "profitieren". Das (psychologische) Problem für Professor Butterwegge ist nur, daß vor allem die "Unternehmer" profitieren. Das nervt ihn.
Im Übrigen dürfte sich allmählich herumgesprochen haben, daß viele Steuern (und andere Abgaben), mit denen "Unternehmer" ordentlich gequält werden (sollen), nicht ihren Taschen entnommen werden, sondern den Taschen der Endverbraucher. Aus der Sicht des Unternehmers sind seine "eigenen" Arbeitgeberanteile, sowie Löhne, Gehälter, Lohn- und Kirchensteuern des Arbeitnehmers gesamte Personalkosten, ähnlich wie Kosten für Material und Verpackung. Alle Kosten zusammen bestimmen den Preis zu dem die Ware oder Dienstleistung angeboten werden kann. Wird irgend etwas billiger oder fällt gar weg, bedeutet das nicht zwangsläufig, daß die "Unternehmertaschen" praller werden. Eventuell sinkt ja der Preis? Wenn man den "Unternehmer" unbedingt quälen will, was nicht jedermanns Hauptanliegen sein muß, dann wird man sich an seinem Gewinn (auch hier ist zu beachten, daß ein Teil davon u.a. zur "Reproduktion" des Unternehmens verwendet wird) vergreifen, d.h. das Einkommen entsprechend besteuern. Dabei ist auch wieder zu beachten, daß so ein "Unternehmer", z. B. aus dem "Mittelstand", sein Einkommen mit dem Durchschnittseinkommen vergleicht. Wenn sein Einkommen wesentlich niedriger ist als bei einem Grundschullehrer, überlegt so jemand sich vielleicht, ob er nicht besser Grundschullehrer werden will. Übersteigt sein Einkommen dagegen wesentlich das Einkommen eines Politprofessors, kommen eventuell einige Grundschullehrer auf eine "gute Idee": Ausgestattet mit einem BGE gründen sie eine Genossenschaft und unterbieten diesen Unternehmer*3). Also wo Problem?
weiter Butterwegge: Ich teile allerdings Herrn Schneiders Einschätzung, daß vielleicht sogar mehr gearbeitet würde, aber das würde damit zusammenhängen, daß es so eine art Kombilohn für alle wäre, denn mit 800.- Euro oder mit 1000.- Euro kann man, wenn die Mehrwertsteuer entsprechend erhöht würde, beispielsweise kaum überleben und man wäre gezwungen auch Arbeit anzunehmen die schlecht entlohnt ist und vielleicht sogar schlechter entlohnt ist, als das jetzt der Fall ist.
Aus den Worten "Zwang" und "Müssen" schlüpfen uns nun angekettete wohlmöglich "erniedrigte" Menschen entgegen. Mit einem geringen (800 oder 1000 Euro Anfangs-) bge, "muß" man sich etwas dazuverdienen. Daraus schlußfolgert Herr Butterwegge, daß die Menschen viel mehr schuften müssen, als heute ohne irgendwelche Mittel. Wie er und andere darauf kommen weiß man nicht.
Butterwegge hat hier wieder nur die Unternehmertaschen im Auge, aus denen fließen wohlmöglich weniger Gelder für "Löhne". Gewöhnliche Menschen orientieren sich jedoch an ihren Gesamteinnahmen. Und das bge läßt sich so realisieren daß gilt:
Eneu = (Ealt - bge) + bge
Also auch nur dümmliche Panikmache. Der heutige Kombilohn ist fragwürdig, weil er nur dort gezahlt wird, wo er beantragt und bewilligt wird. Er verzerrt den Wettbewerb. Heute können sich einige, die den Dreh raushaben ihre Taschen füllen. Ein BGE würde jedoch alle "Arbeitgeber"*4) gleichmäßig betreffen (weshalb Personalkostenverringerung zu geringeren Preisen führt). Nichtsdestotrotz bleibt auch hier der "Sozialstaat" erhalten: trotz BGE ist es möglich, daß z.B. Mittel für die Einrichtung von Arbeitsplätzen für Behinderte fließen.
Moderator: Aber geht Grundeinkommen nicht auch ohne diese radikale Steuerreform, rein als Ersatz für den bisherigen Sozialstaat mit seiner ganzen Umverteilungs- und Kontrollbürokratie, also Hartz IV ***

Butterwegge: JA DAS IST AUCH SO EINE ILLUSION, die die Befürworter dieses bedingungslosen Grundeinkommens haben. . .
und das was Herr Schneider auch sagte „weniger Bürokratie“, natürlich bleibt die Kontrollbürokratie erhalten, nur daß sie auf die Finanzämter übergeht, denn natürlich würden die sehr sehr viel stärker als bisher gucken müssen, sind andere Einkommensquellen da, denn es gibt zwei Alternativen beim Grundeinkommen.
Sinnfreies Panikgeschrei, da die Finanzämter auch heute existieren. Eigentlich geht es um Schwarz- und Schattenwirtschaft, die auch nicht erst mit dem BGE auftritt. Kein Mensch behauptet, daß mit einem BGE sämtliche staatlichen Organe, etwa auch Polizei, verschwinden.

"Alternative" Nr. 1:
weiter Butterwegge: Entweder es ist wirklich bedingungslos, dann muß Götz Werner es genauso wie Christoph Butterwegge genauso wie die jetzigen Hartz IV Bezieher bekommen. Und zwar in gleicher Höhe.
Vermutlich glaubt Butterwegge durch lärmendes breittreten, was das BGE "wirklich" bedeutet, nämlich: REICHE KRIEGEN ES AUCH!!! würden einige Hörer nun doch entsetzt aufgeschreckt. Die "jetzigen Hartz IV Bezieher" sind auch keine besondere Tierrasse, die es später in der bge-Gesellschaft, etwa als "Vergleichsmaßstab" auch noch gibt. (Bürger, die überhaupt keine Mittel erhalten und sogar ohne Obdach sind, hat der Armutsfachmann anscheinend völlig vergessen). Die "Gleichmacherei" besteht ja gerade darin, daß ausnahmslos jeder Bürger zum "Aufstocker" wird. Herr Ackermann, genauso die berüchtigte Lidleverkäuferin, ja selbst kleine Kinder: wenn die Oma was verschenkt, wird es nicht wie heute bei Hass4-Kindern, wieder abgezogen.

Und die "Alternative" Nr. 2
weiter Butterwegge: Oder aber man zieht es den Wohlhabenden und Reichen am Ende bei der Steuer wieder ab. So, und wenn man das tut, dann bedeutet das, daß das Finanzamt wieder gucken muß, wo sind Einkommensquellen neben diesem Grundeinkommen und ich bin fest davon überzeugt, daß die Finanzämter auch nicht viel freundlicher als die ARGEn zu denjenigen sind, denen sie möglicherweise unterstellen, nebenher, schwarz oder wie auch immer zu arbeiten und andere Einkommensquellen zu haben.
Ebenfalls dummes Zeug! In seiner Not sorgt Butterwegge jetzt sogar noch unter Gutverdienern für Panik: die Finanzbeamten werden unfreundlich! Ah Gottchen!
Wie auch heute schon können in einer bge-Gesellschaft die Gesamteinnahmen eines Bürgers nach einer profanen Steuertabelle berechnet werden. Was soll also das Geschwätz mit dem Wiederabziehen? Auch heute wird Wohlhabenden, Gutverdienern und Reichen via Steuern das Kindergeld wieder abgezogen, ja sie zahlen mit "ihren" Steuern auch noch das Gehalt für Politprofessoren und dürfen sich ihr Geschwätz im Radio anhören! Das Wesen der Sache hat Herr Butterwegge jedenfalls nicht verstanden: Gutverdiener haben vielleicht keine finanziellen Vorteile (am Anfang des Interviews aber sie "vor allem"). Für sie besteht der Vorteil in zwei Einnahmequellen. Wenn sie plötzlich mal keinen Bock mehr auf ihre Erwerbsarbeit haben, so haben sie immer noch das BGE. Das läuft immer und wird z.B. dann auch nicht mit angespartem Vermögen verrechnet, wie heute, wenn so jemand erwerbslos wird, darf er erstmal sein Häuschen verfrühstücken, ehe er sich bei der Arge zum Einsatz für einen duselligen 1Euro-Job melden kann.

Butterwegges allerletzte Hoffnung, von der er ganz fest überzeugt ist (wir sehen buchstäblich seine Hand den Strohhalm umklammern), daß die Finanzämter tierisch unfreundlich werden, zeigt, daß er offenkundig die reale Welt noch nicht richtig erfaßt hat. An den Argen und vielen anderen Ämtern stört nicht die "Unfreundlichkeit", sondern, daß man als mittelloser Antragsteller eventuell leer ausgeht und dann seine Nahrungsmittel in Mülltonnen suchen darf. Wir brauchen also jetzt kein Gesetz, wonach Bürokraten uns Bürger freundlich umarmen und Küsschen geben!
Moderator: Und wenn man das, wie es auch schon mal vorgeschlagen worden ist, es einfach als negative Einkommenssteuer macht ?
PS: Der Moderator hat sich bemerkenswerter Weise vorher schlau gemacht. Gegen unseren Professor kann er aber kaum anstinken:
Butterwegge: Ja, das hat die CDU Kommission bei Dieter Althaus auch vorgeschlagen. Man hat dann sofort das Problem, daß die Einkommenststeuer nicht mehr progressiv ist, sondern daß alle den gleichen Satz zahlen. Bei der CDU sind das 40% und der Arme zahlt genauso 40% wie der Reiche.
Natürlich nicht so ganz richtig, da die "Armen" erst ab einem bestimmten Einkommen (Einkommens)steuern zahlen sollen. Und schließlich kann man auch, wenn es denn sein müßte, einfach eine "progressive" Steuer vorschlagen und muß nicht das BGE ablehnen. Die Art der Steuern, hat mit dem BGE eigentlich überhaupt nichts zu tun.

Nun endlich die Visionen des Politprofessors. Nicht mehr "Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seinen Bedürfnissen"*5) ist das (linke) Ziel sondern:
Weiter Butterwegge: Ich wäre dafür, eine solidarische Bürgerversicherung einzuführen, in die alle einzahlen, auch die großen Vermögen, daß Kapitaleinkünfte verbeitragt werden müssen, und daß eben auf dieser Basis, was den Sozialstaat natürlich sofort auf ein ganz anderes finanzielles Fundament setzen soll, daß auf dieser Basis dann eine soziale Grundsicherung, bedarfsorientiert, armutsfest und insofern dann auch repressionsfrei eingeführt würde, daß eben diese Kontrollen wie sie in der tat bei Hartz IV sind, die kritisiert Götz Werner auch völlig zu Recht indem er sagt, das sei „offener Strafvollzug“ , das teile ich, diese Kritik an Hartz IV, also Hartz IV ist in der Tat ein ganz falscher Ansatz,
Also alte Latschen für eingeschlafene Füße und ein Glas kaltes Wasser dazu. Alles wird wie es bleibt: Die "Armen" dürfen weiterhin ihre Bedürftigkeit nachweisen und erhalten vielleicht Begrüßungsküsschen. Davon, daß die grundgesetzwidrigen Sanktionen als erstes wegfallen (ein Schritt zum BGE) keine Spur. Erst einmal große Vermögen und Kapitaleinkünfte "verbeitragen", was immer das bedeuten möge.
Kritik an der Gesellschaft ist natürlich erlaubt, denn sonst könnte Butterwegge seine Armutsschwarten nicht verhökern.
Weiter Butterwegge: aber zu glauben, aufgrund dieses Flickwerks der Reformen der letzten Jahre müsse man sich nun des Sozialstaates ganz entledigen und an dessen Stelle den Stein der Weisen setzen, nämlich ein bedingungsloses Grundeinkommen, das halte ich für einen falschen Weg, das ist eine Illusion und das würde wahrscheinlich bei den meisten auch hinterher zu einem sehr bösen Erwachen führen.
Wie oben skizziert, steht es jedem frei ein BGE mit Sozialstaat zu entwickeln. Ansich wollen bge-Fans sich keines Sozialstaates ganz entledigen.
Moderator: Also, Sie sprechen für die solidarische Bürgerversicherung, aber dann bleibt die ganze Verwaltung (in Anführungsstrichen), die Sozialstaatsverwaltung, die Bürokratie erhalten ***

Butterwegge: JA, DIE BRAUCHT MAN, weil natürlich kann man, also wenn ich zum Beispiel einführe daß alle Bürger 1000.- Euro Steuern zahlen, dann habe ich keine Verwaltung mehr, oder fast keine. Aber dann habe ich eben noch sehr [1] sehr [2] viel größere Ungerechtigkeiten noch als gegenwärtig.
Ich bin nicht der Meinung, daß dieser Sozialstaat ein Idealstaat ist, aber ich bin der Meinung der muß verbessert, der muß ausgebaut werden, in Richtung einer solidarischen Bürgerversicherung, eben auch Freiberufler, Selbstständige, Beamte, einbeziehen, also alle die Einkommen haben und die vor allem große Einkommen haben, die müssten natürlich mitfinanzieren den Sozialstaat, aber eine gewisse Sozialbürokratie brauchen man,
Wieso eine bge-Gesellschaft ohne Kindergeldkassen, Bafög- oder Wohngeldämter und vor allem ohne Arbeitsagenturen noch sehr sehr viel ungerechter wäre als heute, kann uns Butterwegge nur mit sehr sehr vielen "sehr"s vermitteln. Auf Diskussionen über "Gerechtigkeit" muß man sich nicht lange einlassen. Mit seiner "Bedarfsgerechtigkeit" hat Butterwegge sich selbst an absurdum geführt.

und noch ein "Schein"-Gegenargument. . .
Weiter Butterwegge: und im Übrigen ist die Bürokratie mal eingeführt worden, weil sie eben anonym und auch gerecht das Geld, was die Einen zahlen, verteilen soll. Wenn man es den recihen selber überließe, zum Beispiel durch Almosen, durch Spenden, durch Stiftungen dafür zu sorgen, daß Not und Elend beseitigt würden, würde es wahrscheinlich nie passieren. Insofern braucht man eine Sozialbürokratie, die allerdings, natürlich auch immer mit sich bringt, daß es negative Erscheinungen gibt, daß er Kritk an ihr gibt, die berechtigt ist, und trotzdem glaube ich, wir brauchen den Sozialstaat.
Kein bge-Fan hat jemals behauptet, daß die Bürokratie vollständig beseitig und daß "Arme" (die es in einer bge-Gesellschaft so gar nicht mehr gibt) künftig bei Millionären betteln gehen sollen, daher erübrigt sich hier ein weiterer Kommentar.

Insgesamt macht Herr Butterwegge einen äußerst konservativen Eindruck. Gegen ihn sind manche CDU-Genossen wahrliche Revolutionäre! Wir empfehlen ihm ein warmes Plätzchen in der Grundwerte-Kommission der SPD. Dort sammelt man alles, was gegen das Grundeinkommen sprechen könnte, auch wenn es noch so dümmlich ist, wie z.B. "Arme können mit Geld nicht umgehen". Über die Butterweggesche Bedarfsgerechtigkeit wird man sich gewiss freuen.
Ansonsten Genossen, wenn das bismarcksche Sozialsystem so geil ist, laßt doch ein paar große Bismarckbüsten aus solider Bronze anfertigen!

_____
*1) Karl Marx, 1858/1859, MEW Bd 13 ➞ Zur Kritik der Politischen Ökonomie; Vorwort. Im Abschnitt auf Seite 8/9 beschreibt Marx allgemein (d.h. vom Gesellschaftssystem unabhängig) den Zusammenhang zwischen "ökonomischer" Grundlage und "ideologischem" Überbau. Sehr lesenswert! Dort ist u. a. zu finden: „Es ist nicht das Bewußtsein der Menschen, das ihr Sein, sondern umgekehrt ihr gesellschaftliches Sein, das ihr Bewußtsein bestimmt.“ Dort findet man auch den Gedanken wieder, den Sascha Liebermann von "Freiheit statt Vollbeschäftigung" öfter äußert, nämlich dem Sinne nach, daß das BGE eine "Befreiung der Produktivkräfte von Produktionsfesseln" darstellt ➞ energie-der-sterne.de (Das Grundeinkommen)

*2) Karl Marx, 1843/1844, MEW Bd 1 ➞ Zur Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie, Seite 385
Es ist bemerkenswert, wo und wer alles diesen Satz von Karl Marx verwendet (google: den Satz oder Teile davon eingeben).

*3) Wir bringen "Genossenschaften" oder allgemein "alternative" Arbeits- und Lebensformen ins Spiel. Man idealisiert immer die Verhältnisse in denen man lebt, so kommt es daß faktisch nur der "Single"-Bürger im Blickpunkt auch vieler bge-Fans steht. Ein Grundeinkommen wirkt aber "gruppenbildend", es gibt nämlich keine "Bedarfsgemeinschaft"-Regelung. Bei einem BGE von 800 Euro würden 10 Leute über 8.000 Euro verfügen. Auch heute gibt es neben dem klassischen Unternehmer Genossenschaften.

*4) Allgemein steht das Wort "Arbeitgeber" u. a. auch für Kommunen, Länder, Bund, Gewerkschaften, Genossenschaften, Kollektive, Kolchosen, Kirchen, Parteien, Vereine und sonstige Organisationen. Es ist klar, daß diese "Arbeitgeber" von Gehalts- und Lohnsenkungen, verursucht durch ein BGE, "profitieren".

*5) Karl Marx, 1875, MEW Bd 19 ➞ Kritik des Gothaer Programms Seite 21. Heutige "Marxisten" und "Kommunisten" verstehen den Abschnitt: “In einer höheren Phase der kommunistischen Gesellschaft. . . immer so, daß "man" erst einen dubiosen "Kommunismus" schaffen muß, ehe gilt "Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seinen Bedürfnissen!" Daher können sie mit dem BGE nichts anfangen. Man kann es aber auch umgekehrt sehen: Wenn in der (Welt-)Gesellschaft, "Jeder nach seinen Fähigkeiten..." lebt, ist sie eben "kommunistisch".

Verfasst: Mi Dez 01, 2010 4:18 am
von KlBi
Gegen das BGE hilft nur noch Kapitalismus pur!

Hier geht es um einen Vortrag, den Daniel Kreutz bei einem Treffen der ver.di-Linken NRW in Düsseldorf gehalten hat. Der Vortrag wurde Anfang des Jahres ins Netz gestellt:
Online-Flyer Nr. 237 vom 17.02.2010
Online-Flyer Nr. 238 vom 24.02.2010

Dieser Vortrag ist ziemlich lang, wir können ihn daher nicht komplett verarbeiten.
Die Frage, die Kreutz anschneidet, ob der Sozialstaat durch ein Grundeinkommen ersetzt wird, wurde schon in anderen Artikeln (z.B. Butterwegge) erörtert. Hier zur Wiederholung ein paar Bemerkungen.
Bis auf "Armut" bleiben auch bei einem BGE alle möglichen sozialen Probleme und Einrichtungen (Kriminalität, Resozialisierung, Frauenhäuser, Drogentherapieplätze usw usf). Die sozialen Einrichtungen werden nicht "ersetzt", sondern sie schrumpfen1). Die Betreuung der betroffenen Menschen kann in dreifacher Hinsicht verbessert werden: a) es sind dann viel weniger "bedürftig", b) die Einrichtungen müssen sich nicht mehr -wie heute- primär um die nackte Existenz ihrer "Kunden" sorgen und können das "eigentliche" Problem angehen und c) die noch verbleibenden Sozialsysteme können sich stärker als heute auf ehrenamtliche und engagierte Bürger stützen.

Auf zwei eher witzige Aspekte wollen wir hier genauer eingehen. Es geht, wie in der Überschrift angekündigt, um Kapitalismus. Allerdings soll er nicht überwunden und die "Klassen" aufgehoben werden. Es geht vielmehr um eine Rückführung unserer Gesellschaft ins Jahr 1848. Blos wie? Der Kapitalismus war einmal eine "Klassengesellschaft" daher brauchen wir erstmal etwas "Klassenkampf":

1. Keine "Volksfront" mit gefürchteten Klassenfeinden!
Im Abschnitt „Lagerübergreifendes“ Debattenspektrum will uns Kreutz erzählen, daß "Linke" immer unter sich bleiben (müssen). Sie haben zwar (aus ihrer Sicht) die besseren Argumente, aber sie können und dürfen nur sich selbst gegenseitig überzeugen. Den "Klassenfeind" mit friedlichen Mitteln überzeugen ist wider die Natur. Wenn nun dieser Feind Konzepte aus der Linken übernimmt, wie beispielsweise dieses Grundeinkommen2), dann ist Alarmstufe Rot: Alles in die Luftschutzbunker. Rette sich wer kann! Und die Linken müssen nun ihr Vorhaben aufgeben und mit Commandante Che Daniel Kreutz gemeinsam gegen dasselbe Vorhaben bei den Feinden "kämpfen". Also die altbekannte "revolutionäre" Methode, die wir (d.h. die älteren) schon aus den 70ern kennen: Links ist da wo der Daumen rechts ist! Wir fordern prinzipiell das Gegenteil von dem was unsre Feinde wollen. Und diese Methode ist besonders angesagt, wenn die Feinde gefürchtet sind:
(...) man trifft da auch auf den gefürchteten Ski-Rennfahrer Dieter Althaus von der CDU mit seinem Konzept eines sogenannten „Solidarischen Bürgergelds“, oder auf Thomas Straubhaar, den Chef des Hamburgischen Weltwirtschaftsinstituts, der als einer der Falken des Neoliberalismus in Deutschland bekannt ist.
Gerüchte als Geschmacksverstärker dürfen nicht fehlen. . .
Man stößt auf Leute aus dem von den Metall-Arbeitgebern finanzierten neoliberalen Think Tank der „Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft“.
Offenbar sind hier geheime Mächte am Werk. Offiziell findet man immer noch:
http://www.insm.de/insm/Themen/Soziales ... ommen.html

Dies alles ist nur die Spitze des Eisberges:
Und vor allem auf einen, der so was wie das öffentliche Gesicht der bGE-Diskussion in Deutschland ist: den ehemaligen Drogeriemarktkönig und Milliardär Götz Werner, der mit dem bGE sämtliche Einkommens- und Kapitalsteuern abschaffen will, um nicht nur das bGE, sondern den gesamten Staatsaufwand über eine Mehrwertsteuer von 50 % zu bezahlen (siehe NRhZ 89). .
Angeführt wird der Horror also von einem unersättlichen Milliardär! Mampf! Mampf! Noch Fragen?

Das ist also die böse BGE-Truppe. Kreutz nennt sie nicht die "Liberalen", sondern die "Rechten". Linksliberale, Sozialliberale oder liberale Linke gehören schon mal nicht dazu. Was nicht links ist, ist rechts, so die leicht einprägsame Formel. Was ist nun der Unterschied zwischen dem bösen und dem guten BGE?
Je nachdem, wie man sich in diesen Fragen positioniert, kann man zu Ergebnissen kommen, die sich materiell auf, unter oder über dem Niveau von Hartz IV bewegen, und die entweder den sozialrechtlichen Arbeitszwang durch einen verschärften materiellen Zwang ersetzen, oder die gleichsam ein Recht auf gesicherte Nichterwerbstätigkeit [Faulheit] begründen sollen.
Aha! Beim bösen BGE haben wir es mit verschärften materiellen Zwang (zur Arbeit) zu tun und beim guten, für Gewerkschaftler noch schlimmer, mit dem Recht auf gesicherte Nichterwerbstätigkeit.

Das Recht auch ohne Erwerbsarbeit zu existieren ist nur ein "Recht". Jeder Bürger hat z.B. das Recht auf einem Bein durch die Stadt zu hüpfen. Ob und in welchem Umfang Bürger von diesem Recht Gebrauch machen ist eine andere Frage.

Wenn überhaupt, sollte man alle möglichen Arbeits- und Lebenssituationen zugrunde legen und danach das böse und das gute BGE "beurteilen": Was ist mit Menschen, die gerne arbeiten, was mit solchen, die gerne Geld verdienen. Was ist mit Kindern, Schülern, Studenten, was bei "Bedarfsgemeinschaften" oder Familien. Zudem durchläuft jeder Mensch im Laufe seines Lebens verschiede Daseinsweisen, für die das BGE dann verschiedene Funktionen erfüllt.

Ist nun das böse und das gute BGE irgendwie vereinbar? Natürlich nicht! Das Böse möchte nämlich den "Arbeitgeber"3) entlasten, ihn von bürokratischen Fesseln und von der Verantwortung für seine "Arbeitnehmer" befreien. Das Gute dagegen hat (angeblich nur) die Arbeitnehmer im Auge. Bei ihnen ebenfalls Befreiung von diversen Fesseln, und Kreutz weiß nun genau:
Natürlich ist der linke Flügel der Gemeinde strikt gegen die Vorstellungen der Rechten und umgekehrt.
Als BGE-fan nimmt man jedoch beides in Kauf. Als "Linker" sagt man nicht: ja die Arbeitnehmer sollen frei sein und auf den Tischen tanzen und quasi als Ausgleich wird nun der Arbeitgeber auf seinen Chefsessel gefesselt und muß dasitzen und zugucken. Und umgekehrt nehmen die Liberalen mit der Freiheit des Unternehmertums auch die Freiheit der Arbeitnehmer in Kauf. Wozu also diesen Gegensatz konstruieren, der keiner ist. Vorstellungen spielen ohnehin keine so maßgebliche Rolle. In Götz Werners Vorstellungen dreht sich obendrein fast alles um den schaffenden Menschen und seine Autonomie. Hier ein aktueller Artikel von Götz Werner: Jeder Mensch braucht ein Grundeinkommen

Das Fazit dieses selbstkonstruierten "Klassengegensatzes" liest sich dann so:
Meine Diagnose ist: sollte die Idee tatsächlich politikmächtig werden, sollte es reale politische Schritte in Richtung auf ein bGE geben, dann würde sehr schnell deutlich, dass die Neoliberalen da die harten Fakten setzen, während die Linken bloß die Illusionen beisteuern, die für’s öffentliche Marketing nützlich sind.
Die alte Leier also: das Böse ist schlau, setzt Fakten und berechnet. Das Gute ist dumm, träumt und trabt dem Bösen hinterher. Schlürf! Schlürf!

2. Zurück zum wahren Kapitalismus
Unter der Überschrift "bGE und Lohnsystem" werden wir belehrt darüber wie es in unserer Gesellschaft zu sein hat. Wir finden folgende bemerkenswerte Aussage:
Die Verfassungsbestimmung entspricht der Erkenntnis der ökonomischen Theorie [des Kapitalismus im 19. Jhd.], dass der Wert, der Tauschwert der Ware Arbeitskraft sich wie der Wert von Waren schlechthin an ihren Produktions- und Reproduktionskosten orientiert. Deshalb soll auch der Lohn, der Preis der Ware Arbeitskraft, grundsätzlich ihren Reproduktionskosten entsprechen. Bei den Löhnen werden diese Kosten mitbestimmt durch das vorherrschende Wohlstandsniveau. Es geht um Teilhabelöhne, wenn man so will. Was als Berücksichtigung von Qualifikation, Leistung, Erfahrung in die Lohnbildung eingeht, baut gleichsam auf der Existenzsicherungsfunktion auf.
und dazu passend:
Wir streiten heute für einen ausreichenden gesetzlichen Mindestlohn, weil wir verhindern wollen, dass sich Arbeitgeber aus ihrer Verpflichtung zu mindestens existenzsichernder Entlohnung abseilen und sich ihre Armutslöhne zu Lasten der Allgemeinheit über Hartz IV aufstocken lassen.
Hier wird uns also allen Ernstes die alte kapitalistische Produktionsweise, wie sie u. a. Karl Marx im Kapital beschrieben hat, als das einzig wahre Zukunftsmodell gepriesen: Jeder "Arbeitgeber" soll voll verantwortlich für "seine" Arbeitnehmer sein. Und umgekehrt soll der Arbeitnehmer auf Gedeih und Verderb von "seinem" Patron abhängen.
Ein solcher Arbeitgeber entspricht einem Fabrikbesitzer von 1848, der Menschen beschäftigte, die nichts anderes besaßen als ihre Arbeitskraft und die daher a) für den Fabrikbesitzer arbeiten mußten und b) einen Lohn benötigten, der mindestens zur ihrer Existenz und übrigens auch zur Existenz ihrer Familie reichte. Dieses kapitalistische System konnte nur funktionieren, wenn die "Proletarier" nicht noch nebenbei z.B. Land besaßen. Und so ähnlich, wie die Landbevölkerung im vorvorherigen Jahrhundert landlos gemacht wurde4), so schlägt uns Genosse Kreutz vor, die Bürger von heute in besitzlose Lohnsklaven zurückzuverwandeln, weil es seiner Ansicht nach ein ewiges ökonomisches Gesetz gibt, wonach "der Tauschwert der Ware Arbeitskraft sich wie der Wert von Waren schlechthin an ihren Produktions- und Reproduktionskosten orientiert." Und diesen "Tauschwert" hat (nur) der "Arbeitgeber" zu zahlen. Falscher Film?

Dieses Hirngespinst ist nur aus dem Wahn abgeleitet, wonach wir heute im "Kapitalismus" leben. Wir leben im Kapitalismus, also gucke ich im Kapital von Marx nach, wie er funktioniert und genau so muß es heute sein.

Bemerkenswert ist, daß es in der Geschichte der Arbeiterbewegung und in den Klassenkämpfen vergangener Epochen gerade darum ging, die Menschen und speziell die Arbeiter aus den Klauen einzelner "Arbeitgeber" zu befreien, den "Kapitalismus" und seine ökonomischen Gesetze zu überwinden. Heute sind wir diesem Ziel beträchtlich nahe. Schaut man sich das "ökonomische Gesetz" welches Genosse Kreutz uns als ewiges Naturgesetz präsentiert, genauer an, so sieht man, daß unsere Gesellschaft schon viel früher z.B. mit dem Kindergeld die Verantwortung für jedes einzelne Indiviuum übernommen hat. Allerdings ohne daß ein Ziel erkennbar war, aus Sachzwängen und schweren Kämpfen heraus. Spätestens mit dem Bedingungslosen Grundeinkommen wird dies wohl allgemein bewußt.
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1) Um zu existieren, nehmen viele Menschen soziale Einrichtungen und auch das Gesundheitssystem in Anspruch. Bei einem Grundeinkommen, würden sie das dann nicht mehr tun (müssen).

2) Man beachte, daß dieses Grundeinkommen als "Existenzgeld" bereits 1982 auf dem 1. (linken) Arbeitlosenkongress in Frankfurt als konkrete politische Forderung das Licht der Welt erblickte.
EXISTENZGELD! - Zur Geschichte einer Forderung

3) Auch wenn es penetrant wirkt: Wir müssen immer wieder darauf hinweisen, daß unter "Arbeitgeber" nicht nur "klassische" Unternehmer verstanden werden, sondern eben Bund, Land, Kommune, diverse gesellschaftliche Organisationen wie Kirche, Gewerkschaften, Parteien, aber auch z.B. Fußballvereine. Was die "Arbeitnehmer" betrifft, oder allgemein die "Erwerbstätigen", so ist das Bild ebenfalls recht bunt.

4) Im 24. Kapitel des 1.Kapitals hat Marx Geschichte und Entstehung des "Kapitalismus" beschrieben.
Die sogenannte ursprüngliche Akkumulation
Dieses Kapitel ist durchaus aktuell (und gut lesbar), weil darin beschrieben wird, wie das von Genosse Kreutz erwähnte kapitalistische Produktionsgesetz sich entwickelt hat und was es konkret bedeutet: nämlich 100% Abhängigkeit des "Arbeitnehmers" (und seiner Familie) vom Arbeitgeber. Das war nicht immer so. Die leibeigenen Bauern z.B. hatten "eigenes" Land, das sie bewirtschafteten. usw. Und natürlich: ob nun mit oder ohne bge, heute ist die Gesellschaft verantwortlich für die Existenz aller ihrer Mitglieder (inclusive solcher, die von draußen kommen).

Verfasst: Sa Dez 04, 2010 10:12 am
von KlBi
Wie Jusos das BGE bekämpfen

Auf einem Jusoblog wird am 2. Dezember 2010 ebenfalls *1) der alte Kapitalismus zum letzten Ideal, zur "Zukunftsperspektive", der Menschheit erhoben:

blog.jusos.de/2010/12/das-grundeinkommen-kritisieren

Komplettes Zitat mit in "[", "]" gesetzten Fragen, fett auch von mir:
„Die Diskussion über ein bedingungsloses Grundeinkommen wurde hier ja schon intensiv geführt. Hier nun einige weitere Überlegungen zu der Debatte aus einer theoretischen Sicht und geht der Frage nach, inwieweit das Konzept des bedingungslosen Grundeinkommens linken Zukunftsperspektiven entspricht.

Der Arbeitstag [wessen Arbeitstag?] besteht aus zwei Teilen: der notwendigen Arbeitszeit einerseits und der Mehrarbeitszeit andererseits. Die notwendige Arbeitszeit ist der Teil des Arbeitstages, in dem so viel Wert [was ist "Wert"?]*2) hergestellt wird, wie nötig ist, damit die Arbeitskraft wiederhergestellt werden kann. Die Mindestdauer des Arbeitstages ist diese notwendige Arbeitszeit. Der zweite Teil des Arbeitstages ist der Mehrwert bildende Teil des Arbeitstages. Wenn dieser Mehrwert auf dem Markt realisiert werden kann, dann bildet er Profit [übrigens falsch, der Mehrwert verteilte sich auf viele u.a. an der Verteilung der "Produkte" beteiligte und später als Steuer auf den Staat! Der "Profit" ist im gesamten Mehrwert heute nur ein Bruchteil.] für das Unternehmen. Es ist die logische und notwendige Aufgabe eines Unternehmens, die notwendige Arbeitszeit so gering wie möglich und den Mehrwert so hoch wie möglich zu gestalten.

Das Grundeinkommen ersetzt nun die notwendige Arbeitszeit, weil es so hoch sein soll, dass die Arbeitskraft ohne Lohnarbeit reproduziert werden kann. Für den Arbeitslohn hat das eine drastische Konsequenz. Der Wert der Arbeitskraft bemisst sich – wie oben dargestellt – danach, wie viel Wert produziert werden muss, um die Arbeitskraft zu reproduzieren.*3) Ist die Reproduktion der Arbeitskraft gesichert, ohne zu arbeiten, dann ist der Wert der Arbeitskraft, der durch Lohn befriedigt werden muss, gleich Null. Darum wird der Lohn für all diejenigen, die arbeiten, sinken [auch Null, gell?]. Gesamtgesellschaftlich gesehen muss der Wert der Arbeitskraft zwar noch produziert werden, das Unternehmen muss diesen Teil aber nicht mehr bezahlen [es wird fetter und fetter bis es platzt].
Bisher wurde die Reproduktion der Arbeitskraft von den Unternehmen bezahlt, die die Arbeitskraft auch konsumiert haben. Diese Kosten übernimmt mit dem Grundeinkommen die Gesellschaft [fragt sich, auch heute, woher die Gesellschaft die dazu nötigen Mittel nimmt?]. Der Faktor Arbeit wird nicht nur entlastet, er wird von der Sorge um die Reproduktion der Arbeitskraft befreit [wie grausam!]. An der Reproduktion der von ihm verbrauchten Arbeitszeit ist ein Unternehmen dann nur noch indirekt beteiligt und zwar nur dann, wenn es Steuern zahlt [also doch Sorgen, nur "indirekt"?]. In den Modellen, die sich allein über Konsumsteuern finanzieren und auf die Besteuerung von Investitionen verzichten, wäre der Kostenanteil von Unternehmen an der Reproduktion verschwindend gering.
Die Veränderung zum heutigen Stand ist dann, dass nicht mehr nur die Reproduktion der potenziellen Arbeitskraft der industriellen Reservearmee (bspw. das Heer der Arbeitslosen) vom Steuerzahler [z.B. Lehrer, Beamte, Volksvertreter, Fallmanager, Anne Will, Parteivorsitzende, Soldaten, Polizisten, usw: sie alle finanzieren den Spaß!]*4) finanziert wird, sondern jede Arbeitskraft vom Steuerzahler reproduziert wird.
Der gesellschaftliche Reichtum würde zwar weiterhin in den Unternehmen gesellschaftlich produziert und von den Unternehmern individuell angeeignet, aber die Unternehmen bräuchten sich überhaupt nicht mehr um den Erhalt der Grundlage ihres Reichtums kümmern. Sie könnten den Arbeitslohn nach unten drücken, ohne sich darüber Gedanken machen zu müssen, dass die Arbeitskraft von diesem Lohn erhalten werden muss.
Das Grundeinkommen ist somit ein Freifahrtschein für extrem niedrige Löhne ohne störendes schlechtes Gewissen [tja, darum geht es: damit irgendwelche "Unternehmer" von ihrem schlechten Gewissen, das sie wohl immer haben, auch künftig gestört werden, müssen weiterhin zig Millionen "Arme" auf 100en Ämtern, kontrolliert, schickaniert, kurzum zu "erniedrigten, geknechteten" Wesen gemacht werden. Es lebe die linke Zukunftsperspektive!]. Zumal es die Auseinandersetzungen um den Lebensstandart der ArbeitnehmerInnen von den Unternehmen hin zum Staat verlagert.

Für die Anregung zu diesem Beitrag möchte ich mich herzlich bei Björn bedanken.“
Kurzer Kommentar [auch dort im Jusoblog gepostet]
@Philip Schalk [ein anderer Kommentator]

> Die meisten von uns werden mit Marx’ Thesen
> vertraut sein. Viele von uns sind ganz offen Marxisten.
> Das heißt nicht, dass man in der heutigen Zeit dieselben
> Schlüsse zieht, wie Marx damals, vielmehr geht es
> darum, den Arbeiter zu “befreien”. Ich bin überzeugt,
> heutzutage wäre Marx ein Verfechter des
> Grundeinkommens, weil es genau seinen damaligen
> Motiven entspricht: Den Menschen frei zu machen.

Dem kann man nur zustimmen. Der Bockmist, den hier oberschlaue Jusos bauen, besteht doch darin, daß sie die von Marx in der Zeit um 1848 dargestellten "ökonomischen" Theorien auf heute übertragen. Damals entwickelten sich aus der bäuerlichen Mehrheitsgesellschaft FREIE Proletarier, Menschen, die nichts besaßen, auch kein Land, und nur ihre Arbeitskraft verkaufen konnten. Die Fabrikbesitzer mußten nicht etwa via Gesetz zu einem Mindestlohn gezwungen werden, es war ihr ureigenenes Interesse "ihren" Arbeitern einen Lohn zu zahlen, mit dem diese UND ihre Familien existieren konnten. Damals waren diese Fabrikbesitzer voll verantwortlich für ihre Arbeiter, weil es sonst niemand und nichts anderes gab!

Und dieses Prinzip wollen unsere Oberschüler nun auf die heutige Gesellschaft übertragen. Die Gesellschaft DARF nicht (mehr) die Verantwortung für alle Individuen übernehmen. Kindergeld muß auch weg usw!
Nein, der "Arbeitgeber" muß es tun! Warum? Weil es im "Kapitalismus" so sein muß. Dümmer gehts nimmer!

Und was sind heute "Arbeitgeber"? Etwa Fabrikabesitzer wie 1848? Nein! Neben "Unternehmern": Bund, Länder, Kommunen, diverse gesellschaftliche Organisationen wie Kirchen, Parteien, Gewerkschaften, Vereine, attac, SOS-Kinderdorf; aber auch Fußballvereine usw usf. Dazu noch Selbständige und übrigens Genossenschaften, mit denen diese sonderbaren Schlau"marxisten" nichts zu tun haben wollen.

Und wer ist bei diesen ganzen "Arbeitgebern" beschäftigt? Nur schlappe 34 Mio (von 82 Mio) leben "überwiegend" von Erwerbstätigkeit (stat. Bundesamt, 2006). Mal ganz abgesehen von der Frage, was diese MINDERHEIT so jeden Tag eigentlich treibt, ist die Frage: Wer ist nun für den "Rest" (=MEHRHEIT) der Gesellschaft verantwortlich?

Eins ist sicher: das BGE kommt auch ohne Genehmigung solcher Oberschlauberger!
Bemerkung: Diese von Marx seicht und falsch abgeschriebene "Mehrwerttheorie" mutet heute etwas seltsam an. Warum, so könnte man sich fragen, wird der profane Umstand, daß ein Unternehmer möglichst geringe Löhne zahlt um einen möglichst hohen Gewinn zu erzielen, so umständlich dargestellt. War Marx etwa auch ein Juso?
Marx Leistung bestand u.a. darin, die "neue" noch gar nicht richtig sichtbare Produktionsweise aus der vorherigen abzuleiten. Vorher gab es fast nur Landwirtschaft, der Warenaustausch basierte auf Naturaltausch. Die Bauern, freie wie leibeigene, produzierten keine "Werte" sondern Lebensmittel und schufen ein gewisses Mehrprodukt, d.h. mehr als sie selbst für ihr eigenes Dasein benötigten. Dieses Mehrprodukt eigneten sich u.a. Grundherren, Fürsten und Könige an (finanzierten damit Handwerk, Kultur aber auch Armeen). Auch hier verprassten die "Fürsten" nicht das gesamte Mehrprodukt, sondern sie bestimmten, was damit geschehen sollte (Schloss oder Universität).
Als die neue, die kapitalistische Produktionsweise auftrat, glaubten viele Menschen, damit sei das alte "System" endgültig vorbei. Marx zeigte jedoch, daß die alte Mehrprodukt-Produktion sich in die Mehrwertproduktion weiterentwickelt hatte.
Wenn man wissen will, wie das heute funktioniert, sollte man auch zunächst die "Produkte" zugrundelegen, also das, was die Menschen nun inhaltlich hervorbringen. Auch heute schaffen sie ein "Mehrprodukt", mittels Technik und Wissen sogar ein viel größeres als je zuvor. Beispielsweise produzieren nur noch 500.000 Bauern bzw cirka 1 Mio in der LW Beschäftigte die Lebensmittel für 82 Mio Bürger. Das Mehrprodukt landet hier augenscheinlich nicht in irgendwelchen Unternehmertaschen sondern in den Mägen der Gesamtbevölkerung. Nun, dies nur ein Hinweis, daß sich hinter der banalen Juso-Darstellung der "Mehrwerttheorie" etwas Komplexeres verbirgt, wobei schließlich die Frage ist, ob mittels dieser alten Mehrwerttheorie die heutigen Verhältnisse überhaupt noch sinnvoll "interpretiert" werden können*5).


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1) ebenfalls: siehe Artikel ➞ Gegen das BGE hilft nur noch Kapitalismus pur
2) Bei Marx (und anderen) sind die Grundlagen der "Wirtschaft" neben den Menschen, durchaus Gebrauchswerte. Die Menschen "produzieren" keine Werte, sondern Nützliches für andere Menschen.
3) Diese Definition des "Lohnes" betrifft den Minimallohn, der dauerhaft nicht unterschritten werden konnte, weil sonst die "Proletarier" ausgestorben wären. Abhängig vom Organisationsgrad der "Arbeiterklasse", konnte der "Lohn" natürlich auch bedeutend höher sein. Das BGE ersetzt nur die "Reproduktionskosten", aber nicht vollständig Diäten, Gehälter, Tantiemen, Honorare und höhere Löhne. Nur im Niedriglohnsektor ersetzt das BGE den Lohn. Das bedeutet aber nicht, daß die Leute dann umsonst arbeiten, sondern -wie sich normal Begabte vielleicht selbst denken können: eventuell gar nicht.
4) Einen solchen "Steuerzahler" findet man in den Werken von Karl Marx interessanterweise nicht. Das ist eine dritte "Klasse", die uns also kommentarlos untergeschoben wird. Steuerzahler, wie die erwähnten (Beamte, Unternehmensberater, Bankangestellte usw) sind die "Profiteure" dieses mysteriösen Mehrwertes. Bei ihnen landet das "Mehrprodukt" z.B. in Gestalt von Autos, Waschmaschinen , Rasenmähern, Gartenzwergen usw.
5) Die Philosophen haben die Welt nur verschieden interpretiert, es kömmt aber darauf an sie zu ändern!


(korrigiert am 20.12.2010, Anmerkung 3 hinzugefügt)

Verfasst: Do Dez 23, 2010 6:08 pm
von KlBi
Albrecht Müller kann schon das große Einmaleins!

Unter dem Vorwand die Partei "die Linke" vor Angriffen des Spiegels und der Bild zu schützen gießt der alte BGE-Phobist Albrecht Müller von den Nachdenkseiten ordentlich Öl ins Feuer. Im jüngsten Artikel u. a. über (Ost-West) Konflikte in der Linken lesen wir:
„Eine stellvertretende Parteivorsitzende, die die Illusion eines Grundeinkommens vertritt – dass sich eine Partei einen solchen Wahnsinn leistet, ist beachtlich. Das gab’s bisher nur bei der CDU mit dem berühmten Politiker Althaus *).

Als nächste Kronzeugin des Ost-West Konfliktes dient der Spiegel-Redaktion die Vize-Vorsitzende Katja Kipping. Als Markenzeichen trägt sie seit Jahren die Forderung nach dem bedingungslosen Grundeinkommen vor sich her. Zwar wird die Idee, jedem Deutschen ohne jede Vorbedingung monatlich 1000 Euro aufs Konto zu überweisen, auch in der Linkspartei als Spinnerei abgetan. Aber selbst der Hinweis darauf, dass von vornherein Tausend Milliarden aufgebracht werden müssten, um das bedingungslose Grundeinkommen zu verwirklichen, hindert Katja Kipping nicht daran, an ihrem Mantra festzuhalten.
Solche Fundis hält die Linke aus? Das ist beachtlich. Denn einen größeren Blödsinn kann man sich kaum vorstellen.“
Interessant ist, daß hier nicht nur dummdreiste Demagogie zum Vorschein kommt, wie es z.B. Sascha Liebermann in seinem Artikel Gedankenlose „Nachdenkseiten“ konstatiert, Albrecht Müllers Macho-Gehabe muß notwendig auch linke Frauen auf die Palme bringen, indem er die Frau Katja Kipping wie die letzte Dorftrottelin hinstellt. Frauen können nicht denken, geschweige denn rechnen. Sie fordern aus Daffke für jeden 1000 Euro und, so rechnet der Superschlaumann vor, das macht doch dann 1000 Mrd Euro. Ob Katja Kipping daran auch schon mal gedacht hat?

Die BGE-fans in der "die Linke" haben es ohnehin schon nicht leicht. Sie müssen ihr BGE klassenkämpferisch ausgestalten und dürfen sich bloß nicht mit "normalen" BGE-fans gemeinsam auf der Straße blicken lassen. Daher fand man sie allenfalls undercover auf der jüngsten BGE-Demo am 6.11. in Berlin. Und deshalb wohl ging Katja Kipping auch dem netten Herrn Binkert (CDU, solidarisches Bürgergeld) in einer TV-Sendung Nie wieder Hartz IV - Bürgergeld für alle? am 8.11. ordentlich an die Kehle, wohl um so unter ihren Genossen zu punkten und die Daseinsberechtigung eines "linken" BGE in der Partei "die Linke" zu beweisen. Ganz umsonst, wie man an dem Müllerischen Gekeife sieht.

Insgesamt sehen wir, daß aus dem "linken" Lager nichts Nachdenkliches mehr zu kommen scheint, was gegen das BGE spricht. Nur noch dümmliche Anpisserei und ein trotziges "BGE? Nein Basta!"
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*) Übrigens wird von linken bge-Phobisten gerne der Eindruck erweckt, daß erst böse Menschenfeinde das BGE erfanden und nun ein paar linke Deppen diesen auf den Leim gehen. Tatsache ist jedoch, daß das BGE bereits 1982 auf dem 1. (linken) Arbeitslosenkongress in Frankfurt vorgestellt wurde. Tatsache ist auch, daß 2004 das Netzwerk Grundeinkommen u. a. von Katja Kipping gegründet wurde. Erst später erschienen Werner, Althaus und andere. Korrekt müßte es also heißen: Eine so spinnerte Idee wie das BGE gab es bisher nur in der Linken, "neuerdings" greift der Wahn auch in der CDU um sich!

Verfasst: Di Dez 28, 2010 12:29 am
von KlBi
Nachtrag zur Attacke der Nachdenkseiten gegen die BAG *)

Sascha Liebermann von Freiheit statt Vollbeschäftigung hat sich ebenfalls mit dem sonderbaren Müllerartikel beschäftigt:
http://blogfsv.blogspot.com/2010/12/ged ... n-wie.html

Offenbar gab es Leserbriefe vermutlich auch aus der "die Linke". Hier haben auch Sympathisanten der Nachdenkseiten die Polemik kritisiert:
http://www.nachdenken-in-duesseldorf.de/?p=55
Wenn man sich die gröbsten Fehler an Hartz IV anguckt, gehören dazu wohl auch aus Sicht der Nachdenkseiten die extreme Verschärfung der Zumutbarkeitsregeln, die Arbeitslose zwingt, fast jeden Job zu Niedrigstlöhnen anzunehmen, der massiv gestiegene Verwaltungsaufwand, der die Kosten explodieren lässt und die immer unwürdigere Nötigung der Bezieher, ihr gesamtes Privatleben vor dem Amt auszubreiten. Will man diese Fehler radikal beseitigen, dann kommt man eigentlich an Konzepten, die in die Richtung eines BGE gehen, kaum vorbei.
Albrecht Müller fühlte sich bemüßigt sich öffentlich zu entschuldigen. Er wolle niemanden verletzen und habe Verständnis wenn sich Menschen, denen es wirtschaftlich schlecht geht und die in totaler Unsicherheit leben, an eine solche Idee wie das bedingungslose Grundeinkommen klammern. Im wesentlichen folgen nur Plattheiten, wie, z.B. daß ein BGE niemals realisiert werden wird. Wir werden auf die "letzten" Worte aus dem Jahre 2007 u.a. von Herrn Butterwegge verwiesen.
http://www.nachdenkseiten.de/?p=7849

Sascha Liebermann hat sich abermals große Mühe gegeben, die Müllerschen "Argumente" zu durchleuchten:
http://blogfsv.blogspot.com/2010/12/nac ... weite.html

Man darf die Müllerartikel allerdings nicht losgelöst vom internen Konflikt in der "die Linke" sehen. Das Scheinheilige ist ja, daß unter dem Deckmantel die Linke vor Spiegel und Bild zu schützen, massiv Stellung gegen eine der beiden Konfliktparteien genommen wird. Der Konflikt selbst wird auch an einem Artikel von Katja Kipping deutlich:
http://www.linke-bildung-kultur.de/?p=2747

Insgesamt scheint es den Betonklötzen nicht zu dämmern, daß die BGE-Bewegung nur an Auftrieb gewinnt, wenn es ihnen gelingt das BGE aus der "die Linke" zu vertreiben. Die panikartigen Berührungsängste der "linken" bge-Fans mit den als neoliberal diffamierten "normalen" bge-Fans, würden sicherlich schnell verschwinden. Und "die Linke" wäre voll kompatibel mit der weitgehend bge-freien SPD. Beide könnten dann, anstatt am Grabe von Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht Krokodilstränen über Arme und Schwache zu vergießen an einem Bismarckdenkmal das geniale Sozialversicherungssystem bejubeln, bei dem abhängig Beschäftigte und "Arbeitgeber" paritätisch in eine Kasse einzahlen. Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seinen Bedürfnissen!

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*) BAG: die-linke-grundeinkommen.de