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Verfasst: So Jan 21, 2007 2:31 pm
von KaBi2
19.1.2007 * Blaschke: Der neue Streit um das Grundeinkommen

->www.die-linke-grundeinkommen.de

»Roth ist isoliert« Der neue Streit um das Grundeinkommen
ND: Warum ist in der Erwerbslosenbewegung gerade jetzt Streit um das bedingungslose Grundeinkommen ausgebrochen?
Blaschke: Die Debatte gibt es seit 25 Jahren. Ein Teil der Erwerbslosenbewegung forderte in erster Linie eine schnelle Rückkehr in ein Lohnarbeitsverhältnis. Daneben gab es eine starke unabhängige Erwerbslosenbewegung, die gemeinsam mit der Bewegung prekär Beschäftigter den Schwerpunkt auf ein bedingungsloses Grundeinkommen legte, von ihr Existenzgeld genannt. Diese Ansätze wurden also in der Erwerbslosenbewegung seit Jahrzehnten mehr oder weniger freundschaftlich miteinander diskutiert.

Wie schätzen Sie das Kräfteverhältnis zwischen diesen beiden Flügeln ein?
Vor allem Hartz IV trug dazu bei, dass die Unterstützung für ein bedingungsloses Grundeinkommen in der Erwerbslosenbewegung sehr gewachsen ist. Gegen verschärften Arbeitszwang, Bespitzelung durch Detektive und Verarmung wird von vielen Erwerbslosen im Grundeinkommen eine Alternative gesehen – aber auch von Erwerbstätigen. Hartz IV soll ja auch auf sie Druck ausüben. Die Hinwendung zum Grundeinkommen drückt sich in der mit großer Mehrheit auf der Aktions- und Strategiekonferenz der sozialen Bewegungen in Frankfurt (Main) beschlossenen Formulierung im Frankfurter Appell aus. Es wurde ein Mindesteinkommen für Erwerbslose ohne Bedürftigkeitsprüfung, partnerunabhängig und repressionsfrei, gefordert.

Aber eine Gruppe um den Soziologen Rainer Roth protestiert heftig dagegen.
Es ist eine kleine Gruppe, die aus ideologischen Gründen sogar diese Forderung nach einem repressionsfreien Mindesteinkommen für Erwerbslose ablehnt. Sie hat allerdings gemerkt, dass sie mit ihrer Position in der Erwerbslosenbewegung isoliert ist und versucht jetzt in der Öffentlichkeit den Eindruck zu erwecken, die Bewegung sei gespalten. ....

Aber behindert der Streit nicht die Arbeit tatsächlich?
Das sehe ich nicht so. Wenn Erwerbslose auf die Straße gehen, machen sie das aus eigener Betroffenheit und nicht weil Prominente dazu aufrufen. In der ostdeutschen Erwerbslosenbewegung hat der Frankfurter Appell zudem nie eine große Rolle gespielt. Dort wurde eher mit eigenen Aufrufen mobilisiert.

Wird durch die Forderung nach dem bedingungslosen Grundeinkommen die Kooperation mit dem DGB belastet?
Das sehe ich nicht. Denn selbstverständlich unterstützen die Teile in der Erwerbslosenbewegung, die sich für ein Grundeinkommen einsetzen, auch die Forderung nach einem Mindestlohn, nach radikaler Arbeitszeitverkürzung. Dabei gehen sie sogar über die Forderungen des DGB hinaus, z. B. mit der Forderung nach 10 Euro Mindestlohn.

Der DGB ist gegen ein bedingungsloses Grundeinkommen.
Auch in gewerkschaftlichen Kreisen ist die Diskussion längst in Gang gekommen. An der Gewerkschaftsbasis ist sie schon weit fortgeschritten. Fast jedes fünfte Mitglied des Netzwerkes Grundeinkommen ist in einer Gewerkschaft organisiert. Bei Gewerkschaftsseminaren ist der Zuspruch jedenfalls groß.

Dennoch wehren sich zumindest sämtliche Gewerkschaftsvorstände energisch gegen solche Ansätze.
Auch dort haben die Debatten begonnen. So ist mit Volker Köhnen ein ver.di-Funktionär aus Hessen Befürworter des Grundeinkommens. DGB-Chef Michael Sommer hat bereits 2002 Vorstellungen geäußert, die dem nahe kommen – nämlich die Idee eines Grundeinkommens für Erwerbstätige, die sich eine Auszeit nehmen wollen. Sommer forderte eine arbeitsunabhängige Anerkennungsprämie dafür, dass man solidarisch Arbeitsplätze teilt. Allerdings hat sich der Gewerkschaftsflügel, der eine keynesianische Politik fordert, mit solchen Fragen bisher kaum ernsthaft befasst.

Interview: Peter Nowak
.

Verfasst: Mo Jan 22, 2007 10:33 am
von Gast
Böckler Impuls 01/2007
Soziale Sicherung
Bedingungsloses Grundeinkommen: Keine Alternative zum Sozialstaat
Der Vorschlag, Hartz IV und andere Sozialleistungen durch ein pauschales Grundeinkommen für alle Bürger zu ersetzen, scheint zahlreiche Probleme auf einen Schlag zu lösen. Doch viele gute Gründe sprechen gegen diesen Ansatz.

Wer ist bedürftig? Wann ist ein angebotener Job zumutbar? Diese Fragen müssten Politik und Verwaltung nicht mehr beantworten, wenn jeder Bürger unabhängig von seinem Alter, Erwerbseinkommen und Vermögen ein steuerfinanziertes Grundeinkommen bekäme. Befürworter des bedingungslosen Grundeinkommens (BGE) argumentieren, vor allem Arbeitslosen würde ein solches "Bürgergehalt" ein Leben auf sicherer finanzieller Basis ermöglichen - ohne Druck, Jobs zu suchen, die es nicht gibt. Zudem könnten ein Großteil der Sozialbürokratie und Lohnnebenkosten ersatzlos gestrichen werden. WSI-Forscher Claus Schäfer hat Pro- und Kontra-Argumente gegeneinander abgewogen. Sein Fazit: Die Einwände überwiegen.

Sozial gerecht? Warum auch vermögende Personen in den Genuss einer steuerfinanzierten Grundsicherung kommen sollten, sei nicht einzusehen, schreibt der Forscher. Selbst wenn sie im Gegenzug mit höheren Steuern belastet würden.

Einstieg in den "Sozialstaat light". Gerade die BGE-Vorschläge aus konservativen Kreisen könnten sich aus sozialstaatlicher Perspektive als Trojanisches Pferd erweisen, warnt Schäfer. Die Kosten für ein bedingungsloses Grundeinkommen würden dort als Argument "für die möglichst ersatzlose Streichung aller anderen sozialstaatlichen Transferzahlungen einschließlich der Rente" dienen. In Analogie zum Steuerkonzept der Flat-Tax könnte das BGE zu einer Art Flat-Sozialstaat führen.

Kein Ersatz für heutigen Sozialstaat. Selbst wenn das Bürgergeld großzügig bemessen wäre - etwa mit 1.000 Euro im Monat - wären längst nicht alle Probleme gelöst. Der regelmäßige Lebensunterhalt ließe sich davon knapp über Hartz-IV-Niveau bestreiten, nicht jedoch zum Beispiel die (Folge-) Kosten von Krankheit oder Unfall, so Schäfer. In vielen Fällen wären zusätzliche Unterstützungsleistungen nötig, Bedürftigkeitsprüfungen weiterhin unvermeidlich.

Gravierende Auswirkungen auf die Lohnstruktur. Der Druck auf die Löhne würde steigen, der Niedriglohnsektor enorm wachsen. Denn die Einführung eines BGE würde Arbeitgeber vollends von der Pflicht entbinden, Arbeitnehmern Existenz sichernde Löhne zu zahlen. Am Ende stünde ein "Super-Kombilohn mit einem hohen Staatsanteil und einem niedrigen Arbeitgeberanteil", befürchtet der Experte. Ein Teil der konservativen BGE-Anhänger vertritt die Position, dass ein Grundeinkommen zwar ohne Bedürftigkeitsprüfung, aber nur im Falle einer Gegenleistung in Form "gemeinnütziger Arbeit" gezahlt werden solle. Dadurch könnte jedoch reguläre Arbeit durch getarnte Billigarbeit verdrängt werden.

Zwei-Klassen-Gesellschaft. Insgesamt könnte sich die Ungleichheit in der Einkommensverteilung trotz BGE sogar verschärfen, wenn die Arbeitseinkommen drastisch sinken und bisherige Sozialleistungen gestrichen werden. Während ein Teil der Gesellschaft mit dem Grundeinkommen abgespeist würde, könnte ein anderer umso mehr Einkommen und Vermögen akkumulieren, so Schäfer.

Vollbeschäftigung - kein politisches Ziel mehr. "Die immer noch lohnende Suche nach einer alternativen Politik zur Wiederherstellung von Vollbeschäftigung" würde durch ein BGE delegitimiert, kritisiert der WSI-Forscher. Schließlich könnte das Ziel, hinreichende Beschäftigungsmöglichkeiten zu schaffen, gänzlich aufgegeben werden.

Schäfer wendet sich nicht grundsätzlich gegen Sozialleistungen, die unabhängig von Bedürftigkeitskriterien ausgezahlt werden. Solche Leistungen, wie beispielsweise das Kindergeld, habe es immer gegeben. Der Bürgergeldvorschlag sei nicht prinzipiell systemwidrig: Auf Basis der europäischen Sozialstaatsidee sei es selbstverständlich denkbar, dass die Gesellschaft jedem "a priori ein bestimmtes Grundeinkommen als bedingungslose Voraussetzung für individuelle bzw. bürgerliche Autonomie zukommen lässt".

Dennoch schlägt er andere Instrumente als ein BGE vor, um die persönliche Autonomie des Einzelnen zu stärken: zum Beispiel Ausbildung, Familien- oder Existenzgründung durch großzügigere Transfers zu fördern.
http://www.boeckler.de/cps/rde/xchg/hbs ... 84936.html

Verfasst: Di Jan 23, 2007 8:38 am
von KaBi2
Januar 2007 * Bedingungsloses Grundeinkommen: Keine Alternative zum Sozialstaat

Böckler Impuls 01/2007

Bedingungsloses Grundeinkommen: Keine Alternative zum Sozialstaat


->www.boeckler.de

Leserbriefe kann man eventuell schicken an:

WSI-Forscher Claus Schäfer
Claus-Schaefer@boeckler.de

Redaktion
Karin-Rahn@boeckler.de
Leserbrief hat geschrieben: Lieber Claus Schäfer!

Da haben Sie es den BGE-fans aber mächtig gegeben. Wie bei vielen BGE-Kritikern gehen sie mit keinem Wort auf die "positiven" Aspekte ein, sondern listen nur wahllos alles auf, was dagegen sprechen könnte. Fangen wir an:

> Sozial gerecht? Warum auch vermögende
> Personen in den Genuss einer
> steuerfinanzierten Grundsicherung
> kommen sollten, sei nicht einzusehen,
> schreibt der Forscher. Selbst wenn sie im
> Gegenzug mit höheren Steuern belastet
> würden.

Durch Umlenkung der Geldflüsse (Steuersystem, Sozialabgaben) läßt sich durchaus erreichen, daß über den Daumen gepeilt gilt:

Netto_neu:=(Netto_alt - bge) + bge

Der Vorteil liegt auf der Hand: man muß den Bedarf nicht mehr feststellen. Das große Verbrechen, daß Nichtbedürftige, etwa Professoren oder "Forscher", auch in den Genuß eines BGE kommen, tritt also nur dem äußerem Anschein nach ein. Netto ändert sich nur im Niedriglohn- oder Nulllohnsektor etwas (Praktikanten, Hausmänner und Hausfrauen, Obdachlose, Straßenkinder, Trödler, Kulturschaffende usw). Weniger als das BGE kann es nicht mehr geben.

Prinzipiell sollte es ausreichen, Einkommensunterschiede im Steuersystem auszugleichen. Wer viel verdient, zahlt entsprechend viel. Bei der Verteilung des Staatszasters müssen dann nicht abermals Einkommensunterschiede berücksichtigt werden. Das bedeutet nur doppelte Bürokratie und zusätzlich Schikane: Zwar sollen die "Reichen" schikaniert werden, in der Realität sind es aber immer die "Armen, Schwachen und Bedürftigen", die ja für allen möglichen Scheiß ihre "Bedürftigkeit" beweisen müssen und die so fortlaufend an ihre "Bedürftigkeit", d.h. ihre von Gut- und Besserverdienenden verordnete Minderwertigkeit, erinnert werden.

Anscheinend kommen Sie, lieber Herr Schäfer, als satter und wohlmeinender Mensch nicht ohne "Hilfebedüftige" aus? Wie anders ist zu verstehen:

> Selbst wenn sie (die nicht Bedürftigen) im
> Gegenzug mit höheren Steuern belastet
> würden.
Unsozial ist es, wenn Nichtbedürftige ein BGE erhalten, selbst wenn sie es kraft Umlenkung der Geldflüsse im Gegenzug nicht erhalten?

weiter lesen wir:
> Einstieg in den "Sozialstaat light". Gerade
> die BGE-Vorschläge aus konservativen
> Kreisen könnten sich aus sozialstaatlicher
> Perspektive als Trojanisches Pferd
> erweisen, warnt Schäfer. Die Kosten für
> ein bedingungsloses Grundeinkommen
> würden dort als Argument "für die
> möglichst ersatzlose Streichung aller
> anderen sozialstaatlichen
> Transferzahlungen einschließlich der
> Rente" dienen.
Es ist immer schön, wenn man das "linke" BGE mit dem "konservativen" BGE erschlagen will. Statt das "konservative" BGE abzulehnen, gibts ja die Alternative, Sozialstaat und BGE zu kombinieren. Z.B. macht das die Ulmer Gruppe um Herrn Pelzer. Bei ihrem BGE bleibt alles wie es ist. (Die Einkommen werden etwas belastet, was aber durchs BGE wieder ausgeglichen wird). Was sich ändert und zwar merklich verringert ist die Anzahl der Antragsteller und der Anträge und das schon bei 400 Euro/Monat.

Darüberhinaus malen Sie ein Schreckgespenst an die Wand. Herr Althaus, dessen Hauptanliegen darin bestand, erstmal eine öffentliche Diskussion über das BGE zu entfachen, sieht in seinen Schriften gar nicht die Beseitigung des Sozialstaates vor. Auf seiner Homepage findet man:

http://www.d-althaus.de/fileadmin/PDF/F ... ergeld.pdf

> Frage: 10. Was ist mit Bürgergeldbeziehern,
> die einen objektiv höheren Bedarf haben?

Althaus:
> Bei Bürgergeldbeziehern mit begründetem,
> höherem Bedarf (z.B. Behinderung,
> besondere Lebenssituation) kann auf
> Antrag ein individueller Bürgergeldzuschlag
> gewährt werden. Dieser erfolgt jedoch nicht
> bedingungslos.

Also ist der Schrecken, den Sie da konstruieren, nicht mal bei dem "konservativen" Althaus zu finden, ganz zu schweigen davon, daß z.B. Katja Kipping von der Linkspartei den Sozialstaat durch ein BGE ersetzen möchte.

Sie schreiben:
> Kein Ersatz für heutigen Sozialstaat. Selbst
> wenn das Bürgergeld großzügig bemessen
> wäre - etwa mit 1.000 Euro im Monat -
> wären längst nicht alle Probleme gelöst.
> (...)
Damit rennen Sie bei allen BGE-fans offene Türen ein. Vielleicht versuchen Sie es mal in einer langsamen Gangart? Selbstständigens Denken ist übrigens auch möglich. Es gibt bisher niemanden -etwa einen dicken Guru- der uns alles löffelweise eingibt!

> Gravierende Auswirkungen auf die
> Lohnstruktur. Der Druck auf die Löhne
> würde steigen, der Niedriglohnsektor enorm
> wachsen. Denn die Einführung eines BGE
> würde Arbeitgeber vollends von der Pflicht
> entbinden, Arbeitnehmern Existenz
> sichernde Löhne zu zahlen. Am Ende
> stünde ein "Super-Kombilohn mit einem
> hohen Staatsanteil und einem niedrigen
> Arbeitgeberanteil", befürchtet der Experte.

Zu erwähnen wären ein paar nackte Daten: von 82 Mio Bürgern sind nur 39 Mio erwerbstätig. 43 Mio sind nicht erwerbstätig. Unter den 39 Mio Erwerbstätigen ist die Minderheit "Lohnempfänger". 1 Mio sind in der Landwirtschaft tätig, 10 Mio im "produktiven Wirschaftsbereich" und 28 Mio im "Dienstleisungssektor".

Zunächst ist es merkwürdig vom "Lohn" zu schwafeln, wenn es unter den 39 Mio "Erwerbstätigen" nur schlappe 10 Mio klassische Lohnempfänger gibt. Aber bleiben wir beim "Lohn" als Synonym für Gehalt, Tantiemen, Honorare, Gagen, Diäten, Abfindungen und kargen Unterschichtenlohn.

Nun, der Lohn hat zwei Gesichter. Das eine ist der Empfänger des "Lohnes". Diesen interessiert nicht der "Lohn", sondern was er Netto in der Tasche hat.

Die andere Seite ist derjenige, der diesen Lohn zahlt. Das muß nicht zwangsläufig ein Unternehmer sein. Das kann der Staat, ein Kleinbetrieb, eine Genossenschaft, die Kommune, die Kirche, ein Verein, eine Partei, die Gewerkschaft oder eine Stiftung sein. Nennen wir ihn aber Arbeitgeber. Klar ist, daß dieser Arbeitgeber außer Lohn noch alles mögliche andere an der Backe hat. Er interessiert sich also für das Brutto, was er pro Arbeitnehmer löhnen muß.

Nun zu der demagogischen Panikmache: die Löhne sinken, wenn wir ein BGE haben.
Einige "Linke" und Gewerkschaftler sehen in den Lohnempfängern bekanntlich keine Menschen, die Geldmittel für ihr Dasein benötigen, sondern Instrumente, mit denen man dem "Kapital" Schaden zufügen kann: hoher Lohn = großer Schaden, und genau daher ist das BGE Scheiße! In der Tat erhalten alle heutigen "Lohn"empfänger (auch Sie, Herr Schäfer) nach Einführung des BGEs im Idealfall NETTO genausoviel wie eben jetzt auch. Nur im Mindestlohn- oder Nullohnsektor würde etwas mehr rausspringen.
Dieser für normale Menschen entscheidende Netto"lohn" setzt sich dann aus zwei Teilen zusammen: Einen Teil, nämlich das BGE, erhält man aus der Staatskasse (oder auch Bürgergeldkasse?), den anderen -wie bisher- vom Arbeitgeber, sofern man erwerbstätig ist.
Allein so gesehen ist völlig unklar was dieses elende Geschwätz vom "sinkenden Lohn" eigentlich soll. Wird hier bewußt Panik unter den "Erwerbstätigen" verbreitet, besonders unter denen, die vom BGE profitieren?

Kommen wir zum Brutto: Es sind hier viele Fälle "denkbar". Der Arbeitgeber (z.B. ein kommunales Jugendzentrum oder ein Pflegeheim) zahlt den Teil, der als BGE gezahlt wird nicht: sinkender "Lohn". Da nun aber nach wie vor Steuern gezahlt werden, könnte man sich fragen, ob nicht einfach nur ein dem BGE entsprechender Anteil des jetzigen Lohnes künftig als Steuer zusammen mit anderen Steuern an den Staat gezahlt wird. An den Bruttoausgaben ändert sich dann nichts. Es ändert sich nichtmal "technisch" irgendetwas, die Buchhaltung schreibt nur andere Zahlen auf die Gehaltsstreifen und überweist anderere Beträge in passende Töpfe.

Sollten nun aber -wie beim Mehrwertsteuermodell- die Bruttoausgaben sinken -der Supergau-, so bedeutet das keineswegs etwa prall gefüllte Unternehmertaschen (gar bei Kommunen oder im Pflegedienst?). Durch die Konkurrenz würden die Preise ebenfalls sinken. Denn es geht auch bei den "Gewinnen" marktwirtschaftlich zu: Hohe Gewinne rufen neue Konkurrenten in den Ring. Und als Konkurrenten kommen eventuell vermehrt Genossenschaften in Frage, die sich gerade, wenn wir ein BGE haben, viel leichter betreiben ließen.

Also müssen weder die "Lohn"empfänger einen Nachteil erleiden, noch erhalten unsere Arbeitgeber nennenswerte Vorteile.

Schließlich -um dieser stumpfsinnigen Panikverbreitung ein Ende zu bereiten: Auch nach der Einführung eines BGE wird es soziale Bewegungen, Gewerkschaften und Parteien geben. Wir wollen kein Minimum und keine Almosen, sondern ein Maximum:
Ein Maximum an Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen aller Menschen weltweit!

Sie schreiben weiter:

> Ein Teil der konservativen BGE-Anhänger
> vertritt die Position, dass ein
> Grundeinkommen zwar ohne
> Bedürftigkeitsprüfung, aber nur im Falle
> einer Gegenleistung in Form
> "gemeinnütziger Arbeit" gezahlt werden
> solle. Dadurch könnte jedoch reguläre Arbeit
> durch getarnte Billigarbeit verdrängt werden.

Dann handelt es sich nicht um das BGE!

Daß einige "Arbeit" auf freiwilliger Basis herkömmliche Erwerbsarbeit verbilligt oder gar ersetzt, spricht nicht gegen das BGE. Es entstehen ja auch neue "Erwerbstätigkeiten", so können unter den 43 Mio heute nicht Erwerbstätigen, etliche durchaus neue Firmen oder Genossenschaften gründen.

> Zwei-Klassen-Gesellschaft. Insgesamt
> könnte sich die Ungleichheit in der
> Einkommensverteilung trotz BGE sogar
> verschärfen, wenn die Arbeitseinkommen
> drastisch sinken und bisherige
> Sozialleistungen gestrichen werden.
> Während ein Teil der Gesellschaft mit dem
> Grundeinkommen abgespeist würde, könnte
> ein anderer umso mehr Einkommen und
> Vermögen akkumulieren, so Schäfer.
Ja, es könnte auch der Mond auf die Erde fallen. Anscheinend ist Ihnen unbekannt, daß alle Einkommensverhältnisse von den jeweiligen Einkommensbeziehern mit entschieden werden. Unter anderem gibts dazu die Gewerkschaften. Ein BGE verbessert die Verhandlungsposition eines potentiellen Arbeitnehmers enorm, oder nicht?
Und was die zwei-Klassengesellschaft betrifft, sie existiert bereits. Der Ruf nach einem BGE erschallt aufgrund der heutigen zwei-Klassengesellschaft.

> Vollbeschäftigung - kein politisches Ziel
> mehr. "Die immer noch lohnende Suche
> nach einer alternativen Politik zur
> Wiederherstellung von Vollbeschäftigung"
> würde durch ein BGE delegitimiert, kritisiert
> der WSI-Forscher. Schließlich könnte das
> Ziel, hinreichende
> Beschäftigungsmöglichkeiten zu schaffen,
> gänzlich aufgegeben werden.

Nach 25 Jahren Massenarbeitslosigkeit ist es langsam Zeit sich über die "Ausrangierten" Gedanken zu machen und nicht weitere 25 Jahre über künftige Vollbeschäftigung zu labern.

Anscheinend haben Sie das BGE-Gespenst nicht genügend erschlagen:
> Auf Basis der europäischen
> Sozialstaatsidee sei es selbstverständlich
> denkbar, dass die Gesellschaft jedem "a
> priori ein bestimmtes Grundeinkommen als
> bedingungslose Voraussetzung für
> individuelle bzw. bürgerliche Autonomie
> zukommen lässt".

Plötzlich kommt die EU ins Spiel! Für eine SPD-nahe Stiftung ist das schon sehr jämmerlich. Unter Schröder gabs nichts europäisches. Nur Abwehr und Blockaden.
Damals ging es darum jeden auch noch so kleinen Vorteil im europäischen Standortkonkurrenzkampf zu nutzen. Erinnert sei an die 30/35 Std-Woche in Frankreich, die von unsren wackren Sozialdemokraten und den Gewerkschaften 1998 nicht etwa aufgegriffen sondern hintertrieben wurde. Damals glaubten die schlauen Genossen, daß das "Kapital" Frankreich meiden und nach Deutschland kommen würde, um dort die Arbeitslosenzahl zu halbieren. Hat nicht funktioniert. Statt dessen wird die 30/35 Std-Woche in Frankreich wieder rückgängig gemacht und in Deutschland erhöht man ebenfalls Arbeitszeit und Lebenszeit.

Aber Ihr europäisches Pawlow-Argument, Herr Schäfer, zündet beim BGE nicht wirklich. Den Nachbarstaaten kann es prinzipiell wurscht sein, ob man Erwerbslosen in Deutschland gestapo-ähnliche Truppen in die Behausung schickt, oder ob man auf Bedürftigkeitsprüfungen, Schikanen und Kontrollen verzichtet und dasselbe Geld ohne Bedingungen auszahlt.

Insgesamt ist ihrem Schnellpamphlet nur zu entnehmen, daß Sie offenbar psychologische Aversionen gegen ein bedingungsloses Grundeinkommen haben. Vielleicht schleppen Sie sich selber mit letzter Kraft auf ihren warmen Forscherplatz -allerdings aus Konsumgründen. Mich und andere beschleicht langsam der Verdacht, daß die sozial bewegten Gutverdiener immer die "Lohnarbeiter" vorschieben, um von ihren eigenen Pfründen abzulenken. Sie leiden ja so sehr mit den "Ausgebeuteten" und quälen sich so schrecklich ab für Spießerhäußchen am Waldesrand, elektronische Tiefkühltruhen und Urlaub auf den kanarischen Inseln usw, usf.

Und dewegen müssen auch andere kräftig leiden, allerdings aus profanen Existenzgründen: Fressen, Wohnen, Kleiden.


Mitternachtsgrüße aus Kreuzberg an wohlmeinende Überflüssige
Perestroika

Verfasst: Di Jan 23, 2007 11:24 am
von KaBi2
Eine Antwort kommt prompt
Von: (...)
Gesendet: Dienstag, 23. Januar 2007 08:36:25
An: fleuch@hotmail.com
Betreff: AW: Leserbrief zu ihrem Anti-BGE-Pamphlet
Anlage:  
VSA_Schaefer_Seifert_WSI_Beitrag_Schaefer.pdf (0.10 MB)

Sehr geehrter Herr (...),
Sie haben mit der Anlage Gelegenheit, den Originaltext meiner Position zum BGE
zu lesen. Danach können Sie sich gern noch einmal melden.
Mit freundlichen Grüßen

Dr. Claus Schäfer
WSI in der Hans-Böckler-Stiftung
Hans-Böckler-Straße 39
40476 Düsseldorf
fon: (...)
fax: (...)
http://www.wsi.de
Die entsprechende Arbeit ist nicht erhellender. Mal sehen, ob ich sie noch gesondert "betrachte". Interessant ist, daß Schäfer ein BGE im europäischen Rahmen begrüßt und für sinnvoll hinzustellen scheint.
Seine dürftigen Gegenargumente treffen aber dann auch einen europäischen Sozialstaat. Wenn es "unsozial" ist auch Nichtbedürftigen ein BGE zu zahlen (obwohl dies finanztechnisch so geregelt werden kann, daß sie nachher nicht mehr haben als vorher), dann ist das natürlich auch in einem europäischen oder gar globalen Rahmen "unsozial".

Dieser Europahinweis dient wohl mehr dazu, sich als BGE-Freund einzuschmeicheln und gleichzeitig die Sache für utopisch hinzustellen, denn derzeit gilt jede europäische oder gar globale Regelung als "utopisch". Bekanntlich wird jede Verbesserung, sei es Arbeitszeitverkürzung, Umweltschutz, Drogenpolitik oder was auch immer von gewissen Leuten mit dem Europa-Argument erschlagen.


alles Beste
Perestroika

Verfasst: Mo Jan 29, 2007 5:00 pm
von Gast0815
Hallo Klaus,

schau mal hier:
Bedingungsloses Grundeinkommen ist eine Illusion

Es ist Erwerbstätigen kaum zu vermitteln, daß sie arbeiten müssen, um das »repressionsfreie« Leben anderer zu finanzieren.
Rainer Roth ist Professor für Sozialwissenschaften an der Fachhochschule in Frankfurt am Main und Autor der kürzlich erschienenen Broschüre »Zur Kritik des bedingungslosen Grundeinkommens«. Sie ist zum Preis von drei Euro bei d.v.s@t-online.de zu beziehen.
Sie […]
Quelle: Junge Welt
http://zukunft-grundsicherung.de/

man kann ein Kommentar abgeben und da du gerade zufällig einen für genau diesen Artikel parat hast dachte ich ... :wink:

schönen tag noch

Verfasst: Mo Jan 29, 2007 5:43 pm
von KaBi2
Hi 0815!

Das Teil kenn ich schon und habs auch schon verarbeitet:
http://www.dadabit.de/forum/viewtopic.php?p=147#147
Ich wollte es gestern schon in
http://zukunft-grundsicherung.de
reinkopieren. Aber als "Kommentar" ist es zu lang, weil ich ja auch das komplette Interview (stückweise) zitiere. Außerdem -so im nachhinein wird man immer schlauer- wollte ichs noch ändern... hab aber recht wenig Zeit im Moment.

alles Liebe
Perestroika