Zur Finanzierung
1. Erwerbstätigkeit
Erwerbstätigkeit ist wie auch Erwerbslosigkeit oder Erwerbsunfähigkeit schwierig zu definieren. Unter Erwerbstätige werden z.B. Menschen ab 15 Jahre gerechnet, die wenigstens eine Stunde in der Woche arbeiten.
*) Allein die Anzahl der „offiziellen“ Berufe beträgt heute mehrere Tausend. Erwerbstätig sind z.B. Fußballspieler genauso wie Bäcker oder Lehrer. Als Erwerbslose werden nur bestimmte Personen gezählt. Erwerbslose, die in einem 1Euro-Job oder in einer „Qualifizierungsmaßnahme“ stecken werden nicht gezählt. Bei Erwerbsunfähigen haben wir das Phänomen, daß mittels Gesetzen und finanziellem Aufwand behindertengerechte Arbeitsplätze geschaffen werden. Das lebendige Leben sowie der Wunsch unserer jeweiligen Regierungen blühende Landschaften zu schaffen erschwert anscheinend die statistische Erfassung.
Von etwa 82 Mio Bundesbürgern sind derzeit 39-40 Mio erwerbstätig. Im Jahre 2006 lebten jedoch nur cirka 34 Mio Bürger „überwiegend“ von Erwerbsarbeit:
Überwiegender Lebensunterhalt im Jahre 2006 in 1000
82.369 Bevölkerung
33.848 leben "überwiegend" von Erwerbsarbeit
4.633 Arbeitslosengeld I/II
20.437 Rente und sonstige *)
23.450 Angehörige
*) Rente, Pension; eigenes Vermögen, Vermietung, Zinsen, Altenteil; Sozialhilfe/-geld, Grundsicherung (einschlAsylbewerberleistungen); Leistungen aus einer Pflegeversicherung; sonstige Unterstützungen (zBBAföG).
(Quelle: Stat. Jahrbuch 2008 * Seite 85)
Zu den sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätzen findet man im Statistischen Jahrbuch:
Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte und Einwohner (in 1000)
1992 29.325 * 80.975
1995 28.118 * 81.817
2000 27.826 * 82.260
2005 26.178 * 82.438
2006 26.354 * 82.315
2007 26.855 * 82.218
(Quelle: StatJahrbuch 2008 * Seiten 34, 87)
2. Geleistete Arbeitsstunden
Aus der beiliegenden Tabelle über „Geleistete Arbeitstunden der Erwerbstätigen nach Wirtschaftsbereichen“
**) kann man die Entwicklung der Erwerbstätigkeit und eine Verschiebiebung vom „produktiven“ Sektor hin zur „Dienstleistung“ erkennen. Interessant ist übrigens, daß der oft gehörte Einwand, Erwerbstätigkeit der Frauen sei Ursache für Erwerbslosigkeit nicht so ganz zutrifft. Rechnet man die geleisteten Arbeitsstunden der 70er Jahre (52 Mio Std; Bevölkerung von 61 Mio Bürger) auf heutige 82 Mio Bürger um, ergeben sich für 1970 cirka 70 Mio gegenüber 56 Mio Arbeitsstunden im Jahre 2005, also eine Abnahme um 20% obwohl im Laufe der Jahre der Anteil der Frauen an den „überwiegend“ von Erwerbarbeit Tätigen bei 40% liegt.
Die Daten aus der Tabelle sind hier weiterverarbeitet
Jahresarbeitstunden pro Einwohner umgerechnet (1991: 78 Mio Einwohner; 2005: 81 Mio Einwohner)
Land- und Forstwirtschaft (35,2h ... 18,6h) -47,2%
Produzierendes Gewerbe (276,8h ... 186,3h) -32,7%
Handel, Gastgewerbe und Verkehr (189,3h ... 171,5h) - 9,4%
Finanzen, Vermietung, Unternehmensdienstleister (76,6h ... 113,4h) +48,1%
öffentliche und private Dienstleister (188,6h ...199,1h) +5,5%
Gesamt (766,5h ... 689h) -10,1 %
Man sieht also zum eine Abnahme der Jahresarbeitsstunden pro Bewohner von 1991 bis 2005 um 10%. Die zur materiellen Existenz notwendige Arbeitszeit nimmt noch rasanter ab, wenn man Landwirtschaft und produzierendes Gewerbe betrachtet. In diesem "produktiven" Sektor, wird auch das zu Existenz Notwendige erzeugt: Ernährung, Kleidung und Wohnraum. In der gesamten Wirtschaft spielt die Produktion profaner Existenzmittel eine abnehmende Rolle. Neben dieser Abnahme haben wir eine Zunahme von Arbeitzeit, die für die („leistungsgerechte“) Verteilung der ganzen Güter verbraucht wird in Banken, Versicherungen und diverse Verwaltungen, welche Gelder (z.B. Finanzprodukte) nach komplizierten Systemen von Konto zu Konto "bewegen", bis der mit Geld ausgestattete Bürger seine Brötchen kaufen kann.
Aus der Tabelle ergeben sich die Anteile der Wirtschaftsbereiche an der gesamten Arbeitszeit.
Verteilung der Gesamtarbeit auf die Wirtschaftsbereiche (1991 ... 2005)
Land- und Forstwirtschaft (4,6% ... 2,7%)
Produzierendes Gewerbe (36,1% ... 27,0%)
Handel, Gastgewerbe und Verkehr (24,7 ... 24,9%)
Finanzen, Vermietung, Unternehmensdienstleister (10,0% ... 16,5%)
öffentliche und private Dienstleister (24,6 ... 28,9%)
3. Nicht Erwerbstätige
Alle Nichterwerbstätigen plus solche Erwerbstätige, die von ihrer Erwerbsarbeit nicht existieren können, also 2006 cirka 48 Mio Bürger (58% der Bevölkerung), sind "abhängig" von sozialem Umfeld und/oder staatlich-gesellschaftlichen Transferleistungen. Neben der direkten Versorgung durch Familienangehörige oder sozialem Umfeld, wendet die Gesellschaft immer mehr für "Sozialausgaben" auf, im Jahre 2006 etwa 700 Mrd Euro, siehe beiliegende Tabelle.
***)
Umgerechtet auf jeden Bürger macht das 711 Euro monatliches Grundeinkommen mit Bedingungen. Das soll nur ein Richtwert sein und demonstrieren, daß ein "minimales" BGE finanzierbar ist. (Es denkt also niemand daran dieses Sozialbudget, der z.B. Rente und Pensionen enthält, neu zu verteilen.)
Egal, wie hoch man das BGE ansetzt, es werden immer Leute existieren, die auf zusätzliche Hilfe angewiesen sind (z.B. Kranke oder Behinderte). Ein BGE würde also die Anzahl der "Hilfebedürftigen" und der Antragsteller in Abhängigkeit der Höhe dieses BGEs nur veringern und nicht „abschaffen“. Der Sozialstaat, die personelle (und arbeitskraft aufwendige) Betreuung wird natürlich nicht abgeschafft. Auch im "Wirtschaftwunder" gab es ein Sozialsystem.
40 Jahre Sozialhilfe in Deutschland: Sozialhilfequote mehr als verdreifacht
Die Zahl der Sozialhilfeempfänger in Deutschland ist seit In-Kraft-Treten des Bundessozialhilfegesetzes von 0,58 Mill. (im früheren Bundesgebiet) am Jahresende 1963 auf 2,76 Mill. Personen Ende 2002 gestiegen. Dabei handelt es sich um die Empfänger von laufender Hilfe zum Lebensunterhalt außerhalb von Einrichtungen (= sog. "Sozialhilfe im engeren Sinne"). Die laufende Hilfe zum Lebensunterhalt dient der Deckung des Grundbedarfs vor allem an Nahrung, Kleidung, Unterkunft und Heizung (sog. "soziokulturelles Existenzminimum").
Quelle:
http://www.dbsh.de/redsys/soztop/userpa ... lfe40.html
Hochgerechnet von damals cirka 60 Mio Bürgern auf heute 82 Mio wären das 800.000 "Sozialhilfeempfänger", Menschen die irgendwie nicht klar kamen. Heute dürften weit mehr als 10 Mio Bürger in „prekären“ Verhältnissen leben, die entweder teilweise oder von Zeit zu Zeit oder ständig von insbesondere finanzieller Unterstützung der Gesellschaft abhängen.
4. Das bge als einfache Lösung eines Geldflussproblems
Offenkundig erhalten alle Bürger (bis auf Ausnahmen), genug zu essen, haben ein Dach über den Kopf, können sich kleiden und müssen nicht frieren. Und da Tote nicht auf der Straße herumliegen ist sogar noch ein Begräbnis drin, d.h. die einfachste Existenz wird gesichert. Anders als in Gesellschaften mit hoher Landwirtschaft spielt Selbstversorgung heute kaum eine Rolle (heute 500.000 Bauern in der BRD). Die Existenz wird über das Geldwesen geregelt, wobei am Ende alle Bürger ein gewisses Minimum an Existenzmitteln immer erhalten, ob im Knast als Verbrecher, als Arbeitsloser, als Obdachloser, als geringfügig Beschäftiger, als Normalarbeitnehmer, als Rentner, Säugling, Gutverdiener oder Milliardär. Der Warenkorb, der für die profane Existenz steht ist annähernd konstant (der Magen und auch die Größe einer für das normale Dasein ausreichende Wohnung wächst nicht mit). Die notwendige Arbeitszeit zur Produktion dieses Warenkorbes verringert sich von Jahr zu Jahr.
Man könnte auch sagen, beim BGE geht es darum diejenigen Geldflüsse, deren Resultate stets auf dasselbe hinauslaufen, nämlich auf ausreichend Essen, Trinken, Kleiden und Wohnen, und deren Komplexität beträchtliche Mehrkosten (Arbeit) verursacht, durch einen einfachen Geldfluss zu ersetzen. Oder noch drastischer, wenn Kartoffeln für die profanen Existenzmittel stehen:
Wenn 10 Menschen für 1000 Menschen Kartoffeln erzeugen, die 1000 Menschen darüber übereingekommen sind, daß niemand -auch kein Straftäter- verhungern soll, wieso brauchen wir dann nochmal 10, 20 oder gar 100 Menschen, die genau prüfen, wer welche Kartoffel erhält? Am Ende hat ja doch jeder seine Kartoffeln, selbst der Kartoffeldieb, der "zur Strafe" im Knast verstaut wird. Man bringt ihm dann seine Kartoffeln in die Zelle!
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*) Aus: Statistisches Jahrbuch 2008 * Seite 77
Erwerbstätige sind Personen im Alter von 15 Jahren und mehr, die im Berichtszeitraum wenigstens eine Stunde für Lohn oder sonstiges Entgelt irgendeiner beruflichen Tätigkeit nachgehen bzw. in einem Arbeitsverhältnis stehen
Unter Bezugsraum wird eine Woche verstanden. Erstaunlich, daß wir trotz dieser Definition keine Vollbeschäftigung haben. Ferner ist unklar was mit Nichterwerbstätigen, wie Studenten oder Rentnern ist, die ein paar Stunden in der Woche arbeiten.
**) Zu finden auch im Internet:
http://www.sachverstaendigenrat-wirtsch ... ab28jg.pdf
***) http://www.sozialpolitik-aktuell.de/dat ... tabII1.pdf