Namibia: Weniger Armut mit 100 Dollar (2008)

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KlBi
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Namibia: Weniger Armut mit 100 Dollar (2008)

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3.10.2008 Weniger Armut mit 100 Namibia Dollar (cirka 8 Euro)

http://www.az.com.na/politik/weniger-ar ... .74120.php
Die Zahlung eines Grundeinkommens (Basic Income Grant, BIG) reduziert die Armut deutlich und trägt zur Steigerung des Lebensstandards der Empfänger bei. Dieses Resümee zieht die BIG-Koalition anhand einer Studie. Nun lautet die Forderung, das Grundeinkommen landesweit auszuzahlen.
Windhoek – Die Studie, die gestern in Windhoek vorgestellt wurde, vergleicht die Situation der Menschen in dem Ort Otjivero/Omitara anhand von Bestandsaufnahmen, die im November 2007 und im Juli 2008 gemacht wurden. Damit sollten die Veränderungen aufgezeigt werden, die sich durch die BIG-Zahlung ergeben. Das Grundeinkommen wird seit Januar dieses Jahres an rund 1000 Einwohner des genannten Ortes gezahlt: Jeder von ihnen (außer Empfänger der Staatsrente) bekommt 100 Namibia-Dollar pro Monat über einen Zeitraum von zwei Jahren.

„Das Geld sollte ermöglichen, dass die Menschen ihr Schicksal in die eigenen Hände nehmen – das haben wir erreicht“, sagte Bischof Zephania Kameeta von der evangelischen Kirche ELCRN sowie vom Namibischen Kirchenrat CCN. Er verwies darauf, dass der Ort bereits als „abgeschrieben“ gegolten habe und die Einwohner einen schlechten Ruf gehabt hätten. Sie seien als „faul, kriminell und betrunken“ bezeichnet worden.

Wie die Studie nun deutlich macht, habe sich die Situation der Menschen binnen sechs Monaten grundlegend geändert. „Sie bezahlen von dem Geld nur grundlegende Dinge: Essen, Schulgebühren und -uniformen. Niemand hat neue Schuhe oder ein Auto erwähnt“, erklärte Hilma Shindondola-Moton, Direktorin des Arbeitsforschungsinstituts und BIG-Partners LaRRI, das die Studie angefertigt hat. Wie Claudia Haarmann von ELCRN im Detail erläuterte, habe sich die Nahrungsmittelsicherheit der Bewohner von 20 auf 60 Prozent erhöht. Der tägliche Mangel an Lebensmitteln sei zudem von 30 auf zwölf Prozent zurückgegangen. Außerdem hätten im ersten Halbjahr 2008 doppelt so viele Kinder wie sonst die Schule besucht, weil die Gebühren dafür bezahlt worden seien. Die Zahl der Fehlstunden durch Schulbummelei sei überdies um 50 Prozent zurückgegangen.

Herbert Jauch von LaRRI wies auf den Aspekt der „armutsbedingten Kriminalität“ hin. Diese sei von 28 auf elf Fälle (jeweils in einem 5-Monats-Zeitraum) zurückgegangen. „Verbrechen werden durch Armut forciert“, sagte er und erklärte, dass die meisten Vergehen der Menschen dieses Ortes darin bestanden hätten, dass sie (Feuer-)Holz von kommerziellen Farmen gestohlen hätten. „Wir können die Kriminalität schon morgen durch BIG beenden“, sagte er im Hinblick auf die Forderung der BIG-Koalition, das Grundeinkommen landesweit auszuzahlen. Und weiter: „Mit dem Wissen über die Ergebnisse der Studie ist es jetzt sogar kriminell, BIG für ganz Namibia nicht zu unterstützen.“

Dirk Haarmann von der ELCRN fügte hinzu, dass die Auszahlung des Grundeinkommens auch zu wirtschaftlicher Stimulierung und Vorsorgementalität beigetragen habe. Einige Menschen hätten sich selbstständig gemacht, andere Tiere angeschafft oder Sparkonten eingerichtet. „Das Konzept geht auf, die Studie übertrifft all unsere Erwartungen“, sagte er auf AZ-Nachfrage.
Es gibt auch ein Forum zu dieser Namibia-Zeitung:
http://www.az.com.na/interaktiv/forum
Zuletzt geändert von KlBi am Di Nov 04, 2008 9:20 pm, insgesamt 2-mal geändert.
KlBi
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Beitrag von KlBi »

31.10.2008: Wo das Geld vom Himmel fällt

www.taz.de
Wenige Tage vor Monatsende ist im Shop von Steven Eigowab wie immer wenig los. Die Regale sind leer, das kleine Lager auch. Doch das stört niemanden, denn durch die Tür, wo die trockene Mittagshitze sich mit der relativen Kühle des Ladens vermischt, ist seit dem Morgen kein Kunde gekommen. Eigowab zuckt mit den Schultern. "Kurz vor Monatsende ist es immer dasselbe: Alle warten auf neues Geld." Damit bezahlen die Kunden das, was sie im Lauf der vergangenen Wochen bei Eigowab haben anschreiben lassen. Mit dem Geld kauft Eigowab neue Waren, und der Kreislauf beginnt von vorne. Sorgen um die Kreditwürdigkeit seiner Kunden muss der Kaufmann sich seit Anfang Januar nicht mehr machen. Seitdem nämlich fließt das Geld in Otjivero garantiert.
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In der 1.200-Seelen-Gemeinde gut 100 Kilometer östlich von Namibias Hauptstadt Windhuk erhält jeder Bürger monatlich 100 Namibia-Dollar, umgerechnet sind das acht Euro. Reich ist man damit nicht, aber leben kann man davon, vielleicht sogar ein bisschen mehr. Tun muss man dafür nichts, es gibt keine Bedingungen und kein Kleingedrucktes. Wer in Otjivero lebt, bekommt das Geld. So einfach ist das.

Eigowab konnte es selbst kaum glauben, als vor mehr als einem Jahr der angesehene Bischof Zephania Kameeta im schäbigen Otjivero auftauchte und den Geldsegen versprach. "Ich habe das Misstrauen gespürt", sagt Kameeta. Der auf dem Dorfplatz versammelten Menschenmenge rief der 62-Jährige deshalb irgendwann zu: "Ich bin nicht den langen Weg aus Windhuk hierher gekommen, um zu lügen, dafür bin ich zu alt." Die Leute staunten, und Kameeta, eine Art namibischer Desmond Tutu, grinst noch heute über seine Spitzbüberei. Richtig ernst genommen, sagt Kameeta, haben die meisten ihn aber wohl erst, als Monate später die Zählung der Bürger begann. "Das Ganze war eine Nacht-und-Nebel-Aktion, selbst die Helfer haben wir erst unmittelbar vor der Abfahrt aus Windhuk informiert", erinnert sich Dirk Haarmann, der gemeinsam mit seiner Frau Claudia das Projekt zum Grundeinkommen in Otjivero im Auftrag der Evangelisch-Lutherischen Kirche Namibias begleitet.

Mit der Geheimnistuerei sollte verhindert werden, dass Verwandte und Bekannte in Otjivero einströmen, um von dem weltweit einzigartigen Modellprojekt zu profitieren. Denn nur wer am Stichtag registriert wurde und jünger ist als 60 Jahre, bekommt das Geld: Genau 930 Menschen. Rentner, die bereits eine staatliche Grundversorgung erhalten, bleiben außen vor. Ansonsten kriegt jeder das Grundeinkommen, vom Säugling bis zum Familienvater, vom Bettler bis zum Reichen. "Das Grundeinkommen befreit die Menschen vom täglichen Existenzkampf", erklärt Haarmann, der aus dem rheinischen Mettmann stammt und seit fünf Jahren in Windhuk lebt. "Hunger macht ökonomisch keinen Sinn", glaubt der Theologe, der auch Soziologie studiert hat. "Nur wer nicht hungert, wird wirtschaftlich aktiv und kann sich selbst aus der Armut befreien." Damit stützt er den Bericht einer staatlichen Kommission, die der namibischen Regierung schon vor sechs Jahren die Einführung des Grundeinkommens für jeden Bürger zur Lösung der sozialen Schieflage im Land empfohlen hat. "Aber die Regierung hat gezögert und gezögert, bis Kirchen, Gewerkschaften und Verbände gesagt haben: jetzt wollen wir einfach mal einen Feldversuch wagen." Bis Ende 2009 läuft das Modellprojekt in Otjivero.

Finanziell, so hat Haarmann ausgerechnet, wäre die flächendeckende Einführung des Grundeinkommens kein Problem. Das ehemalige Deutsch-Südwestafrika hat eines der höchsten Pro-Kopf-Einkommen Afrikas. Hier liegen die Diamanten förmlich in der Wüste herum, nur dass die Wüste von hohen Zäunen umgeben ist, Areale, die Sperrgebiete heißen. Deshalb ist die Schere zwischen Arm und Reich kaum irgendwo größer als in Namibia: Zwei Drittel der Namibier leben unterhalb der Armutsgrenze, ein Drittel der unter Fünfjährigen ist mangelernährt. Maximal vier Prozent des Bruttosozialprodukts wären nötig, so glaubt Haarmann, um die Lage grundlegend zu ändern. Finanziert werden soll das Grundeinkommen über Steuern, die Reiche stärker belasten, und über Einsparungen: Weil jeder das Gleiche bekommt, sind keine Überprüfungen nötig, kein bürokratischer Überbau. Das macht das Grundeinkommen für den Staat attraktiv.

Einer der Profiteure in Otjivero ist John Thomason, der in der Morgensonne seine einjährige Tochter Hildegard auf dem Arm hält. "Ich kann jetzt einen alten Pick-up abbezahlen." Sein Hof ist übersät mit Ersatzteilen, mit Autos kennt Thomason sich aus. Doch das Kapital, mit seinem Wissen etwas anzufangen, fehlte ihm bisher. "Wenn Leute in die Stadt wollen, ins 50 Kilometer entfernte Gobabis, dann lade ich sie auf die Ladefläche und fahre sie dorthin." Zehn Namibia-Dollar verlangt er für die Hin- und Rückfahrt, bis zu zwölf Personen bekommt Thomason locker zusammen: wegen des Grundeinkommens gibt es auf einmal zahlende Kunden. In der ersten Woche nach der Auszahlung ist Thomason meist täglich unterwegs, den Rest der Zeit unternimmt er gelegentlich Botenfahrten nach Windhuk. Wenn er seine Kosten abrechnet, bleibt genug zum Leben und für das Schulgeld für seine drei anderen Kinder. "Mir geht es besser als früher", sagt der 43-Jährige. Da hat er wie die meisten in Otjivero gar keine reguläre Arbeit gehabt. Seine Frau hat auf den schmalen Streifen staubiger Erde, der das Dorf von den hohen Zäunen der benachbarten Farmen trennt, versucht, ein bisschen Gemüse anzubauen. Zu denen, die gewildert haben, will Thomason selbst nicht gehören, obwohl er Verständnis für die in der Nachbarschaft verschrienen Viehdiebe hat. "Die haben ja nicht wirklich gewildert, nur ab und zu eine Antilope oder so etwas ins Dorf gebracht."

So sehr als Dorf von Ganoven und Taugenichtsen war Otjivero verschrien, dass die Leute Haarmann vor Start des Projekts gefragt haben, warum er gerade diesen Ort für ein Modellprojekt ausgewählt hat. "Ein Pfarrer hat mich gewarnt: Dieses Dorf ist ein Krebsgeschwür, geht da nicht hin", erinnert sich Haarmann. Inzwischen, berichten manche Dörfler stolz, seien die Farmer von nebenan ab und an gar bereit, Leute aus Otjivero als Erntehelfer oder Handlanger einzustellen. "Das wäre früher nicht möglich gewesen", frohlockt Steven Eigowab. Eigowab ist Chef des 18-köpfigen Komitees, das die Dorfbewohner kurz nach der Zählung gewählt haben. Die Idee hatten sie selbst, "um das Projekt zum Erfolg zu machen", sagt Eigowab. Das Komitee half mit, bei der ersten Geldausgabe Ordnung zu schaffen: Sonst wären viele der Wartenden wohl zertrampelt worden bei dem Ansturm auf die Kasse. Inzwischen weiß jeder, dass genug Geld für alle da ist. Das zweite Problem ist delikater: die richtige Verwendung. "Wir wollen nicht, dass alle ihr Geld gleich am Ausgabetag versaufen." Genau das nämlich werfen die Kritiker dem Projekt vor: den Untätigen werde Geld in den Rachen geworfen. Anstatt Arbeit zu belohnen, werde Untätigkeit finanziert. Und tatsächlich feierten die 13 Kaschemmen, Shebeens heißen sie hier, am Abend des ersten Ausgabetags das Geschäft ihres Lebens. Wegen Alkoholismus und "ungebührlichen Verhaltens" nahm die Polizei ein paar Bewohner mit in die Ausnüchterungszelle. Andere trugen ein paar Tage später stolz ein neues Handy oder anderes Konsumgut zur Schau. "Aber spätestens wenn einer den Nachbarn um einen Kredit angehauen hat, kam die Antwort: wieso, du hast doch auch deine 100 Dollar bekommen", so Eigowab. Am Zahltag Nummer zwo sei es entsprechend ziviler zugegangen. Das lag vielleicht auch daran, dass Eigowab und sein Komitee nicht müde wurden, an den Tagen davor warnend von Haus zu Haus zu ziehen: verschwendet nicht euer Geld.

Der Zwischenbericht, den Bischof Kameeta unlängst der namibischen Regierung vorlegte, zieht für die ersten sechs Monate eine fast enthusiastische Bilanz. Der Prozentsatz mangelernährter Kinder ist demnach von 42 auf 17 Prozent gefallen. Die Zahl der Eltern, die Schulgeld bezahlen, hat sich verdoppelt: Statt bisher 40 brechen nur noch fünf Prozent der Kinder die Schule ab. Auch Gesundheit steht ganz oben auf der Prioritätenliste: Die Zahl derjenigen, die vier Dollar für einen Arztbesuch auf den Tisch legten, hat sich seit Januar verfünffacht. Das für die Nachhaltigkeit des Projekts vielleicht wichtigste Ergebnis: Mit ihrer Arbeit ist es den Bewohnern gelungen, ein Gesamteinkommen zu erzielen, das über der Summe des ausgezahlten Grundeinkommens liegt. Die Kriminalität in und um Otjivero ging unterdessen um 20 Prozent zurück.

Mit solchen Argumenten, hofft Haarmann, wird man die Regierung von einer Ausweitung des Projekts überzeugen können - trotz kraftvoller Gegenspieler, allen voran der Internationale Währungsfonds. "Die haben der Regierung die Kosten für das Grundeinkommen künstlich hochgerechnet und das mir gegenüber so begründet: wir sind halt gegen das Prinzip", ärgert sich Haarmann bis heute. Im einst so gefürchteten Otjivero mehren sich hingegen andere Sorgen. "Uns geht es jetzt gut", flüstert Joseph Kanep, der vom Grundeinkommen gerade sein Haus repariert. "Aber wir müssen uns schützen vor Schmugglern, Drogendealern und Banditen, die uns den Reichtum nehmen wollen." Für den Aufschwung in Otjivero gibt es vielleicht keinen besseren Beleg als die neue Angst, die Kanep mit vielen seiner Freunde teilt.
KlBi
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Beitrag von KlBi »

"Kritik" an dem Projekt

http://www.az.com.na/lokales/von-armut- ... .75326.php

Vom 27.10.2008
Von Armut weit entfernt
NEPRU-Kritik entfacht neue Debatte um Grundeinkommen – Dialog geht weiter
Die jüngste Analyse des Wirtschaftsforschungsinstituts NEPRU zum Grundeinkommen (Basic Income Grant, BIG) hat eine erneute Debatte über dieses Projekt entfacht. NEPRU fordert genauere Zahlen und eine unabhängige Untersuchung, die BIG-Koalition verteidigt das Vorhaben.
Windhoek – Die Zahlung des Grundeinkommens für die Einwohner des Ortes Otjivero/Omitara und die dazu vor drei Wochen vorgestellte Studie der BIG-Koalition ist Thema im jüngsten NEPRU-Bericht. Daraus geht hervor, dass die Verbesserung der Lebensumstände für die Menschen nicht so deutlich ist wie von der BIG-Koalition behauptet.

So hat NEPRU zum Beispiel berechnet, dass der Anteil an den Ausgaben für Lebensmittel im November 2007 mit 29,2% (262 N$) und im Juli 2008 mit 27,1% (bzw. 354 N$) des Haushaltseinkommens keine große Veränderung zeige. „Laut Definition der namibischen Regierung gilt in diesem Land als arm, wer mehr als 60% des Einkommens für Lebensmittel ausgibt“, erklärte der Ökonom Dr. Rigmar Osterkamp von NEPRU und schlussfolgert: „Die durchschnittlichen Bewohner von Otjivero/Omitara sind weit von Armut entfernt.“ Als „sehr erstaunlich“ bezeichnet Osterkamp in diesem Kontext die Sparrate. Diese habe im November 2007 genau 298 N$ (25%) betragen und sich bis Juli 2008 auf 790 N$ pro Haushalt und Monat erhöht.

Der Bericht des Wirtschaftsforschungsinstituts relativiert eine weitere als Erfolg genannte Zahl der BIG-Studie. Darin war von einem Rückgang der Schulbummelei um 50% die Rede. NEPRU rechnet vor, dass es Ende 2007 zwölf von 150 schulpflichtigen Kindern gegeben habe, die dem Unterricht fern geblieben seien, ein halbes Jahr später habe sich deren Zahl auf sechs verringert. Dies ist zwar ein Rückgang um 50%, doch die Zahl der Teilnahme am Unterricht sei insgesamt und effektiv von 92 auf 96% gestiegen, heißt es. Dies sei jedoch in jedem Fall ein „positives Ergebnis“, so der Ökonom.

Ein Hauptkritikpunkt für den NEPRU-Experten ist die Tatsache, dass die meisten Menschen durch BIG befähigt würden, Geld auszugeben – anstatt es zu verdienen. An diesem Punkt setzen auch die Bedenken von Harold Pupkewitz ein. Der Unternehmer möchte wissen, wie man sicherstellen wolle, dass das Geld „langfristig angelegt und für eine bessere Zukunft verwendet wird“, fragte er bei der Präsentation des NEPRU-Berichts.

Von einem Scheitern des BIG-Projekts möchte Osterkamp nicht sprechen. „Wir wissen noch nicht so viel darüber, außerdem sind Ökonomen immer skeptisch“, sagte er auf AZ-Nachfrage. Neben mehr Zeit für ein abschließendes Urteil benötige man auch eine „bessere Untersuchung“. Denn die vorliegende Studie wurde von LaRRI und somit einem Partner der BIG-Koalition erstellt. Die Untersuchung eines unabhängigen Instituts wäre „beweiskräftiger“, so Osterkamp.

Dirk Haarmann von der evangelisch-lutherischen Kirche ELCRN, einem Partner der BIG-Koalition, zeigte sich „schockiert“ von dem NEPRU-Bericht. Im AZ-Gespräch verteidigte er die Glaubhaftigkeit der LaRRI-Studie. Haarmann versprach: „Wir werden uns damit auseinandersetzen, die BIG-Koalition wird sich noch äußern.“
Folgender Artikel wurde in "meinespd" gepostet:
(...)

Zu der NEPRU-Kritik, na ja, die kritisieren nur die übertriebene Drastellung:

> Daraus geht hervor, dass die Verbesserung der Lebensumstände
> für die Menschen nicht so deutlich ist wie von der BIG-Koalition
> behauptet.

Folgenden "Krtikpunkt" kann ich trotz Mathestudium nicht nachvollziehen:

> NEPRU rechnet vor, dass es Ende 2007 zwölf von 150
> schulpflichtigen Kindern gegeben habe, die dem Unterricht fern
> geblieben seien, ein halbes Jahr später habe sich deren Zahl
> auf sechs verringert. Dies ist zwar ein Rückgang um 50%,
> doch die Zahl der Teilnahme am Unterricht sei insgesamt und
> effektiv von 92 auf 96% gestiegen, heißt es. Dies sei jedoch
> in jedem Fall ein „positives Ergebnis“, so der Ökonom.

Vielleicht findet sich jemand, der einem Doofen, wie mir, das erläutert? Ich versuche mal, wie ich das Geschreibsel verstehe:

Anscheinend hat sich die Anzahl der schulpflichtigen NICHT geändert: vorher 150; nachher 150.
Nun sind 92% von 150 schlappe 138 Kinder, welche VORHER die Schule besucht haben, und 12 haben (wie von BIG behauptet) die Schule nicht besucht. NACHHER: 96% von 150 haben die Schule besucht, was auf 144 hinausläuft und 6 Schüler haben (wie von BIG behauptet) die Schule nicht besucht. Das macht einen Rückgang von 12 auf 6, also die Hälfte oder 50%.

Frage: Was soll der Satz: "Dies ist ZWAR ein Rückgang um 50%" (=Kritikpunkt)

Sehr witzig oder? Ein "Kritikpunkt" der sich vollständig ich Luft bzw leeres Geschwafel auflöst. Die anderen "Kritikpunkte" scheinen mir von ähnlichem Kaliber. Kurzum "man" gönnt diesem Projekt keinen Erfolg!

Insgesamt wurde somit der Erfolg durch die gutversorgten Miesepeter voll bestätigt, was ich übrigens besonders bemerkenswert finde. Beim Lesen der Überschrift dachte ich zunächst, naja, wahrscheinlich haben die BIG-Leute auch etwas (optimistisch) übertrieben. Aber auch das scheint nicht der Fall zu sein!

liebe Grüße
Klaus B
KlBi
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Beitrag von KlBi »

Hallo liebe Leute!

Es geht um das Namibia-Projekt, einem BGE-Kleinversuch. Darüber findet man verschiedene Berichte, unter anderem:
http://www.az.com.na/politik/weniger-ar ... .74120.php

Nun hat eine mysteriöse NEPRU-Organisation (ein Wirtschaftsinstitut) dieses Projekt, bzw die Darstellung über dieses Projekt, madig gemacht:
http://www.az.com.na/lokales/von-armut- ... .75326.php

Die "Kritikpunkte" sind teilweise an den Haaren herbeigezogen. Man kann Leserbriefe schreiben!

Mindestens einen solchen gibt es schon und zwar:

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Vom 30.10.2008
Seriöse Studien zum Grundeinkommen
Betr.: „Von Armut weit entfernt” (AZ, 27. Oktober 2008)
Man fragt sich, von welchen Interessengruppen diese fragwürdige NEPRU-Studie finanziert wurde, so dass sie deren Lied singen müssen. Hier in Deutschland gibt es seriöse Studien verschiedener Universitäten, die die Durchführbarkeit des bedingungslosen Grundeinkommens belegen. Eine Dissertation der Universität München bekräftigt die ethische Seite wissenschaftlich (Link: Dissertation: Uni München: Archivserver deposit.d-nb.de Kilian Kemmer: Das bedingungslose Grundeinkommen (pdf, 216 Seiten)).

Natürlich gibt es auch hierzulande Knechte, die das Hohelied des Großkapitals singen müssen (Bsp. Prof. [Un-]Sinn vom IFO-Institut in München; er hat sich gerade eben mit der Verteidigung der Manager der Casinobanken lächerlich gemacht). Es wäre weltweit Aufsehen erregend, wenn das Modell „Bedingungsloses Grundeinkommen“ zuerst in Afrika implementiert würde.

Klaus Köke (Mitglied des Arbeitskreises „Bedingungsloses Grundeinkommen” an der Universität Ulm)
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Ich selbst habe mir erlaubt ebenfalls einen zu verschicken (er ist aber noch nicht veröffentlicht):


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Hallo Freunde!

Ich verstehe die "Kritik" an dem BIG-Bericht zum Grundeinkommens-Projekt nicht wirklich. Sicherlich neigen "Optimisten" schnell zu übertriebener Darstellung ihrer Erfolge. Daß man dann miesepetrich anfängt Erbsen zu zählen, ist klar. Besonders "Ökonomen", die selbst schon ausgesorgt haben und eigentlich zur Verbesserung der Arbeits- und Lebensbeingungen der Menschen da sind, scheinen beleidigt zu sein, wenn andere ihnen zeigen, wie es schneller und besser gehen könnte.
Nun scheint die in Ihrer Zeitung abgedruckte "Kritik" eine reine Luftnummer zu sein. Das mit den "Schulschwänzern" ist überhaupt nicht nachvollziebar. Sie schreiben "Zwar ist der Rückgang der Anzahl der Schulschwänzer -wie von BIG behauptet- um 50% zurückgegangen, aber..." Was aber? Ihre abgedruckten Zahlen, bestätigen die Behauptung. "Stört" jetzt nur, daß der Fortschritt anhand des Rückganges der Anzahl der Schulschwänzer (um 50%) dargestellt wurde anstatt ihn anhand der Zunahme der Anzahl der Schulbesucher (von 92% auf 96%) darzustellen? Mein Gott, wie kindisch! Die anderen Kritikpunkte sind ebenfalls kaum nachvollziehbar.

Ich verstehe überhaupt nicht, warum man so ein kleines Projekt nicht einfach "großzügig" unterstützt und stattdessen daran herumnörgelt und es kleiner redet als es eh schon ist. Was soll das? Ich selbst werde dieses Projekt ab heute im Auge behalten und wenn möglich unterstützen, ehe es von satten selbstzufriedenen Rechthabern und beleidigten Leberwürsten plattgemacht wird!

mit erstaunten Grüßen
Klaus Binder (Europäischer Union, Berlin)
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Es sollten wirklich mehrere Leute schreiben, bzw das Projekt weiter verfolgen!

liebe Grüße
Klaus B
KlBi
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Beitrag von KlBi »

http://www.az.com.na/lokales/sozialdeba ... .75781.php
Vom 4.11.2008
Sozialdebatte um BIG-Zahlung
Grundeinkommen diskutiert – Streitfrage: Was ist Armut? – Vorwurf an Kritiker
Bei einer hitzigen Debatte um das Grundeinkommen (BIG) hat die BIG-Koalition gestern das Wirtschaftsforschungsinstitut NEPRU scharf angegriffen und ihm absichtliche Diskreditierung des Projekts vorgeworfen. Im Zentrum standen die Armutsdefinition und die Seriosität von Studien.

Windhoek – NEPRU hatte in seiner jüngsten Analyse behauptet, dass sich das Leben der ca. 1000 Bewohner von Otjivero/Omitara, an die das Grundeinkommen (100 N$ pro Person und Monat) seit Jahresbeginn im Rahmen des BIG-Pilotprojekts ausgezahlt wird, nicht wesentlich verändert habe und dass diese von Armut weit entfernt seien. Bemessungsgrundlage dafür seien die Ausgaben für Lebensmittel des verfügbaren Einkommens in Bezug auf eine Armutsdefinition der namibischen Regierung (AZ berichtete). Dem widersprach gestern die BIG-Koalition vehement. Eine eigene Studie habe gezeigt, dass das Grundeinkommen „die Armut und die Kinder-Unterernährung drastisch reduziert“ habe, heißt es in einer Erklärung der Koalition, welche NEPRU eine „fehlgeleitete und unkorrekte“ Analyse sowie mangelnde Untersuchungen vor Ort vorwirft. NEPRU habe die Anfang Oktober von der BIG-Koalition veröffentlichten Fakten falsch interpretiert.

Die Studie der Koalition, angefertigt vom Arbeitsforschungsinstitut LaRRI, entspreche hingegen „akademischen und wissenschaftlichen Standards“, heißt es. Außerdem sei die NEPRU-Definition von Armut nicht realistisch. Die BIG-Koalition stützt sich zum Beispiel darauf, dass sich die Zahl der unterernährten Kinder unter fünf Jahren in den ersten sechs Monaten dieses Jahres von 42 auf 17% reduziert habe.

Des Weiteren wies Isac Kaulinge, Sprecher der Kirche ELCRN, einem Partner der BIG-Koalition, darauf hin, dass es Ansätze für wirtschaftliche Entwicklung (durch Selbstständigkeiten) gebe sowie die Kriminalität zurückgegangen und die Teilnahme am Schulunterricht gestiegen sei. Von 281 Schülern hätten 250 die volle und zwei Kinder die halbe Schulgebühr gezahlt. Auf die Frage der AZ, wie viele schulpflichtige Kinder es in Otjivero/Omitara insgesamt gebe, reagierte ELCRN-Pastor Dirk Haarmann jedoch nur mit Medienschelte: Er wolle die Zahl nicht nennen, denn: „Ich habe kein Interesse daran, dass Sie (die AZ) die Diskussion weiter vermischen.“

DELK-Pastor Harald Klöpper sprach von der weltweiten Einzigartigkeit des Projekts und betonte den Solidaritätsansatz der Christen. Herbert Jauch (LaRRI) wies darauf hin, dass viele Regierungsprojekte zur Armutsreduzierung seit der Unabhängigkeit ihr Ziel verfehlt hätten. Indes unterstellte ELRCN-Bischof Zephania Kameeta dem Wirtschaftsforschungsinstitut, dass dessen Analyse „Teil eines Angriffs auf BIG“ sei. Alfred Angula von der Farmarbeitergewerkschaft meinte, dass BIG „der richtige Weg“ im Kampf gegen die Armut sei.

NEPRU-Ökonom Rigmar Osterkamp erklärte, dass Ökonomen solche Projekte stets skeptisch sehen würden. Er forderte mehr Zeit und weitere Studien sowie eine andere Methodik dafür. Der amtierende NEPRU-Direktor Klaus Schade sprach der Koalition seine Anerkennung für ihre Initiative aus und wehrte sich gegen deren Vorwürfe, das BIG-Projekt „zerstören“ und „die Armen missachten“ zu wollen. Wie Schade weiter informierte, sei das für den morgigen Mittwoch geplante NEPRU-Seminar zum Thema BIG wegen der gestrigen Debatte abgesagt worden. „Viele Fragen wurden jetzt bereits beantwortet“, begründete er auf AZ-Nachfrage.
und ein Leserbrief dazu
http://www.az.com.na/leserbriefe/big-de ... .75850.php
Vom 5.11.2008
BIG: Debatte und Kritik willkommen
Betr.: „Sozialdebatte um BIG-Zahlung“ und Kommentar „BIG und die Feindbilder“ (AZ, 4. November 2008)
Ich habe mit großem Interesse die BIG-Debatte verfolgt, war aber über die Berichterstattung und den AZ-Kommentar vom 4. November sehr enttäuscht. Als am BIG-Projekt teilnehmender Sozialforscher schreibe ich normalerweise keine Leserbriefe, möchte aber in diesem Fall eine Ausnahme machen. Ich hoffe, dass dieser kleine Beitrag etwas Licht auf die BIG-Pressekonferenz wirft, die am 3. November stattgefunden hat.

Die BIG-Studie der Koalition ist die einzige wissenschaftliche Studie, die bislang vorgelegt wurde. Herr Osterkamp hat lediglich versucht, die Ergebnisse umzuinterpretieren und dabei gravierende wissenschaftliche Fehler gemacht. Im AZ-Artikel und vor allem im AZ-Kommentar wird nun der BIG-Koalition vorgeworfen, dass sie keine Kritik zulassen will und mit blinder Wut („ideologische Kriegsführung“ und „Verblendung“) reagiert habe. Es ist sehr schade, dass viele der Erklärungen, die die Koalition gab, in der AZ-Berichterstattung nicht erwähnt wurden. So wurde der Koalition von einem der deutschen Farmer in Omitara während eines Interviews gesagt, dass die meisten Farmer in der Gegend die Otjivero-Siedlung ganz und gar beseitigen wollen und deshalb gegen das BIG-Projekt Sturm laufen. Dies wurde in der Pressekonferenz erwähnt, aber nicht in der AZ. Auch der Ladenbesitzer vertritt lediglich seine eigenen Interessen, was ihm natürlich zusteht. Allerdings kann seine Meinung und die seiner Farmerkollegen nicht die einzige sein, die ernst genommen wird.

NEPRUs Herr Osterkamp ist sich vielleicht dieser Dynamik in Otjivero/Omitara nicht bewusst, aber seine Kritik basiert genau wie die des Internationalen Währungsfonds auf einer überwiegend ideologischen Gegenposition. Dies hilft der Debatte, wie Armut und Ungleichheit in Namibia am besten angegangen werden können, nicht weiter. Wie gesagt, die BIG-Studie der Koalition ist die einzige empirische Studie, aber die Debatte ist oft geprägt von gefestigten Interessen. Die BIG-Koalition will sicherlich keine Debatte verhindern – ganz im Gegenteil. Anders als NEPRU hat die BIG-Koalition alle Beteiligten persönlich eingeladen und ihnen die Chance der Erwiderung bei der Pressekonferenz gegeben. Außerdem wird es bereits am Mittwoch, 5. November 2008, bei der Universität eine weitere Debatte geben. Dies wurde auch in der AZ annonciert.

Die Presseerklärung der BIG-Koalition vom 3. November war sicherlich scharf formuliert. Dies muss gesehen werden vor dem Hintergrund der Osterkamp-Kritik, die zumeist haltlos und zum Teil destruktiv war und scheinbar selbst innerhalb NEPRUs umstritten ist. Es ist daher sehr bedauerlich, dass die AZ in ihrer Berichterstattung die eklatanten Schwächen der Osterkamp-Kritik nicht widergespiegelt hat. Ich hoffe, dass die zukünftige Berichterstattung über die BIG-Debatte wieder die Balance findet, so dass die Zeitung nicht zum Sprachrohr derer wird, die aus purem Eigeninteresse die BIG-Initiative zerstören wollen. Wie gesagt, Debatte und Kritik sind stets willkommen, aber gefestigte Interessen sollten als solche erkannt und dargestellt werden.

Herbert Jauch (LaRRI), Windhoek
http://www.nepru.org.na
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www.grundeinkommen.de

Tauziehen um den Grundeinkommens-Versuch in Namibia

03.11.08 | von Herbert Wilkens |

Nachdem der erste Zwischenbericht zum Pilotprojekt eines Grundeinkommens in einem Dorf in Namibia vorgelegt wurde (wir berichteten) gab es Einwände dagegen aus dem unter deutscher Leitung stehenden Wirtschaftsforschungsinstitut NEPRU in Windhoek. Rigmar Osterkamp, ein vom ifo-Institut für Wirtschaftsforschung München beurlaubter Entwicklungsökonom, weist in einer Kurz-Analyse (PDF, 138 KB) auf mögliche Schwächen des Zwischenberichts hin. Er bezweifelt, dass die Bewohner des Dorfes überhaupt arm sind im Sinne der in Namibia üblichen Definition von „Armut“. Gegenüber der in Windhoek erscheinenden „Allgemeinen Zeitung“ fordert er, die Bewertung des Projekts müsse statt von der BIG-Koalition von unabhängige Experten durchgeführt werden. Fraglich erscheint, ob das unbedingt die NEPRU-Ökonomen sein sollten.

Die von Osterkamp vorgetragenen Argumente werden von Manuel Franzmann in seinem Grundeinkommensblog analysiert. Er weist auf die Schwierigkeiten einer solchen Evaluierung hin und kommt zu dem Ergebnis, dass Osterkamp die vorgefundenen Fakten einseitig zum Nachteil des Grundeinkommens-Ansatzes bewertet.
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www.fr-online.de: Geld für eine zweite Mahlzeit
Ein Grundeinkommen für alle, unabhängig von Bedürftigkeit und Arbeitsbereitschaft - was in Deutschland selbst innerhalb der Parteien kontrovers diskutiert wird, erproben afrikanische Länder bereits. Beispiel Namibia: Der Staat gilt als einer der reicheren des Kontinents. Aber die Einkommensungleichheit ist enorm. Seit Januar bekommen die Einwohner der Gemeinde Omitara in der Wüste Namib jeden Monat 100 namibische Dollar (achteinhalb Euro) auf dem Dorfplatz ausgezahlt - ohne eine Leistung dafür erbringen zu müssen. Jeder Einwohner bis 60 Jahre, ob Kleinkind oder Erwachsener, hat darauf einen Anspruch.

Allen Unkenrufen zum Trotz werden bereits nach sechs Monaten die Erwartungen des Basic Income Grant (BIG), das sich für ein Grundeinkommen in Namibia einsetzt, übertroffen. "Es hat sich eine ganze Menge verändert", sagt BIG-Koordinatorin Claudia Haarmann. "Die Menschen kaufen sich Lebensmittel, schicken Kinder zur Schule und lassen sich ärztlich untersuchen. Teilweise machen sie sogar kleine Geschäfte auf und investieren in ihre Häuser."
Mittlerweile beteiligen sich auch entwicklungspolitische Organisationen, die namibische Evangelische Lutherische Kirche, Gewerkschaften und Anti-Aids-Initiativen an dem zweijährigen Projekt, das aus Spenden finanziert wird. "Jeder Mensch hat ein Recht auf Leben und eine Grundsicherung", betont BIG-Initiatorin Haarmann, "und wir können im 21. Jahrhundert nicht mehr davon ausgehen, dass sich alle durch eine Arbeit absichern können."
Ähnlichen Argumenten begegnet man in der Grundeinkommensdebatte in Deutschland. Doch auch hier ist die Skepsis groß: Werden die Menschen noch arbeiten, wenn sie eine monatliche Auszahlung bekommen, ohne auch nur einen Finger zu rühren? Wird hierzulande über Summen von 600 bis 1000 Euro pro Monat gestritten, geht es in Afrika um eine zweite oder dritte Mahlzeit am Tag. Deshalb wird das Grundeinkommen in der Sprache der Entwicklungshilfe auch "Social Cash Transfer" genannt und erhebt nicht den Anspruch, die gesamte Grundversorgung zu sichern.

In Sambia startete ein Transfer-Projekt bereits 2005. Ausgewählte Familien im Bezirk Kalomo erhielten ohne jede Auflage sieben Dollar im Monat. Das Projekt endete vor wenigen Wochen, nun werden die Erfahrungen ausgewertet.

Auch wenn das Niveau des Grundeinkommens in Afrika sich erheblich von hiesigen Vorstellungen unterscheidet, greift doch dasselbe Prinzip: "Wenn man nichts hat, kann man auch nichts machen", sagt Haarmann. Auch die Menschenrechtsorganisation Fian, die sich für das Recht auf eine angemessene Ernährung einsetzt, plädiert deshalb für einen Social Cash Transfer. Mit Haarmann ist sich Fian einig, dass ein flächendeckendes Grundeinkommen nicht von Hilfsorganisationen, sondern aus Steuern finanziert werden müsse. Nur so seien Korruption und Missbrauch zu verhindern. Deshalb kommt es nun darauf an, dass die Regierungen mitziehen. In Namibia, so Haarmann, unterstützten immerhin schon einige Abgeordnete das Vorhaben.
Leserbrief zu diesem Artikel:
Betrifft: Namibia, Geld für eine zweite Mahlzeit (Erscheinungsdatum 18.09.2008)

Auch wenn es etwas spät ist, will ich mich für euren guten optimistisch-neutralen Bericht über das Namibia Projekt bedanken. Andere Zeitungen, wie z.B. die berühmte TAZ sind da doch erheblich arroganter. Man merkt in entsprechenden Darstellungen mehr ein "Beleidigtsein" der Autoren, was hier ganz fehlt.

Ich möchte auf die in Ihrem Artikel erwähnten "Gegenargumente" gegen das Grundeinkommen eingehen:

> Ähnlichen Argumenten begegnet man in der Grundeinkommensdebatte
> in Deutschland. Doch auch hier ist die Skepsis groß: Werden die
> Menschen noch arbeiten, wenn sie eine monatliche Auszahlung
> bekommen, ohne auch nur einen Finger zu rühren?

Sicherlich gibt es Bürger, die so argumentieren. Das sind aber letztlich Menschen, die nicht viel wissen und nichts entsprechendes studiert haben. Von ihnen hängt auch nichts ab.
Interessant sind dagegen solche Leute, die im "linken" Lager hocken, die sonstwas studiert haben und sonderbarerweise ebenfalls das Grundeinkommen, sowohl in Namibia wie auch in den "reichen" Staaten ablehnen. Und hier liegen sicherlich ganz andere Gründe vor. Man findet Argumente wie etwa: Das "Kapital" kauft den potentiellen Widerstand, denn wer wehrt sich noch gegen den "Kapitalismus", wenn jeder Bürger mit einem Grundeinkommen ausgestattet wird? Andere Gründe liegen in der "Betreuungspsychose", darin, daß ja nun einmal etliche Menschen von Armut, Elend, Mord und Totschlag sehr gut leben, indem sie darüber schöne Bücher schreiben oder tolle Filme drehen oder schließlich als (bezahlte) "Betreuer" tätig sind. Das alles wäre futsch. Die profane Existenz steht hier also auf wackligen Füßen. Möglich ist auch, daß "Idee" und Methode eines Grundeinkommens gegenüber konplizierten Verteilungsüberlegungen zu einfach und profan erscheinen. Um das BGE-Prinzip zu verstehen, muß man kein akademisches Hochschulstudium abschießen und die Realisierung geschieht ebenfalls ganz einfach, wie in dem Artikel beschrieben: einmal im Monat kommen welche auf den Marktplatz und verteilen 100-Namibia-Dollarscheine. Simpler kann man sich das wohl kaum vorstellen!

Es ist jedenfalls erstaunlich, daß gerade die "Engagierten", Personen, die vorgeben im Sinne der "Armen" tätig zu sein, seit Jahren das Grundeinkommen ignorieren, boykottieren und eben auch "bekämpfen".

liebe Grüße
Klaus B
KlBi
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Registriert: Di Sep 23, 2008 3:04 am

Beitrag von KlBi »

markus-lobis.blog.de Bericht aus Otjivero I

markus-lobis.blog.de Bericht aus Otjivero II



Das ist ein längerer Bericht aus Otjivero, mit Fotos. Es wird auch ein EU-Volksvertreter genannt, der sich das angeschaut hat:
Josef Kaneb, genau drei Monate älter als der Besucher aus dem Europäischen Parlament, Sepp Kusstatscher, ist eines der Komitee-Mitglieder mit Kontrollaufgaben.

markus-lobis.blog.de NEPRU kritisiert Projekt in Otjivero
Zuletzt geändert von KlBi am So Apr 05, 2009 5:57 pm, insgesamt 2-mal geändert.
KlBi
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Registriert: Di Sep 23, 2008 3:04 am

Beitrag von KlBi »

http://www.az.com.na/leserbriefe/nicht- ... .76055.php
Nicht an BIG herumnörgeln
Betr.: „Von Armut weit entfernt“ / Debatte um Grundeinkommen BIG (AZ, 27. Oktober 2008)
Ich verstehe die „Kritik“ an dem BIG-Bericht zum Grundeinkommen-Projekt nicht wirklich. Sicherlich neigen „Optimisten“ schnell zu übertriebener Darstellung ihrer Erfolge. Dass man dann miesepetrich anfängt Erbsen zu zählen, ist klar. Besonders „Ökonomen“, die selbst schon ausgesorgt haben und eigentlich zur Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen der Menschen da sind, scheinen beleidigt zu sein, wenn andere ihnen zeigen, wie es schneller und besser gehen könnte.

Nun scheint die in Ihrer Zeitung abgedruckte „Kritik“ eine reine Luftnummer zu sein. Das mit den „Schulschwänzern“ ist überhaupt nicht nachvollziehbar. Sie schreiben: „Dies ist zwar ein Rückgang um 50%, doch die Zahl der Teilnahme am Unterricht sei insgesamt und effektiv von 92 auf 96% gestiegen“. Ihre abgedruckten Zahlen bestätigen die Behauptung. „Stört“ jetzt nur, dass der Fortschritt anhand des Rückganges der Anzahl der Schulschwänzer (um 50%) dargestellt wurde, anstatt ihn anhand der Zunahme der Anzahl der Schulbesucher (von 92% auf 96%) darzustellen? Mein Gott, wie kindisch! Die anderen Kritikpunkte sind ebenfalls kaum nachvollziehbar.

Ich verstehe überhaupt nicht, warum man so ein kleines Projekt nicht einfach „großzügig“ unterstützt und stattdessen daran herumnörgelt und es kleiner redet als es eh schon ist. Was soll das? Ich selbst werde dieses Projekt ab heute im Auge behalten und wenn möglich unterstützen, ehe es von satten, selbstzufriedenen Rechthabern und beleidigten Leberwürsten plattgemacht wird.

Klaus Binder, Berlin
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