BGE und die Moderne Maxistische Theorie.

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Moderator: BGE

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root
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BGE und die Moderne Maxistische Theorie.

Beitrag von root »

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Auf Twitter hat Ole Nymoen in diesem Thread auf seine Kritik des BGE verwiesen, die sich auf der Website der #SPD -NRW findet und den Titel trägt:

Grundeinkommen? Nein, danke!


Hinsichtlich der Veränderung der Arbeitswelt, dem Verschwinden der klassischen Arbeit, argumentiert er dort
Nymoen hat geschrieben:Ob es wirklich so kommt, sei an dieser Stelle einmal dahingestellt – wenn auch stark angezweifelt: Schon 1930 sah John Maynard Keynes den 3-Stunden-Arbeitstag voraus, ähnliches forderte bereits 1880 der französische Sozialist Paul Lafargue.
Nymoen macht es sich sehr leicht, denn der von Keynes 1930 vorausgesehene 3-Stundentag bezog sich vermutlich auf die Beschäftigungsentwicklung in den ersten 2 Wirtschaftssektoren (Landwirtschaft und Industrie)
Bild
(alle Grafiken von KI chatGPT erzeugt die Daten wurden nicht geprüft, spiegeln aber allgemeine bekannte Tendenzen wider.)

Auf der Grafik ist die globale Entwicklung der Wirtschaftssektoren von 1850 bis 2020 im 10-Jahres-Abstand abgebildet:
• Primärer Sektor (grün): Stark rückläufig – früher dominierend, heute nur noch ein kleiner Anteil.
• Sekundärer Sektor (gelb): Mit der Industrialisierung stark angestiegen, dann ab dem 20. Jahrhundert allmählich zurückgegangen.
• Tertiärer Sektor (blau): Stetiger Anstieg – heute der dominierende Wirtschaftsbereich weltweit.

Wie die Grafik zeigt, hat sich der Anteil der damals relevanten Sektoren an der Wirtschaftsleistung enorm reduziert.

Die Grafik könnte auch als Abbildung der Entwicklung eines Durchschnittsarbeitstags des Menschen betrachtet werden.
🟩 beschreibt die notwendige Arbeit zur Erzeugung von Lebensmittel,
🟨 beschreibt die notwendige Arbeit zur Erzeugung von Klamotten aller Art, und
🟦 beschreibt „Reproduktionsarbeit“.

Dann setzte sich der Arbeitstag in den einzelnen Epochen wie folgt zusammen:
  • 1850 🟩 7 Std. Landwirtschaft, 🟨 2 Std. Töpfern, Häuser bauen und Straßen pflastern, und 🟦 1 Std. Frisieren und Massieren
  • 1930 🟩 4 Std. säen und melken, 🟨 4,5 Std. Schuhe, Autos, Kraftwerke bauen und 🟦 1,5 Std. Massieren, Frisieren und Body-bilden.
  • 2024 🟩 1/2 Std. sicheln, 🟨 2,5 Std. Hämmern und 🟦 7 Std. Kinder erziehen, Kranke pflegen, Museen besuchen, Urlaub machen uvm.
Für Marxisten wie Herr Nymoen sollte die Grafik aus anderem Grund interessant sein.
Eine Gesellschaft in der 🟩 die Wirtschaft dominiert wird gemeinhin als Feudalismus beschrieben.
🟨 beschreibt Kapitalismus und nun die Preisfrage, welche Gesellschaft beschreibt 🟦?

Betrachtet man den realen in $ gemessenen Anteil der Sektoren an der Wirtschaftsleistung:
Bild:

Auf der Grafik ist die globale Entwicklung der Wirtschaftssektoren von 1850 bis 2020 im 10-Jahres-Abstand zu sehen:
• Primärer Sektor (grün): Stark rückläufig – früher dominierend, heute nur noch ein kleiner Anteil.
• Sekundärer Sektor (gelb): Mit der Industrialisierung stark angestiegen, dann ab dem 20. Jahrhundert allmählich zurückgegangen.
• Tertiärer Sektor (blau): Steiler Stetiger Anstieg – heute der dominierende Wirtschaftsbereich weltweit.

Im Vergleich zum Dienstleistungssektor verringert sich die wirtschaftliche Bedeutung der waren- also wertproduzierenden zwei Sektoren deutlich.

Auch die Beschäftigten verteilen sich erwartungsgemäß

Bild


Die Grafik zeigt die Entwicklung der globalen Beschäftigtenzahlen in den drei Wirtschaftssektoren von 1850 bis 2020 (in Millionen):
• Primärer Sektor (grün): Dominierend im 19. Jahrhundert, aber mit starkem Rückgang – trotz Bevölkerungswachstums – durch Mechanisierung und Produktivitätssteigerung.
• Sekundärer Sektor (gelb): Wachstum bis Mitte des 20. Jahrhunderts, seither Rückgang durch Automatisierung und Verlagerung der Produktion.
• Tertiärer Sektor (blau): Stark zunehmende Beschäftigung – heute der wichtigste Arbeitgeber weltweit.


Nun zeigt die letzte Grafik lediglich ca. 3,8 Mrd. Beschäftigte (2020) bei einer Weltbevölkerung von rund 8 Mrd. "Händen" (So wurden die Leibeigenen genannt.) Diesen "Fehler" erklärt die folgende Grafik, nämlich die Erwerbsquote.
Bild

Die Grafik zeigt die geschätzte Entwicklung der globalen Erwerbsquote (Anteil der Gesamtbevölkerung, der arbeitet oder aktiv Arbeit sucht) von 1850 bis 2020:
Haupttrends:
  • 1850–1920: Leichter Rückgang, da Kinderarbeit langsam zurückgeht und mehr Menschen in Bildung eintreten.
  • 1930–1970: Zunahme durch wirtschaftlichen Aufschwung und zunehmender Einbeziehung der "Reproduktionsarbeit" in den Wirtschaftsprozess. Erwerbstätigkeit von Frauen
  • 1980–2020: Stabilisierung bzw. leichter Rückgang – vor allem durch Alterung, längere Ausbildungszeiten und geringere Erwerbsbeteiligung in manchen Ländern
Lesen wir weiter:
Nymoen hat geschrieben: Beide glaubten sie an die Erlösung durch die Maschine, doch von einer solchen Reduktion der Arbeitszeit ist weder in Deutschland noch global etwas zu sehen.
Es geht weniger um die Erlösung von einem Übel als vielmehr um die Befreiung von einem naturgesetzlich determinierten Zwang und meine Darstellung sollte doch jedem zeigen, dass "Arbeit" in den letzten 2 Jahrhunderten einen enormen Wandel erfahren hat.

Wer den "Glauben" von Lafargue und Keynes, vernünftiger Weise an die, für die damalige Zeit dominanten Wirtschaftssektoren knüpft, kommt nicht umhin, ihre Prognosen als zutreffend zu beurteilen.

Aber für die Modenen Marxitische Theorie hat sich an der Welt in den letzten 200 Jahren wenig geändert.

Ohne Strom kein Ohm – ohne Bewegung kein Widerstand!
Während weltweit Menschen fürs #BGE #arbeiten, stellen sich ausgerechnet die alten Strukturen der Linken dagegen. Statt den Wandel zu gestalten, klammern sie sich an überkommene Vorstellungen von Arbeit und Verteilung.

Lesen wir weiter, um das bis hier Gesagte
Nymoen hat geschrieben: soll es hier aber gar nicht gehen:
Es soll also gar nicht um die Erlösung gehen?
Nymoen hat geschrieben: Unabhängig davon, ob uns die Erwerbsarbeit nun tatsächlich ausgeht;
Hier verschiebt Herr Nymoen den Fokus von der produktiven wertschöpfenden Arbeit, einer Arbeit, die sich durch ihre konkreten Früchte finanzierte und die das Industriezeitalter prägte, auf die moderne Erwerbsarbeit - eine Arbeit, die geleistet wird um zu erwerben nicht um zu erzeugen!
Nymoen hat geschrieben: Unabhängig davon, ob uns die Erwerbsarbeit nun tatsächlich ausgeht; (...)
ein Grundeinkommen wird an seinen inneren Widersprüchen scheitern.
In der modernen marxistischen Theorie geht bekanntlich alles ganz allein an seinen inneren Widersprüchen von zu Grunde. Das hat den Vorteil, dass ein Marxist hochnäsig über alle Anstrengungen und Mühen anderer arrogant und selbstgefällig hinwegsehen kann. Er weiß eh, dass alles sinnlos ist, weil alles, was entsteht ist wert das es zugrunde geht!

Jedenfalls sind wir gespannt, welche Widersprüche jemand, für den Arbeit ohne gesellschaftlichen Bezug und ohne inhaltliche Substanz existiert, der Arbeit quasi inhaltsleer, raum- und zeitlos als Arbeit Ansich betrachtet, wie so jemand Widersprüche im Grundeinkommenskonzept entdecken will.
Wo doch Grundeinkommen als die Basis konzipiert ist, die dem Menschen in der modernen Informations-, Kommunikations- und Dienstleistungsgesellschaft Arbeit überhaupt erst wieder ermöglichen soll.
Nymoen hat geschrieben: 1: Eine Freiheit, die nicht in Anspruch genommen werden darf…

Worum handelt es sich bei einem solchen Einkommen überhaupt? Anstelle unveräußerlicher Grundrechte auf Wohnen, Essen oder kulturelle Teilhabe proklamieren BGE-Befürworter das Menschenrecht auf einen nominalen Geldbetrag.
Ein Geldbetrag ist immer nominal wenn ich nicht irre, aber, wie lächerlich kann man sich machen?
Wie anders soll dem Rechnung getragen werden, wenn nicht durch ein Geldeinkommen? Sollen Essensmarken; Dauerkarten fürs Museum und mietfreie Wohncontainer gefordert werden?

Es sind ja genau die „unveräußerlichen Grundrechte auf Wohnen, Essen oder kulturelle Teilhabe“, die die BGE-Befürworter erkämpfen wollen.
Welche Handlungsalternative um solche unveräußerlichen Grundrechte gegen den Zeitgeist durchzusetzen, bietet die Moderne marxistische Theorie an?
Nymoen hat geschrieben:
Dass dieser in seinem realen Wert fallen oder steigen kann, verrät jedoch bereits ein Blick in den Wirtschaftsteil einer beliebigen Zeitung: Während im Sommer 2020 mitunter deflationäre Preisentwicklung in Deutschland herrschte, ist derzeit die Inflation in aller Munde.
Ganz bestimmt hat noch kein Mensch, der für das BGE eintritt von Inflation gehört! Je dümmer Sie den anderen schreiben, desto glänzender Ihr Glanz?
Nymoen hat geschrieben: Stellen wir uns zur Veranschaulichung der BGE-Problematik nun eine geschlossene Volkswirtschaft vor, in der ein Grundeinkommen eingeführt wird.
Was ist die Basis dieser "vorgestellten" Volkswirtschaft? Ist es ein System in dem Sklaven gehalten werden oder betreibt man dort hauptsächlich Landwirtschaft? Vielleicht ist es eine warenproduzierende kapitalistische Wirtschaft oder eine sozialistische Gesellschaft oder vielleicht eine im Zerfall befindliche sozialistische Gesellschaft auf den Weg in den Kommunismus?
Oder ist der gesellschaftliche Entwicklungsstand für Ihr Modell irrelevant?
Nymoen hat geschrieben: Zwei Extremsituationen könnten eintreten. Erstens: Alle gehen genauso wie zuvor ihrer Erwerbsarbeit nach. Dann hätte das BGE kaum inflationäre Wirkung: Dadurch, dass von oben nach unten umverteilt wird, steigt die Nachfrage moderat, während die Gesamtmenge an produzierten Gütern gleich bleibt.
Steigende Nachfrage hat eine belebende Wirkung auf die Wirtschaft und Beschäftigung. Es bleibt also festzuhalten, dass dieser Extremfall zu einer moderaten Entspannung auf dem Arbeitsmarkt führen würde. Die Beschäftigung würde tendenziell zu- und nicht abnehmen.
(zumindestens gemäß der Modernen Marxistischen Theorie)
Nymoen hat geschrieben: Zweitens: Kaum jemand oder sogar niemand geht mehr seiner Arbeit nach. In diesem Fall sinkt die gesamtgesellschaftliche Outputmenge stark bei leicht steigender Nachfrage und es kommt zu einer hohen Inflation.
Wenn keiner mehr seiner Arbeit nachgeht, dann gibt’s nix mehr. Dann gibt es auch keine Inflation.
Das ist wie, wenn alle zu atmen aufhörten.
Welcher Output sinkt denn? Nehmen wir an, der Friseur legt die Hände in den Schoß, ARD und ZDF machen Sendepause, die Bundestagssitzungen fallen aus, der DB-Vorstand tagt nicht mehr, die Arbeiterwohlfahrt, Caritas u.v.m. stellen ihre Wohltätigkeit ein, die Schüler bleiben daheim usw.? Warum soll dadurch die Inflation angeheizt werden.


(Inflation kann nur ausgelöst werden durch Stockungen in der realen wertschöpfenden Produktion also in den ersten 2 Sektoren.
Wie wir haben zeigen können, ist die produktive, wertschöpfende Arbeit auf rund ¼ der Gesamtbeschäftigung gefallen. Das wären die zwei Sektoren, die für Inflation zuständig sind. >> später)

Nymoen hat geschrieben: Realistisch ist, dass ein Fall eintritt, der zwischen diesen beiden Extremen liegt.
Eine wertvolle unvorhersehbare Einschätzung, den Marxismus sei dank!

Wo jemand auf einer Skala von 1 (alles wie immer) - 100 (alles kaputt) seinen Realismus platziert hängt nicht zuletzt an seiner Bewertung der Arbeit … nein, falsch ... an der Bewertung seiner Mitmenschen, wie diese ihre Arbeit bewerten.

Herr Nymoen will bestimmt nicht von seiner Arbeit erlöst werden, denn nichts auf der ganzen Welt zwingt ihn Bücher zu schreiben. Er könnte es also einfach lassen.
Obwohl er selbst unbändigen Spaß an seiner Arbeit hat, unterstellet der 99,9999999999999% seiner Mitmenschen nach Erlösung von derselben zu streben.
Wie bekloppt ist das denn?
Er schiebt die Pegel vermutlich in den roten Bereich auf rund 80 - 90.

Nymoen hat geschrieben: Dies bedeutet, dass die meisten Menschen die Freiheiten, die ihnen das BGE geben soll – nicht jede Arbeit annehmen zu müssen, weniger arbeiten zu dürfen etc. – überhaupt nicht wahrnehmen können, ohne dass es zu mehr oder minder starken inflationären Wirkungen kommt.
Also etwa 40- 45 % der Menschen in Deutschland arbeiten überhaupt nicht, denn sie sind Rentner oder Kinder oder beides.
Und da immer größere Teile der Arbeitenden ihre Arbeit nicht als eine Last, von der Erlösung erhofft wird, empfinden, ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie nach eklatanter Veränderung streben, gering.
Und Menschen, die mit ihrer Arbeit eigentlich nicht zufrieden sind, die aber damit ein durchschnittliches bis überdurchschnittliches Einkommen erwerben, werden, weil es 1.500 € ohne Arbeit gibt, vermutlich nicht wechseln. Z.B. die Abgeordneten, die Minister usw.usf. aber auch Straßenbahnfahrerinnen, Soldatinnen, Nachrichtensprecherinnen, Mechatronikerinnen, Informatikerinnen, uswinnen.

Einen wirklichen Einfluss auf die Lebensbedingungen hat das BGE, sofern es sich am Existenzminimum orientiert, nur auf Menschen mit geringen oder keinem Einkommen und führt bei ihnen zu einer eklatanten Steigerung der Lebensqualität.
Das betrifft Menschen in prekären Lebensverhältnissen, Menschen in Ausbildung, Studium, Menschen, die sich neu orientieren, Menschen, die keine Ausbildung haben usw. Rentner mit geringer Rente

Laut KI betrifft es ca. 17,6 Mio. Menschen. Die Armutsgefährdungsschwelle liegt für eine alleinlebende Person bei etwa 1.381 Euro im Monat.
Amüsant ist, dass, bei einem Verdienst von 1.381 Euro pro Monat, der Staat rund 60 € Einkommensteuer verlangt. Der Steuerfreibetrag liegt nämlich seit ewig weit unter der Armutsgrenze. (der Pfändungsfreibetrag beträgt übrigens 1.555 € darauf zahlt man 110€ EK-Steuer/Monat)
Um das zu fixen, müsste der Steuerfreibetrag von derzeit (2025) 12.096 € pro Jahr auf (12 * 1.555 €) =18.660 € angehoben werden. (Ja ich weiß dann geht die Welt unter!)

Zurück zum Thema. Da das BGE vordergründig die Lebensbedingungen der Mittellosen verbessert wird es gemeinhin als Sozialleistung missverstanden aber, das Revolutionäre am BGE ist, dass es die notwendige ethische Reflexion über die essenzielle Moralvorstellung der Industriegesellschaft anstößt – nämlich den Grundsatz, dass nur essen soll, wer arbeitet.



Fortsetzung folgt in Kürze ....
Nymoen hat geschrieben: Wie eine BGE-Inflationsspirale vermieden werden soll, wäre daher von den Befürwortern erst einmal zu erklären.



Nymoen hat geschrieben: Stattdessen gehen sie davon aus, dass heute ein bestimmter Geldbetrag ausreicht, um ein würdevolles Leben zu führen, und fragen sich nicht, inwiefern das BGE die gesellschaftliche Produktion so verändern könnte, dass der reale Wert dieses nominalen Betrages sich verändert. Diese Blindheit für die Produktionsseite wurde kürzlich auf besonders lustige Weise sichtbar, als die (noch) mit dem Tesla-Gründer Elon Musk verheiratete Sängerin Grimes auf Instagram schrieb: “Ich bin interessiert an einem radikal dezentralisierten bedingungslosen Grundeinkommen, das durch Kryptographie und Gaming funktionieren könnte, aber ich habe diese Idee noch nicht genügend herausgearbeitet, um sie erklären zu können”. Wir bleiben gespannt!

2: …und die auch nicht an Anspruch genommen wird

Immer wieder finden Modellstudien zum Grundeinkommen statt, in denen Teilnehmer ein Probe-BGE erhalten. Gerne verweisen die Befürworter im Anschluss an derartige Studien darauf, dass das Grundeinkommen keine negativen Beschäftigungseffekte habe. Nun sei einmal dahingestellt, wie aussagekräftig eine solche Untersuchung ist, wenn Menschen wissen, dass sie ihr Probe-BGE nur für einen kurzen Zeitraum (meistens ein oder zwei Jahre) erhalten. Interessant ist vielmehr, dass die Grundeinkommen-Befürworter mit diesem scheinbaren Triumph – seht her, die Menschen sind gar nicht faul! – die Sinnlosigkeit ihres eigenen Konzeptes beweisen.

Denn das Grundeinkommen verschafft den Menschen eine Freiheit, die sie offenkundig weder nutzen können (siehe: inflationäre Probleme) noch wollen. Fragt sich: Wozu dann der ganze Trubel? Gern wird von BGE-Fans bei solchen Einwänden dann ausweichend auf nicht-ökonomische Kategorien verwiesen: Etwa auf ein zum Positiven verändertes Menschenbild, da nun immerhin bewiesen sei, dass kaum jemand faulenzt.
Mag sein, doch sollten sich die BGE-Befürworter dann auch die Frage gefallen lassen: Wie positiv kann ein Menschenbild sein, das zuallererst zur Forderung nach einem Grundrecht auf Geld führt?

3: Das BGE im internationalen Kontext

Die zuvor angenommene Vereinfachung einer geschlossenen Volkswirtschaft trifft offenkundig nicht auf die Realität zu. Das stellt jedoch nicht obige Feststellungen in Frage, sondern untermauert sie vielmehr. Denn welche Auswirkungen mag es haben, wenn in einer Währungsunion wie der EU ein Staat ein Grundeinkommen einführt, dessen realwirtschaftliche Auswirkungen überhaupt nicht prognostizierbar sind? Wie soll eine EZB, die durch ihre Geldpolitik für eine einheitliche Inflationsrate im Euroraum sorgen soll, beispielsweise mit einem allein in Deutschland eingeführten BGE umgehen? Und wie werden die globalen Kapitalmärkte reagieren? Diese Probleme werden die Grundeinkommen-Befürworter kaum beantworten können, da sie im Regelfall mit einer Mischung aus löblichem Menschenbild und ökonomischem Analphabetismus argumentieren, ohne reale Machtverhältnisse mitzudenken: Die einzig sinnvolle Antwort wäre angesichts der eben aufgeworfenen Fragen, dass dann eben ein europa- oder gar weltweites Grundeinkommen eingeführt werden muss. Das ist aber in etwa so realistisch wie eine proletarische Revolution in den USA. Ganz zu schweigen davon, dass Geld eben mehr ist als ein praktisches Tauschmittel. Es ist im Kapitalismus vor allem ein Machtobjekt.

Sollte ein BGE-Befürworter all diese Widersprüche auflösen können, bin ich gerne bereit, meine Meinung zu revidieren. Ansonsten bleibe ich dabei: Grundeinkommen? Nein, danke!

Ole Nymoen, Podcaster (Wohlstand für alle“) und Buchautor (Influencer: Die Ideologie der Werbekörper, Suhrkamp)
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