Der Herr Flegelskamp scheint ein wichtiger Mann zu sein. Er beginnt sein Pamphlet:
Manche "Fettnäpfchen" sind so groß, daß man darin auch versinken kann... Der hier vorliegende Text ist zwar reichlich lang, und scheint kein Näpfchen zu passen. Doch die einzelnen "Gedanken" wiederholen sich. Daher gehen wir diesen Text nicht Satz für Satz durch, sondern sammeln die einzelnen Teile zusammen...Ich war mit ziemlich sicher, dass ich mit meinen Aussagen gegen ein bedingungsloses Grundeinkommen (BGE) im Beitrag "Deppen der Nation" in ein Fettnäpfchen trete. Ich hatte auf die Seite von Herrn Kreutzer verwiesen, der zu diesem Thema auch eine Gegenposition bezogen hat.
1. Ein bißchen bge-Geschichte
Eine Strategie "linker" bge-Gegner besteht darin, das BGE als Machwerk der "Klassenfeinde" hinzustellen und "linke" bge-Freunde erscheinen dann als ahnungslose Deppen, die den Verlockungen des Bösen folgen. Daher beginnt so ein Anti-BGE-Pamphlet häufig mit:
weiter unten wird ein bißchen "allgemein"-Gechichte betrieben. Es wird die hoffnungslose Entwicklung seit den 60ern skizziert und ...Ich selbst habe dazu bereits 2005 meine Meinung kundgetan, als dm-Chef Werner seine erste Anzeigen-Kampagne dazu in die Presse brachte.
Herr Flegelskamp ersetzt also die reale Geschichte durch eine gedachte, durch eine "logische". Das ist eine altbekannte, sogenannte idealistische Methode. Es soll ja eine "Idee" bewiesen werden: Allmächtige versuchen seit langem vergeblich, die "Krise" in ihrem Sinne zu bewältigen. Sie treffen sich regelmäßig auf Bilderbergkonferenzen, endlich im Jahre 2005 entsenden sie BGE-"Messiasse" in die dumme Menschheit... die derzeit letzte Attacke des übernatürlichen Bösen!Obwohl bereits ab Ende der 60er Jahre des letzten Jahrhunderts deutlich wurde, dass das Marktgeschehen sich nicht alleine regelt und erst recht nicht kontrolliert, gelang es Lambsdorff (FDP) mit dem so genannten Lambsdorff-Papier die damals noch bestehende rot-gelbe Regierung zu sprengen, die dann von der schwarz-gelben Koalition (Kohl/Genscher) abgelöst wurde und 16 lange Jahre ihr Unwesen treiben konnte.
[...]
Da erscheint, kurz nach dem Wechsel der Bundesregierung von rot-grün nach schwarz-rot (ich glaube immer noch, dass der Auslöser die Bilderbergkonferenz im Mai 2005 gewesen ist), der Messias Götz Werner mit der Idee des BGE. Er erläutert auch seine diesbezüglichen Vorstellungen zur Finanzierung, die ich schon 2005 als in dieser Form nicht realisierbar dargestellt habe (siehe Link Bürgergeld zu Beginn).
Die "reale" Geschichte des BGE sieht anders aus, wenn man sie nicht in ein logisches Muster zwängt, sondern profan-chronologisch vorgeht.
Bereits auf dem 1. Arbeitslosenkongreß in Frankfurt/M, im Jahre 1982, wurde ein Existenzgeld vorgestellt. Hier ein Bericht darüber:
http://www.bag-erwerbslose.de/material/ ... uch01.html
Damals, also vor fast 30 Jahren, sprachen einige "Deppen" von Existenzgeld. Und vor 30 Jahren war der "Messias" Götz Werner noch mit seinen Drogerien beschäftigt. Auch im Internet findet man "glückliche Arbeitslose" lange vor 2005:der Bericht hat geschrieben: Der Kongress 1982
Tosender Beifall begleitete die Berichterstatterin der Arbeitsgruppe VIII zum "Begriff der Arbeit", als sie die Ergebnisse ihrer Diskussionen auf dem Abschlußplenum vortrug. Wir schreiben das Jahr 1982 und befinden uns auf dem 1. Arbeitslosenkongreß in Frankfurt/M.
Nach Jahren kontinuierlicher Arbeitslosigkeit, mit der Bildung von Arbeitslosengruppen in vielen Städten und Landkreisen in Deutschland, formulierte sich ein starkes Bedürfnis nach bundesweiter Zusammenarbeit und öffentlicher Präsenz. Resultat war die Organisierung des Frankfurter Kongresses.
Die damals, besonders in sozialdemokratischen und gewerkschaftlichen Kreisen, vorherrschende Forderung nach einem "Recht auf Arbeit" stieß auf breite Kritik bei den VertreterInnen der unabhängigen Erwerbslosen- und Jobberinitiativen. Für sie endete das "Recht auf Arbeit" in eine Lohnarbeit um jeden Preis. Stattdessen forderten sie ein Recht auf eine gesicherte Existenz für alle.
http://www.diegluecklichenarbeitslosen. ... chrift.htm
Dort wird über Schriften und Aktionen ab 1997 berichtet.
Bestimmt erinnern sich einige an den Herbst 2004, als es überall in der BRD "Montagsdemos", bzw Anti-Hass4-Demos gab. Teilweise gab es immer zwei solche Demos, auf der einen versammelten sich die "Arbeit! Arbeit! Arbeit!"-Freunde, auf der anderen diverse Arbeitsloseninitiatven, welche das erwähnte "Existenzgeld" propagierten, zusammen mit "Anarchisten", die zum Beispiel "Luxus für alle!" forderten. Damals war zwar die Spaltung offensichtlich, nur noch nicht so ganz die Ursache, das "bedingungslose Grundeinkommen" hatte viele Namen. Wer das verfolgen möchte, hier ein thread dazu:
http://www.forum.attac.de/viewtopic.php?t=2142
Kurzum, das BGE war, als es das Licht der Welt erblickte, durchaus ein "linkes" Projekt und von Anfang an war es einem Teil der Linken ein Dorn im Auge.
Auch die Lieblingsfrage braver Spießer: was tun mit Arbeitslosen ist uralt. Siehe z.B.
-> Spiegel vom 27.11.1978 Jeder vierte ein Drückeberger?
Erst 23 Jahre später traten Leute wie Götz Werner in den Ring. Und daß heute im Jahre 2010 einige Menschen aus dem Unternehmerlager sich mit dem Grundeinkommen befassen, liegt wohl daran, daß die "Arbeitslosigkeit" ein Dauerproblem ist, daß die "Kosten" dafür stetig in die Höhe kletterten und das BGE sich als "vernüftige" Alternative zum Murks der letzten 30 Jahre geradezu jedem vernunftbegabten Menschen anbietet, handelt es sich doch "nur" darum ein Grundeinkommen mit Bedingungen, Kontrollen, Schikanen und wachsender Bürokratie durch ein solches ohne Bedingungen zu ersetzen.
Historisch kann man leicht nachweisen, daß an der Spitze aller Revolutionen und sozialer Bewegungen natürlich auch "Herrschende", speziell in der Arbeiterbewegung "Großkapitalisten" standen. Eigentlich sollte man stets, das was Menschen konkret tun (und denken) berücksichtigen und nicht nur wegen ihrer Partei-, Religions-, Klassen- oder "Rassen"zugehörigkeit alles in Bausch und Bogen verwerfen, wie Herr Flegelskamp rät:
Klar das "Böse" sitzt in den Genen. Poltisch-gesellschaftliche Auseinandersetzung ist von vornherein sinnlos, weil schon der Name der "Feinde" alles sagt!Alleine die Namen Straubhaar und Roland Berger im Vorstand dieses Vereins sind für mich Garanten eines absolut unsozialen Hintergedankens bei diesem Konzept.
Bemerkenswert an der Flegelskamp-Geschichte ist nicht nur seine "logische" Entwicklung, er ignoriert die "linken" BGE-Befürworter komplett. Dabei gibt es eine recht starke Gruppe in "die Linke":
http://www.die-linke-grundeinkommen.de/WordPress
Auch "die Grünen" haben eine entsprechend große Arbeitsgemeinschaft, selbst in der SPD und in den Gewerkschaften mehren sich BGE-fans und BGE-Arbeitsgemeinschaften.