Frau Herrmann

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root
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Frau Herrmann

Beitrag von root »

syna, post:1, topic:9807, full:true hat geschrieben: Ich möchte hier keine "dramatischen Untergangsszenarien"
oder "reißerische Floskeln" aufbieten, nur um Gehör zu finden
oder einen "tollen Thread" zu machen.

Nein, ganz anders: Es soll hier nur darum gehen, uns ganz ehrlich
ein bißchen die Zukunft vorzustellen. Die Betonung dabei liegt
auf "ehrlich".

*----------------------------------------------------------------------------------------------*

Die Weltklimakonferenz COP27 ist gerade beendet worden - und
die Ergebnisse sind "mehr als frustrierend" (Annalena Baerbock).

Mojib Latif sagt, dass die 1,5-Grad Marke so nicht zu halten sei,
und dass wir auf 3 Grad zustreben.

Der Klimaforscher Johan Rockström sagt, vielen Diplomaten
sei nicht klar, wann welche Klimafolgen in welchem Ausmaß zu
erwarten seien.

Otto-Normalbürger sieht sich das Ergebnis stirnrunzeln an, und
fragt sich: "**Was bedeutet das für mich**"?

Eine bekannte TAZ-Autorin (korrigiert) hat da schon mal
etwas weiter vorausgedacht. Ulrike Herrmann skizziert in ihrem
Buch "Das Ende des Kapitalismus" realistisch, was passieren
wird. Dazu muss man wissen, dass unser Wirtschaftssystem
auf Wachstum - damit Kredite zurückgezahlt werden können -
aufbaut. Und genau "das mit dem Wachstum" ist das Problem:
Ulrike Herrmann hat geschrieben: Viele Menschen hängen immer noch dem Irrtum an, dass sie die Wahl
hätten. Doch diese Wahl gibt es nicht. […] Entweder sie verzichten
freiwillig auf Wachstum – oder die Zeit des Wachstums endet später
gewaltsam, weil die Lebensgrundlagen zerstört sind.
Auch das E-Auto wird nicht das heutige Auto ersetzen. Wir
machen uns da etwas vor, weil das E-Auto einfach zuviele
Ressourcen verschwendet. Wenn man das alles durchrechnet, dann
sieht man: Das E-Auto ist die totale Sackgasse!

Biokerosine werden so teuer sein, dass auch das Fliegen, sowohl
Kurz- als auch Langstrecke, i.A. nicht mehr möglich sein wird.
Ulrike Herrmann hat geschrieben: Die Industrieländer stehen vor einer Alternative, die eigentlich keine ist.
Entweder sie würden freiwillig auf das Wachstum verzichten oder das
Wachstum ende später gewaltsam, weil die Lebensgrundlagen zerstört
sein werden.
Schön zu hören und unterhaltsam ist z.B. dieses Gespräch:
[Interview mit Ulrike Herrmann (DAS)](https://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/ ... 29646.html)

Ich habe das Buch noch nicht ganz durchgelesen und alle Berechnungen
noch nicht alle nachgerechnet. Aber bisher hatte sich Ulrike Herrmann
nicht verrechnet. Das heißt dann aber, dass ihre Betrachtungen richtig
sind.

Was bedeutet das für unsere Gesellschaft?
Wie wird die Zukunft konkret aussehen?
Schokolade hat geschrieben:

https://forum.piratenpartei.de/t/klimak ... tisch/9807

syna, post:1, topic:9807 hat geschrieben: Nein, ganz anders: Es soll hier nur darum gehen, uns ganz ehrlich ein bißchen die Zukunft vorzustellen. Die Betonung dabei liegt auf “ehrlich”.
Ganz ehrlich muss ich dazu sagen, dass es „die“ Zukunft nicht gibt, sondern:

* Ein Individuum würde sich vielleicht Gedanken über die Möglichkeiten machen, seine Fähigkeiten gemäß eigener Interessen zu entwickeln.
* Als Mitglied einer bürgerlich patriarchalen Familie würde sich die Zukunftsfrage eher auf den Fortbestand der Familie beziehen. Also z.B. die Zeugung männlicher Nachfolger, die Sicherung des Besitzes durch geeignete Heiraten und dergleichen mehr.
* Und als Bestandteil einer identitätsstiftenden Entität, wie Volk oder Nation, wie sie ja zurzeit überall auf der Welt und darum auch hier im Forum als das Nonplusultra gehandelt wird, sind die Zukunftsvisionen eher auf kulturelle Eigentümlichkeiten, völkisch-nationale Souveränität und vergangene große Zeiten ausgerichtet. Also zwischen die Deutschen sterben aus, Amerika First und Großungarn.
https://www.faz.net/aktuell/politik/aus ... 80047.html

Nun stellt der Klimawandel, und das ist ja scheinbar Thema des Threads, ein übergreifendes globales Problem da.
Dazu wäre m.E. zunächst mal festzuhalten, dass es sich beim Klimawandel nicht mehr um ein Zukunftsszenario handelt, sondern dass er für viele Regionen der Erde heute bereits eine schwer zu bewältigende Gegenwart geworden ist.
Den menschengemachten Klimawandel abzuwenden, ist daher nicht mehr möglich. Möglich ist vermutlich weiteres Fortschreiten zu verhindern und seine Auswirkungen abzumildern.
Der auf der letzten Klimakonferenz beschlossene Font zur finanziellen Unterstützung der durch den Klimawandel besonders betroffenen Regionen ist da schon mal recht hilfreich, wenn auch der von den Grünen(+Spd) angepeilte Beitrag Deutschlands in Höhe von einigen läppischen Millionen Euro eine Frechheit und Farce darstellt.

Als Lösung der Klimaproblematik wird von @syna die Argumentation der Autorin Ulrike Herrmann vorgetragen.
Sie sieht die Ursache im Wirtschaftswachstum, das sie als treibendes Element des Kapitalismus beschreibt und argumentiert dann mit der heute vielfach strapazierten, tautologischen These „In einer endlichen Welt kann es kein unendliches Wachstum geben.“
Diese, oberflächlich betrachtet, schlüssige Argumentation wird aber bei genauer Betrachtung fadenscheinig.

Zunächst mal ist Kapitalismus eine Gesellschaftsordnung, die dadurch geprägt ist, dass Privatmenschen ihr Kapital einsetzten, um es „produktiv“, also durch Akkumulation, zu vermehren. Diesen individuellen Prozess auf eine ganze Gesellschaft zu übertragen, ist m.E. unzulässig.

Ein Einzelunternehmen kann prinzipiell auch wachsen, ohne dass die Gesamtwirtschaft wächst. Zurzeit sehr schön zu sehen bei den Gewinnen der Unternehmen im Bereich fossiler Energieversorgung.

Überdies ist Wachstum aus Sicht des Einzelunternehmens mit der volkswirtschaftlichen Betrachtung völlig inkompatibel.

Länder wie Indien oder China setzen nicht auf Wachstum, um wie @Syna mutmaßt, irgendwelche Kredite zurückzuzahlen
syna, post:1, topic:9807 hat geschrieben: Dazu muss man wissen, dass unser Wirtschaftssystem auf Wachstum - damit Kredite zurückgezahlt werden können - aufbaut.
sondern um die Versorgung der eigenen Bevölkerung zu verbessern und so dem einzelnen Menschen – genauer gesagt den eigenen Staatsbürgern - bessere Lebens- und Entwicklungsmöglichkeiten zu offerieren.

Auch anhand dieser volkswirtschaftlichen Zielsetzung ist erkennbar, dass es sich bei Nationalstaaten nicht um kapitalistische Systeme handelt, sondern um sozialistische. Zur Wirtschaftssteuerung (Planung?) werden mehr oder weniger viele marktwirtschaftliche Elemente und Methoden genutzt. Aber über allem thront eine staatliche Ordnung, eine Rechtsordnung. Privatisieren und Verstaatlichen sind feste Optionen in der Wirtschaftssteuerung eines modernen Staatswesens.

Wir können festhalten, dass ein einzelnes Unternehmen seine Prosperität auf dem Markt verfolgt, während eine Volkswirtschaft die Versorgung „ihrer“ Bürgerinnen im Blick hat.

Nun geht Frau Herrmann noch einen Schritt weiter, sie individualisiert den Begriff Wachstum (und damit die Klimaproblematik).
>Viele Menschen hängen immer noch dem Irrtum an, dass sie die Wahl
> hätten. Doch diese Wahl gibt es nicht. […] Entweder sie verzichten
> freiwillig auf Wachstum – oder die Zeit des Wachstums endet später
> gewaltsam, weil die Lebensgrundlagen zerstört sind.
Ihre Argumentation bewegt sich also von der produktiven Verwertung des individuellen Kapitals, der sogenannten Akkumulation, über die volkswirtschaftliche Versorgung der Gesellschaft zum privaten individuellen Konsumbedürfnis.
*(oh... oh .. , ich höre hier schon wieder jemanden „Rabulistik!“ rufen)*

Dieses begriffliche Kuddelmuddel lässt Ansätze in alle Richtungen offen.

So gibt es, wie Frau Herrmann erklärt, für viele Menschen nur die Wahl freiwillig auf Wachstum zu verzichten oder gewaltsam zum Verzicht gezwungen zu werden.
Hinter solchen Vorstellungen verbirgt sich, nebenbei gesagt, die Idealisierung der Gesellschaft, da alle Menschen, ob Obdachlos oder Villenbesitzerin, gleichgemacht werden. Gleichzeitig reduziert diese Vorstellung das globale Problem auf eine Nation, in der Regel die der Betrachterin.

Da der Übeltäter, nach Frau Herrmann, das Wirtschaftswachstum schlecht hin ist, kann die Welt nur gerettet werden, indem es gestoppt wird. So schlägt sie in dem von @syna verlinkten Gespräch vor, dass die Gesellschaft auf den Wohlstandslevel von 1970- 1980 zurückgestutzt werden sollte. Wie das konkret aussehen soll, sagt sie dabei nicht.
In Berlin wurde damals z.B. viel mit Kohle geheizt. Smog im Winter war nichts Ungewöhnliches. Röhrenfernseher und Röhrenradio waren sicherlich keine Energiesparer, das Handy hatte eine lange Leitung und eine 100-Watt-Glühbirne verbrauchte wirklich 100 Watt.

Zur Lösung des Rückentwicklungsprozesses schlägt sie vor, sich an der englischen Kriegswirtschaft in den 40er Jahren zu orientieren. Damals hätten alle Engländer, ob reich oder arm, denselben reduzierten Zugang zu den Konsumgütern bekommen, der über Lebensmittelmarken, Bezugskarten u. dgl. m. geregelt wurde. Alle waren glücklich, weil es allen gleich gut ging, so ungefähr Frau Herrmann.

Ihre Vision:
Ein starker Nationalstaat, der mindestens das Konsumverhalten des Einzelnen komplett überwacht. Da schlägt ein sensibles Piratenherz Amok.

Ihre Lösung ist ein Organisationsmodell, dessen Stärke unbestritten von Anfang bis Mitte-Ende des letzten Jahrhunderts bestanden hatte, das als „Diktatur des Proletariats“ eine Klassengesellschaft abbildete und sich durch Kontrolle des Menschen durch Institutionen auszeichnete.
Die Volksgemeinschaft züchtigte im Ideal des „normalen Menschen“ das Individuum. Die individuelle Freiheit ist der Feind des Volkskörpers.

Kontrolle des Verbrauchers durch starke, nationalstaatliche Institutionen ist also Frau Herrmanns Lösung eines globalen Problemfeldes.
Mit der Reduzierung auf den Verbraucher zeigt sich auch, dass die anfangs behauptete Ursache, der Kapitalismus, offensichtlich nicht weiter interessant ist.

Zurück zu den 70ern, solche naiven Vorstellungen basieren auf undifferenzierter Herangehensweise an ein globales Problemfeld.
Ich will auf Frau Herrmanns Überlegungen hier jetzt nicht weiter eingehen. Sie sind, wie gezeigt, schon im Ansatz irrig. M.E. kann ein Problem nicht innerhalb der es verursachenden Strukturen gelöst werden.
Die Zukunft versteckt sich nicht im Gestern, aber das Gestern und Heute liefern Fingerzeige, wie die Zukunft ausgestaltet werden könnte.
Die Menschheit muss sich neu organisieren.

Noch mal kurz zurück zum Wachstum.
Das Wirtschaftswachstum in Kapitalismus und Sozialismus bezog sich auf die materielle Produktion. Reproduktionsarbeit, also Erziehung des Nachwuchses, Krankenversorgung usw. war dagegen ein Kostenfaktor und wurde meist von Frauen kostenlos erbracht.

Die heutige Wirtschaft ist dagegen ganz anders aufgestellt. Die Reproduktionsarbeit ist mittlerweile Bestandteil derselben.
Auch das wäre ein Grund, „Wirtschaftswachstum“ differenzierter zu betrachten.

Und, Menschen, die sich nicht wie Frau Herrmann mit ihrem Hintern auf die deutsche Fahne geklebt haben, müssten einsehen, dass angesichts des global grassierenden Elends ein gewisses Wirtschaftswachstum heute noch notwendig ist.
Von den rund 200 Nationen, in die die Menschheit gegenwärtig zerfällt, versuchen sich zurzeit etliche aus dem Sumpf, in den die „Entwicklungshilfe“ der westlichen Industrienationen sie getrieben hat, zu befreien. Und leider strampeln sich dabei die meisten gegeneinander frei und die Industriestaaten tun ihr bestes, Konflikte überall auf der Welt zu fördern. Nichts ist hilfreicher als ethnische oder religiöse Unterschiede zu instrumentalisieren.

Zurück zum Thema.
Anstatt die Konsumenten zu quälen wäre es m.E. sinnvoller, die Produktion in Augenschein zu nehmen. Das würde die individuelle Freiheit schützen und gleichzeitig gesellschaftlichen Einfluss auf die Klimaauswirkungen gestatten.

Die Unternehmen müssten demokratisiert werden, Betriebsgeheimnisse und Patente sollten auf den Schutthaufen der Geschichte. Transparenz und Schwarmintelligenz sollten in die Produktion einziehen. Die Wirtschaft müsste anarchistisch organisiert werden.

Konzeptionell sollte der Grundsatz verfolgt werden, dass jedem Menschen das Recht auf Entwicklung seiner Fähigkeiten gemäß seiner Interessen sowie die Gestaltung seines Lebens nach eigenen Gutdünken zusteht. (globales BGE)
Es gibt m.E. keine Lösung der Klimaproblematik ohne eine Lösung der globalen sozialen Frage.
Für die progressiven Kräfte wäre es an der Zeit, Nationalismus zu überwinden und der individuellen Freiheit zum globalen Durchbruch zu verhelfen.
Es bedarf einer politischen Bewegung, die sich jenseits von AFD, die ja bekanntlich die deutsche Identität und Kultur retten will und auch jenseits von Fachpersonal, das die ukrainische Identität und Kultur retten will, wie es u.a. hier im Forum lautstark alles andere Denken niedermacht,
einer politische Bewegung, die sich auf globale Kollaboration der Menschen versteift.
Es sind also zwei Stränge notwendig. Erstens die Demokratisierung der Wirtschaft und zweitens die Überwindung der Nationalstaaten durch globale Kollaboration.

Hier ein interessanter Vortrag zur Demokratisierung der Wirtschaft und Globalisierung "linker" Politik. (Sie will auch den Kapitalismus abschaffen, aber hat vernünftige Argumente)
[Vergesellschaftungskonferenz Eröffnungspanel: Bini Adamczak](https://www.youtube.com/watch?v=jKme9Cf_4zE)

[Und hier was zum Elektroflugzeug](https://www.youtube.com/watch?v=4YX8unEoXgU)

Apropos AFD-Argumente, wer welche findet, darf sie behalten.
root
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Re: Frau Herrmann

Beitrag von root »

syna, post:9, topic:9732, full:true hat geschrieben: **@schokolade**:

Erstmal vielen Dank für Deine ausführliche Auseinandersetzung mit dem Thema.
Ob der Länge und Ausführlichkeit fürchte ich, dass nur wenige Leser hier im
Forum sich Deinen ganzen Artikel durchlesen werden. Aber ich habe das
natürlich getan.

Deshalb einige Bemerkungen dazu, allerdings kurz + knapp gehalten:
Ich glaube Du mißverstehst Ulrike Herrmann - und zwar in zwei Belangen:

1. "Das Ende des Kapitalismus" ist ein reißerischer Titel, er drückt nicht das aus, was
eigentlich gemeint ist. Fr. Herrmann kennt sehr gut die Vorteile des Kapitalismus. Hier
geht es genauer darum, den ressourcenverbrauchenden Teil unserer Wirtschaft zukunfts-
fähig zu machen. Dazu stellt Fr. Herrmann quantitative Betrachtungen an. D.h. sie
rechnet volkswirtschaftlich genau das alles durch, was in Zukunft, insbesondere in
Hinblick auf den Klimawandel, relevant wird.

2. Das "Zurück in die Vergangenheit" ist nicht das, was Fr. Herrmann hier propagiert.
Es geht vielmehr darum, dass wir unseren Gesamtressourcenverbrauch einschränken
müssen. Und dies geht natürlich mit einem Wohlstandsverlust einher. Um den Wohlstands-
verlust zu quantifizieren, hat sie als Vergleich das Ende der Siebziger Jahre angeführt.
Das heißt nie und nimmer, dass wir in die Siebziger Jahre zurückgehen sollen. Es heißt
nur, dass unser Wohlstand sich etwa dort einpendeln würde, wenn wir unseren
Ressourcenverbrauch auf ein sozial ausbalanciertes Niveau anpassen würden.

Wir leben in einer realen Welt! Diese Welt ist "verwaltungstechnisch" nun mal in
Nationalstaaten eingeteilt. Da wir dies in den nächsten Hundert Jahren nicht ändern
werden, müssen wir also Lösungen innerhalb dieser "verwaltungstechnischen
Einteilungen" lösen. D.h. wir müssen uns sehr wohl mit Nationalstaaten und deren
Regierungen befassen.

Dabei belasse ich es erstmal. :face_with_raised_eyebrow:
root
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Re: Frau Herrmann

Beitrag von root »

schokolade, post:10, topic:9732, full:true hat geschrieben:
syna, post:9, topic:9732 hat geschrieben: Erstmal vielen Dank für Deine ausführliche Auseinandersetzung mit dem Thema.
Gerne
syna, post:9, topic:9732 hat geschrieben: Ob der Länge und Ausführlichkeit fürchte ich, dass nur wenige Leser hier im
Forum sich Deinen ganzen Artikel durchlesen werden.
Echt jetzt, wie frustrierend! Ich dachte, wer die Welt aufklären will, muss im Forum der Piratenpartei posaunen.
Pirat_Andi, post:9, topic:9631 hat geschrieben: (...) dann ging es wohl einigen nicht um die Sache, sondern nur darum die eigene Meinung in die ganze Welt zu posaunen.
syna, post:9, topic:9732 hat geschrieben: Aber ich habe das natürlich getan.
Das glaube ich nicht wirklich. Mir scheint, Sie treibt nicht Wissbegier, sondern eine Art Sendungsbewusstsein.
syna, post:9, topic:9732 hat geschrieben: Deshalb einige Bemerkungen dazu, allerdings kurz + knapp gehalten:
Ich glaube Du mißverstehst Ulrike Herrmann - und zwar in zwei Belangen:
Ich habe das Buch nicht gelesen, sondern die Diskussion, auf die Sie verlinkt haben, angehört.
syna, post:9, topic:9732 hat geschrieben: 1. “Das Ende des Kapitalismus” ist ein reißerischer Titel, er drückt nicht das aus, was
eigentlich gemeint ist.
Mit anderen Worten, sie versucht durch einen reißerischen Titel die Verkaufszahl ihres Werkes zu erhöhen. Finden Sie das seriös?
syna, post:9, topic:9732 hat geschrieben: Fr. Herrmann kennt sehr gut die Vorteile des Kapitalismus.
"Vorteile des Kapitalismus", die da wären?
In der Diskussion redet sie aber doch sehr davon, den Kapitalismus abschaffen zu wollen.
syna, post:9, topic:9732 hat geschrieben: Hier geht es genauer darum, den ressourcenverbrauchenden Teil unserer Wirtschaft zukunfts-
fähig zu machen.
Wer ist wir und was ist unsere Wirtschaft? Ist die Rede vom schönen Deutschland oder von der Welt?

Ich hatte oben darauf hingewiesen, dass anders als in den 70ern heute die sogenannte Care-Arbeit zur Wirtschaft hinzuzuzählen ist. Kurz der Wirtschaftsprozess beschreibt nicht mehr nur die Produktion, sondern auch Reproduktion und Verteilung.
syna, post:9, topic:9732 hat geschrieben: Dazu stellt Fr. Herrmann quantitative Betrachtungen an. D.h. sie
rechnet volkswirtschaftlich genau das alles durch, was in Zukunft, insbesondere in
Hinblick auf den Klimawandel, relevant wird.
Hat sie den Aufbau der neuen Infrastruktur für die Versorgung der deutschen und europäischen Volkswirtschaften mit fossilen Energieträgern, die durch den russischen Angriffskrieg notwendig wurde und die ja einiges an Ressourcen zusätzlich verschlingt, mit eingepreist?

Wie hat sie den Ukrainekrieg verrechnet, ist der ressourcenschonender als der Afghanistankrieg?

Und wie die militärische Aufrüstung, die sich gegenwärtig global abzeichnet und die ja kaum ohne zusätzlichen Ressourcenverbrauch möglich ist, eingerechnet?
Also wie zuverlässig ist ihre Berechnung.

Der Preis für die deutschen LNG-Terminals soll ja schon bei 6-7 Mrd. € liegen.
https://www.butenunbinnen.de/nachrichte ... n-102.html
Investitionsvolumen Nord Stream 2 lag bei rund 10 Mrd. €
https://praxistipps.focus.de/nord-strea ... ine_141153
syna, post:9, topic:9732 hat geschrieben: 2. Das “Zurück in die Vergangenheit” ist nicht das, was Fr. Herrmann hier propagiert.
Nun genau das propagiert Sie in der Diskussion. So falsch kann ich das nicht verstanden haben. LouisB vergleicht die Vorstellungen von Frau Herrmann sogar mit den Idealen der Roten Khmer.
LouisB, post:11, topic:9807, full:true hat geschrieben: Frau Herrmann sieht aber nur ein Lösung nach Art der Roten Khmer.
Vielleicht sollten Sie sich das nochmal anhören.
syna, post:9, topic:9732 hat geschrieben: Es geht vielmehr darum, dass wir unseren Gesamtressourcenverbrauch einschränken
müssen.
Wieder die Frage, wer ist WIR?
syna, post:9, topic:9732 hat geschrieben: Und dies geht natürlich mit einem Wohlstandsverlust einher. Um den Wohlstands-
verlust zu quantifizieren, hat sie als Vergleich das Ende der Siebziger Jahre angeführt.
Die Frage ist, was Wohlstandsverlust genau heißen soll, wo sollen von wem Abstriche gemacht werden?

Die globalen Militärausgaben belaufen sich auf 2,1 Billionen US-Dollar. Das entspricht in etwa dem BIP folgender 115 Staaten (Tuvalu, Nauru, Kiribati, Palau, Marshallinseln, Föderierte Staaten von Mikronesien, Tonga, SãoTomé undPríncipe, Dominica, Samoa, St.Vincent und die Grenadinen, Vanuatu, St. Kitts und Nevis, Grenada, Komoren, Seychellen, Antigua und Barbuda, Salomonen, St. Lucia, SanMarino, Guinea-Bissau, Gambia, Kap Verde, Eritrea, Osttimor, Belize, Bhutan, Lesotho, Zentralafrikanische Republik, Suriname, Aruba, Andorra, Burundi, Dschibuti, Liberia, Sierra Leone, Fidschi, Eswatini, Barbados, Südsudan, Malediven, Montenegro, Somalia, Guyana, Togo, Kirgisistan, Tadschikistan, Kosovo, Mauretanien, Ruanda, Mauritius, Bahamas, Tschad, Malawi, Äquatorialguinea, Namibia, Republik Kongo, Moldau, Nordmazedonien, Armenien, Nicaragua, Brunei, Madagaskar, Niger, Mongolei, Jamaika, Mosambik, Guinea, Malta, Botswana, Benin, Albanien, Laos, Georgien, BurkinaFaso, Mali, Jemen, Gabun, Haiti, Sambia, Bosnien und Herzegowina, Trinidad und Tobago, Island, Kambodscha, Papua-Neuguinea, Senegal, Zypern, Honduras, El Salvador, Macau, Simbabwe, Sudan, Nepal, Estland, Paraguay, Bahrain, Lettland, Libyen, Bolivien, Uganda, Jordanien, Kamerun, Tunesien, Aserbaidschan, Demokratische Republik Kongo, Uruguay, Venezuela, Slowenien, Turkmenistan, Serbien, Panama, CostaRica, Myanmar, Litauen, Kroatien )

https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der ... ndsprodukt

Dazu kein Wort bei Frau Herrmann. Dafür wird die Reparatur eines alten Röhrenradios gepriesen.

Ein großer Teil des Wohlstandzuwachses besteht zudem im technischen Fortschritt.

Zu bedenken ist auch, dass die Weltbevölkerung 1970 rund 3,7 Mrd. Menschen zählte und heute rund 8 Mrd. Der Peak wird um 2050 bei rund 11 Mrd. liegen, dann erst wird das Bevölkerungswachstum allmählich zurückgehen.
https://de.statista.com/statistik/daten ... oelkerung/

Auch dazu kein Wort von Frau Herrmann!

Und leider hat sich die Wirtschaft auf der Erde sehr unterschiedlich entwickelt.
Nehmen wir Afghanistan.
https://www.tagesspiegel.de/politik/die ... 92415.html

Um den Menschen dort Perspektiven zu geben und einen Wohlstand zu ermöglichen, wie er in Deutschland 1970 bestand. Bedarf das Land eines erheblichen wirtschaftlichen Wachstums.
D.h. in vielen Regionen der Erde wäre ein hohes Wirtschaftswachstum notwendig, um die größte Not zu lindern.
So einfach wie Frau Herrmann sich die Sache macht, scheint mir, ist sie im Bällebad für deutsche Öko-Nationalisten abzuholen.
syna, post:9, topic:9732 hat geschrieben: Das heißt nie und nimmer, dass wir in die Siebziger Jahre zurückgehen sollen. Es heißt
nur, dass unser Wohlstand sich etwa dort einpendeln würde, wenn wir unseren
Ressourcenverbrauch auf ein sozial ausbalanciertes Niveau anpassen würden.
Nun, was auch immer das für Sie heißt, Wohlstand wie in den 70ern ist einfach unkonkret.

Und in der Diskussion argumentiert Frau Herrmann doch mehr in der von mir dargestellten Richtung, darauf deutet ja auch ihre Floskel „ein sozial ausbalanciertes Niveau“ hin.
syna, post:9, topic:9732 hat geschrieben: Wir leben in einer realen Welt!
Genau und darum ist es wichtig sich mit der Welt als Ganzem zu befassen und nicht nur mit der eigenen Suppe. Das deutsche Wellnesshotel, in dem Frau Herrmann relaxt, ist nicht mal ansatzweise hinreichend, um globale Probleme wie den Klimawandel zu lösen.
syna, post:9, topic:9732 hat geschrieben: Diese Welt ist “verwaltungstechnisch” nun mal in
Nationalstaaten eingeteilt. Da wir dies in den nächsten Hundert Jahren nicht ändern
werden,
Großartiges Argument! Wenn Sie die Welt retten, also den Klimawandel aufhalten wollen, werden sie nicht umhinkommen neue Organisationsstrukturen aufzubauen. An einer globalen Zusammenarbeit werden Sie nicht vorbeikommen.

Und glücklicherweise ist diese Welt nicht statisch, sondern in ständiger Bewegung.

Haben Sie eine Vorstellung davon, seit wie vielen Jahren diese nationalstaatliche Aufteilung der Welt existiert? So rund 200 – 250 Jahre.
Zur Bildung der Nationalstaaten waren u.a. zwei verheerende Weltkriege notwendig und der Prozess ist bis heute nicht abgeschlossen.
[Hier die Welt im Zeitraffer](https://youtu.be/RJfQ8-M2-j0?t=258)


Mit Grenzziehung und der Erzeugung einer nationalen Identität, die eine souveräne Verwaltung auf geografisch determiniertem Gebiet überhaupt erst ermöglicht, hat sich eine neue Art von geschlossener Gesellschaftsordnung etabliert.
Diese geschlossene Ordnung ist keineswegs friedlich. Im Innern zwingt sie jedem Menschen die Staatsbürgerschaft auf, erzwingt nationale Sprache und Kultur. Nach außen bekämpft sie andere „Völker“ und Nichtstaatsbürger. Kurz: ein Nationalstaat ist von Natur natur- und menschenfeindlich!

Mit der Etablierung von Nationalstaaten sind neue multinationale Organisation entstanden bzw. im Entstehen begriffen, die die Souveränität von Nationalstaaten beschränken.

Sie selbst fordern doch an anderem Ort
syna, post:311, topic:8596 hat geschrieben: Und die Frage ist: Wann endlich erhebt
Den Haag Anklage?
Sie rufen ein internationales Gericht an, das, sofern ich richtig unterrichtet bin, von den Mächten USA, Russland, China u.a. gar nicht anerkannt ist.

Nun, ich bin der Ansicht, dass es heute dringend einer politischen Bewegung bedarf, die den Ausbau von solchen globalen Verwaltungsstrukturen unterstützt und die für deren Akzeptanz in den jeweiligen Nationalstaaten arbeitet.
syna, post:9, topic:9732 hat geschrieben: müssen wir also Lösungen innerhalb dieser “verwaltungstechnischen
Einteilungen” lösen.
Die Nationalstaaten haben offensichtlich erkannt, dass die nationale Ebene nicht ausreicht, um globale Problemfelder zu lösen. Gerade darum gab es die internationale Klimakonferenz.
Es müsste aber eine Autorität aus solchen Konferenzen erwachsen, die die Umsetzung geplanter Maßnahmen mit etwas Nachdruck verfolgt.

Auch der Euro ist Ausdruck des Zusammenwachsens von „Verwaltungsräumen“.

Die Welt ist in Bewegung und da gilt es m.E. die richtigen Elemente herauszuarbeiten und zu unterstützen.
Der Nationalstaat ist nicht das Ende der Entwicklung, sondern er existiert lediglich für eine kurze Epoche.
syna, post:9, topic:9732 hat geschrieben: D.h. wir müssen uns sehr wohl mit Nationalstaaten und deren
Regierungen befassen.
Wo habe ich anderes behauptet? Aber das bedeutet ja nicht, dass wir Strukturen, die sich oberhalb der nationalstaatlichen Souveränität etablieren, nicht im Aufbau unterstützen dürfen und dass wir dort, wo möglicherweise Strukturen fehlen, nicht auf ihren Aufbau drängen.
Hier die Globalisierung in Realtime.
Tourismus: https://www.bpb.de/shop/zeitschriften/a ... ohne-ende/
Flugradar: https://flightradar.live/flugradar/
Schiffe: https://www.marinetraffic.com/en/ais/ho ... 1.0/zoom:3
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Re: Frau Herrmann

Beitrag von root »

syna, post:12, topic:9732, full:true hat geschrieben: @schokolade:

Ich habe ihre gesamte Antwort gelesen. Ich verstehe ihre
These, dass die Nationalstaatlichkeit zugunsten einer Welt-
regierung überwunden werden müsse. Die Vorteile wären
immens - und viele Probleme könnten wahrscheinlich nur
durch eine gemeinsame Weltregierung gelöst werden.

Sie, liebe Schokolade, sind der Zeit 100 bis 200 Jahre voraus -
wie in einer Science-Fiction Welt: Die Nationalstaaten sind
abgeschafft, das Geld wurde abgeschafft, keiner hungert, alle
sind selbstverwirklicht - und die Sternenflotte erforscht das Universum!

Aber die heutige Wirklichkeit ist leider ganz anders: Wir erleben
gerade einen nationalen Herrscher, der die "entwicklungsgeschicht-
liche" Zeit 150 Jahre zurückdrehen will: Statt in die Zukunft des
Captain Picard geht es zurück zu Peter dem Großen!
Wir erleben real genau das Gegenteil von "Kooperation", die
Negation zwischenstaatlicher Abkommen, die Ohnmacht der OECD,
das Canceln von Abrüstungsabkommen - also genau das Gegenteil
des Überwindens der Nationalstaaten.

Deshalb glaube ich nach wie vor, dass wir uns in unserer jetzigen
"realen" Welt leider doch mit den Nationalstaaten auseinander-
setzen müssen. Und dass wir *innerhalb* der Nationalstaaten
die Politik voranbringen müssen.

Die zwischen- und überstaatlichen Bemühungen gehen aber
dennoch weiter: Das sind die Klimakonferenzen, das sind die
Handelsabkommen, das sind Sicherheitsabkommen, das sind
die UN-Sitzungen usw. Die Entscheidungskompetenz jedoch
liegt immer bei den Nationalstaaten, gewählt wird in den
Nationalstaaten usw., die Nationalstaaten sind souverän! Die
Frage ist immer: Wo will man ansetzen, wenn man was
verändern will? Bei der UNO?

Am Beispiel der EU kann man sehen, wie schwierig und
mühsam es ist, nur einige wenige Staaten mit ähnlichem
kulturellem Background dazu zu bringen, zu kooperieren
und gemeinsame Entscheidungen zu treffen. Teilweise
gelingt das, aber oftmals ist es unmöglich.
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Re: Frau Herrmann

Beitrag von root »

schokolade, post:14, topic:9732, full:true hat geschrieben:
syna, post:12, topic:9732 hat geschrieben: Ich habe ihre gesamte Antwort gelesen. Ich verstehe ihre These, dass die Nationalstaatlichkeit zugunsten einer Weltregierung überwunden werden müsse. Die Vorteile wären immens - und viele Probleme könnten wahrscheinlich nur durch eine gemeinsame Weltregierung gelöst werden.
Die Frage ist, wie Sie sich eine Weltregierung vorstellen. Vielleicht die Übertragung der US-Präsidentschaftswahl auf die Weltgemeinschaft? Diese Demokratie gefällt Ihnen doch so gut.

Nein, Ziel kann nicht sein, „Macht“ zu zentralisieren. Eine Regierung ist immer ein hierarchisch organisiertes Unterdrückungsinstrument.
Nationalstaat überwinden, bedeutet m.E. nicht ihn zu universalisieren, sondern ihn durch eine andere Art Gesellschaftsordnung zu ersetzten.
Stichworte: Anarchie – Schwarmintelligenz- Selbstorganisation- Subsidiarität – Selbstermächtigung.
Wie genau kann ich erstmal nicht sagen. Aber es ist nicht verboten, darüber nachzudenken und zu diskutieren.

(Nebenfrage:
Würde irgendwer demokratisch über die Statik eines Gebäudes abstimmen lassen oder würde man solche Entscheidungen dem Fachpersonal überlassen? Wo machen demokratische Prozesse Sinn und wo ist sie hinderlich oder sogar gefährlich.)
syna, post:12, topic:9732 hat geschrieben: Sie, liebe Schokolade, sind der Zeit 100 bis 200 Jahre voraus -wie in einer Science-Fiction Welt: Die Nationalstaaten sind abgeschafft, das Geld wurde abgeschafft, keiner hungert, alle sind selbstverwirklicht - und die Sternenflotte erforscht das Universum!
Wie gesagt, Sie verstehen mich nicht. Ich entwerfe keine infantilen Traumwelten. Das sind wohl Ihre eigenen phantasievollen Vorstellungen, die durch meine Texte getriggert werden. Sie offenbaren damit Ihr eigenes Weltbild und Ihre eigene Sozialisation.
Diese Friede-Freude-Eierkuchen-Hoffnung ist jedenfalls nicht Basis meiner Visionen.
Aber nehmen wir mal Ihre These, ich sei der Zeit 100-200 Jahre voraus. Glauben Sie, dass irgendwann ein Hebel umgelegt wird und dann befindet sich die Menschheit in der von Ihnen geschilderten Traumwelt. Glauben Sie, so eine Veränderung geschieht von heute auf morgen, gestern noch Nationalstaaten und heute Weltregierung?
Ich sehe das jedenfalls anders. Das Neue entsteht im Alten. Das Alte wird peu à peu durch Neues ersetzt. Und da das Neue unbekannt ist, geht der Weg im Zickzack.

Das Leben ist durch Kontinuität gekennzeichnet, es wird nicht passieren, dass bei 8 Mrd. Menschen plötzlich der Groschen fällt und dann alles anders wird.
Selbst nach einer Revolution, also der massivsten Form gesellschaftlicher Veränderungen, haben die Menschen in der Regel das Neue nur in Verkleidung der alten Welt akzeptieren können. (z.B. Kaiser Napoleon oder die nahezu religiöse Verehrung Lehnins in vielen Regionen der Sowjetunion.
Oder, ganz anderes Thema, das erste Automobil sah auch aus wie eine Pferdekutsche, aber es war halt keine Pferdekutsche.)
Kurz, es geht darum, das Neue im Hier und Heute zu suchen und gegen die Kräfte der Vergangenheit zu stärken. Und da bin ich der felsenfesten Überzeugung, dass alles das, was mit Nationalismus zu tun hat, abzulehnen ist. Mir ist es ein Rätsel, wie es kommt, dass dieser politische Kampf in der Form heute noch geführt werden muss.
Die Frage, ob diesmal wirklich Russland die Schuld trägt und die antirussische Koalition zurecht geschmiedet wird, scheint mir wie:
Die Definition von Wahnsinn ist, immer wieder das Gleiche zu tun und andere Ergebnisse zu erwarten.

Wir sollten Staatsgeheimnisse und ähnlichen Plunder ablehnen. Was früher Majestätsbeleidigung ist heute Landesverrat! Es gibt keine kulturelle Identität und keine nationale Unabhängigkeit, die mit Waffengewalt zu verteidigen wäre. Der Heldentod ist etwas für fremdbestimmte Feiglinge.
syna, post:12, topic:9732 hat geschrieben:
Aber die heutige Wirklichkeit ist leider ganz anders: Wir erleben gerade einen nationalen Herrscher, der die “entwicklungsgeschichtliche” Zeit 150 Jahre zurückdrehen will: Statt in die Zukunft des Captain Picard geht es zurück zu Peter dem Großen!
Wir erleben real genau das Gegenteil von “Kooperation”, die Negation zwischenstaatlicher Abkommen, die Ohnmacht der OECD, das Canceln von Abrüstungsabkommen - also genau das Gegenteil des Überwindens der Nationalstaaten.
Wer sich mit Fragen zur zukünftigen Organisation der Weltgemeinschaft befasst, ist gut beraten, nicht über jedes aktuelle Ereignis zu stolpern und sein Weltbild neu strukturieren zu müssen.
Sie greifen jetzt Russland aus der Familie von Nationalstaaten, gewissermaßen als das schwarze Schaf, heraus. Dabei ignorieren Sie verschiedene Fakten.

1. Unabhängig vom russischen Angriff auf die Ukraine gibt es auf der Welt an allen Enden zwischenstaatliche oder innerstaatliche Gewalt.
https://www.frieden-fragen.de/entdecken ... -2021.html
In dem Zusammenhang können sie sich auch die Entwicklung der Flüchtlingsströme ansehen.
Also der Unfrieden ist nicht durch Russland in die Welt gekommen, sondern er ist systemimmanent. Was aber ist das System? Kapitalismus greift wohl zu kurz, und Imperialismus, ich weiß nicht? Das, das Weltsystem prägende Element, ist der Nationalstaat. Und m.E. sind es konkurrierende und divergierende Interessen der Nationalstaaten, die für Unfrieden sorgen.

2. Die mangelnde Empathie der Weltgemeinschaft für die Diskriminierung russischer Minderheiten in den ehemaligen Sowjetrepubliken.
Die Sowjetunion hat bekanntlich ein halbes Menschenalter bestanden. Und in all den Jahren sind Menschen von A nach B gezogen. Die nationalen Grenzen spielten innerhalb der Union keine so bedeutende Rolle mehr. Jetzt „Russen“ in den unabhängigen ehemaligen Sowjetrepubliken auszusortieren, um ethnisch reine Nationalstaaten zu schaffen hat eben was von Rassismus.

3. Die Konkurrenz um Anteile am Weltmarkt für fossile Energieträger, insbesondere zwischen USA und Russland. Gerade auch im Hinblick auf das gegenwärtig größte Problem der Menschheit, dem Klimawandel, ist die Steigerung von Erdgas- und Erdöl-Produktion beachtenswert.

4. Die Wiederentdeckung nationaler Identität ist kein russisches Alleinstellungsmerkmal. Bei der Zerlegung Jugoslawiens war das auch ein treibendes Motiv.

Auf allen Kontinenten und in nahezu allen Staaten erblühen nationalistische Tendenzen.
M.E. handelt es sich um eine scheinbare Renationalisierung der Weltgemeinschaft. Scheinbar, weil es m.E. nur das Ende der nationalstaatlichen Organisation ausdrückt. Die nationalstaatliche Organisation stößt an ihre Grenzen. (ich hatte oben ein paar links geteilt.) Es ist nicht ungewöhnlich, dass eine Epoche, die am Ende ihrer Zeit angekommen aus Unsicherheit oder Furcht vor Neuem, sich nach ihren Ursprüngen zurücksehnt.

Die Globalisierung ist zu weit vorangeschritten und geht weiter, zwar leiser, aber weiter.
So sind z.B. die Freihandelsabkommen, die ja besonders auch von Linken und Grünen bekämpft wurden, geeignet, die nationale Souveränität zu beschränken. Mit Trumps „Amerika First“ Politik schien dieser „Spuck“ beendet.

Aber: [Bundestag stimmt CETA zu.](https://www.lto.de/recht/nachrichten/n/ ... kanada-zu/)

Jedenfalls, dass Sie die Ursachen für die globalen reaktionären Strömungen in Russland suchen, ist m.E. kindisch.

Hier noch ein Hinweis: Es lohnt sich, sich Gedanken über den [Unterschied zwischen Kollaboration und Kooperation](https://future-unternehmensentwickler.c ... aboration/) machen.

Hinsichtlich der Lösungsentwürfe und -ansätze für globale Probleme würde ich auf globale Kollaboration setzten. Für Sie, der ja die Machtinstitution Nationalstaat erhalten will, ist Kooperation sicher die naheliegendere Variante
syna, post:12, topic:9732 hat geschrieben:
Deshalb glaube ich nach wie vor, dass wir uns in unserer jetzigen “realen” Welt leider doch mit den Nationalstaaten auseinandersetzen müssen. Und dass wir *innerhalb* der Nationalstaaten die Politik voranbringen müssen.
Die irreale Welt ist Ihr Gebiet. Ich bewege mich immer in der realen Welt.
Sie sagen das Eine (Globalisierung vernünftig) und meinen das andere (nationalstaatliche Souveränität erhalten)?
Richtig, wir müssen uns mit dem Nationalstaat auseinandersetzen, aber dabei sollten wir ihn nicht idealisieren. Mein Ziel wäre es zu überlegen, wodurch diese Machtinstitutionen ersetzt werden können, wie Individualismus gegenüber Volksgemeinschaft gestärkt werden könnte. Welche Strömungen in der Gesellschaft sollten unterstützt werden?
Warum Menschen mit ukrainischer Identität impfen?

Welche Politik sollen wir denn innerhalb der Nationalstaaten voranbringen? Gegenwärtig scheint es in allen Nationalstaaten darum zu gehen, Feinde und Freunde zu identifizieren.
So hat die grüne Seele die Abhängigkeit der grünen Volksgemeinschaft von anderen Staaten entdeckt und predigt Autarkie. Kooperation/Kollaboration?
Gucken Sie mal die Antichina Propaganda.
Über Wochen oder Monate wurde die China-Corona-Politik als Ausdruck eines absolut bösen, totalitären Systems gebrandmarkt, um jetzt, wo es Lockerungen gibt und die Zahl der Coronakranken massenhaft zunimmt, China wegen der Lockerungen zu schelten.
Es zeigt sich egal was in China passiert, das ist Feindesland und da ist immer alles Übel.
Es wird interessanterweise auch keine Hilfe angeboten, sondern nur miese Propaganda.

Der Amazonas-Regenwald in Brasilien wird auch als grüne Lunge der Erde bezeichnet. Die Lunge zu besitzen, ohne sie ökonomisch ausbeuten zu können, ist kein Lotto-Gewinn. Im Gegenteil, der Erhalt des Regenwaldes kostet, anders, als wenn dem Staat zufällig eine Wüste gehört, unter deren Sand das schwarze Gold zu finden ist. Das eine Volk hat Glück und das andere Pech?

Nein, es geht darum, die Erde als Ganzes für das Leben im Allgemeinen und das menschliche Leben im Besonderen zu nutzen. Und das geht nur durch globale Kollaboration. Also dem Verschieben von Ressourcen von einer Region in die andere. Nicht nach Konkurrenzgesichtspunkten, sondern nach Gesichtspunkten des Respekts gegenüber den Bedürfnissen der Menschen in anderen Regionen.
Anders ausgedrückt, es geht darum, die einzelnen regionalen Besonderheiten kollaborativ in die Weltökonomie zu integrieren, mit dem Ziel hinsichtlich des menschlichen Daseins die individuelle Freiheit eines jeden Menschen zu garantieren.
syna, post:12, topic:9732 hat geschrieben: Die zwischen- und überstaatlichen Bemühungen gehen aber dennoch weiter: Das sind die Klimakonferenzen, das sind die Handelsabkommen, das sind Sicherheitsabkommen, das sind die UN-Sitzungen usw. Die Entscheidungskompetenz jedoch liegt immer bei den Nationalstaaten, gewählt wird in den Nationalstaaten usw., die Nationalstaaten sind souverän!
Die Frage ist immer: Wo will man ansetzen, wenn man was verändern will? Bei der UNO?
So schwer ist das m.E. nicht zu begreifen. Es geht darum, innerhalb der Nationalstaaten eine globale Politik voranzubringen.
syna, post:12, topic:9732 hat geschrieben: Am Beispiel der EU kann man sehen, wie schwierig und mühsam es ist, nur einige wenige Staaten mit ähnlichem kulturellem Background dazu zu bringen, zu kooperieren und gemeinsame Entscheidungen zu treffen. Teilweise gelingt das, aber oftmals ist es unmöglich.
Schwierigkeiten sollten kein Hinderungsgrund bei der Entfaltung politischer Arbeit sein, sondern Herausforderung und Ansporn.

Am Beispiel der EU ist gut zu sehen, wie die nationalen Institutionen sich gegen jedes Vorankommen sträuben. Nehmen wir an, die Piratenpartei wäre global vernetzt (von wegen Teil einer globalen Bewegung) und nicht ins letzte oder vorletzte Jhd. zeitgereist, dann hätte es eine politische Bewegung, die gegen nationalistischen Egoismus Wirtschafts-, Sozial- und Finanzpolitik vorantreiben könnten.
z.B: Globales BGE, einheitlicher Mindestlohn, einheitliches Renteneintrittsalter z.B. 60 Jahre usw.

Ziel sollte sein, Elemente und Tendenzen, die sich vom nationalistischem Denken lösen, und die neue Herangehensweisen oder Lösungen versprechen, auch wenn sie noch unausgegoren scheinen, herauszuarbeiten, zu unterstützen, zu konkretisieren.
In dem Sinne:
"Deutschland muss sterben, damit wir leben können."
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Re: Frau Herrmann

Beitrag von root »

schokolade, post:13, topic:9732, full:true hat geschrieben:
ukw, post:11, topic:9732 hat geschrieben: Ein paar Fragen an die Schokolade:
Ich habe den Beitrag durchgelesen, aber keine Frage gefunden? Kommen die Fragen noch oder war's das?
ukw, post:11, topic:9732 hat geschrieben: Dasjenige, was sie als “die Wirtschaft” bzw “die Produktion” oder gelegentlich auch als “Ökonomie” bezeichnen, unterliegt gewissen Regeln und Rahmenbedingungen.
Richtig, es gibt vielleicht eine gewisse Konfusion in den Begrifflichkeiten. Ohne Anspruch auf Stringenz würde ich die Begriffe so auseinanderhalten
Produktion ist der Bereich der Wirtschaft, in dem materielle Dinge produziert werden. Also das, womit sich der Kapitalismus und Sozialismus hauptsächlich beschäftigten, die Warenproduktion.
Der Begriff Wirtschaft ist allgemein einen Oberbegriff der wirtschaftlichen Tätigkeiten und Ökonomie beschreibt eher die wirtschaftspolitische Seite der Wirtschaft.
ukw, post:11, topic:9732 hat geschrieben: Es reichte nicht zu schreiben
Da haben Sie meinen Gedanken wohl nicht verstanden.
Ich habe den Begriff Wirtschaftswachstum aufgedröselt.
Einmal aus der Sicht des Einzelunternehmens, aus Sicht der Gesellschaft und aus Sicht des einzelnen „Konsumenten“.

Denn bevor man über das
ukw, post:11, topic:9732 hat geschrieben: schädliche Element des grenzenlosen Wachstums
philosophiert sollte man sich m.E. erstmal darüber im Klaren sein, welches Wachstum aus wessen Sicht gemeint ist.

Ich persönlich sehe kein grenzenloses Wachstum. Die ganze Debatte erinnert mich etwas an die Zinseszinsfritzen und ihrem Jesus-Pfennig.
Es wird ein Baustein aus der Welt gegriffen und dann in die Unendlichkeit skaliert. Da kommt dann meistens irgendein Blödsinn raus.
hat geschrieben: Kaninchen können schon mit 12 Wochen geschlechtsreif werden! Vorsicht ist geboten, denn Kaninchen sind äußerst fortpflanzungsfähig und eine Paarung ist ganzjährig möglich. Die Tragezeit beträgt 30 Tage. Dann kommen 3-6 Junge zur Welt. Sie sind am Anfang noch blind und unbeweglich. Sie bleiben einige Zeit im Bau (Nesthocker), bevor sie die Umgebung entdecken.
Also 3 x pro Jahr werfen die Kaninchen rund vier Junge.
Nach 10 Jahren hat sich die Population eines einzigen Paares auf rund 2 Mrd. Exemplare erhöht.
Nach 100 Jahren brauchen die Karnickel 50 Erden, um das Wachstum beibehalten zu können.
ukw, post:11, topic:9732 hat geschrieben: So selbstlos sind diese Wirtschaften?
Selbst ein Gott kann toten Begriffen kein Leben einhauchen. **Diese Wirtschaften**, in diesem Fall ja „Volkswirtschaften“, sind keine handelnden Personen. Bei einer der Volkswirtschaft handelt sich um einen Oberbegriff, der das muntere Treiben der Staatsbürger beschreiben und/oder untersuchen soll.
Was glauben Sie, welche Interessen die Regierung eines Nationalstaates verfolgt, wenn sie nicht die Belange der eigenen Staatsbürger in Blick hat?

Dass es Nationalstaaten gibt, die nicht gefestigt genug sind, um sich gegen äußere Einflüsse ausreichend zu wehren, also Regierungen, die von anderen Mächten „gekauft“ wurden, ist m.E. kein Gegenargument. Im Gegenteil, es gehört ja zur Außenpolitik dazu, die Schwäche anderer Nationalstaaten auszunutzen, um den Nutzen für das eigene Staatsvolk zu vergrößern. Ein Vielvölkerstaat hat z.B. eine Menge Schwächen, wie die Zerlegung Jugoslawiens unter Beteiligung der rotgrünen Regierung Deutschlands seinerzeit eindrucksvoll gezeigt hat. Was auch immer die Nationalstaaten miteinander und untereinander treiben, ich bleibe dabei, das treibende Element einer nationalstaatlichen Regierung ist es, das Wohl des eigenen Staatsvolkes zu mehren.
ukw, post:11, topic:9732 hat geschrieben: ist es denkbar dass neben dem Imperialismus mit Waffen(gewalt) und 82 Flugzeugträgern ebenfalls ein Wirtschaftsimperialismus möglich ist? Mit einer Wirtschaft die über die “Selbstversorgung” hinausgeht, also mit einer exportorientierten Wirtschaft, die ihren Überschuss nicht verschenkt sondern für Geld, welches nach heutigen Regeln entsteht “verkauft” und den aus dieser Art Wirtschaften und den daraus entstehenden finanziellen Forderungen ein Imperialismus - wie mir Waffengewalt - möglich ist?
So ist zu erklären wie die Wirtschaft zu dem geworden ist , was sie heute ist: Problemerzeuger und Problemlöser zugleich.
Wenn Sie Ihre Texte mit etwas mehr Ruhe verfassten, sich selbst, also Ihre eigenen Gedanken etwas ernster nehmen würden, dann wären Sie besser verständlich.
Sie wollen sagen, wir hätten es heute mit einer Art Wirtschaftsimperialismus zu tun. Durch den Export unserer Waren würden wir z.B. die USA mit ihrem Außenhandelsdefizit zur Kolonie degradieren?
Dabei übersehen sie, dass die USA von uns materielle Güter gegen [Papierdollar](https://de.statista.com/statistik/daten ... z-der-usa/) erhält, die sie in beliebiger Höhe drucken kann.
Hinsichtlich der Verschuldung europäischer Staaten untereinander ist zu bemerken, dass über die Sicherheitsmechanismen des europäischen Finanzsystems, am Ende auch der deutsche Steuerzahler in die Pflicht genommen wird. Das ist ja eine Kritik von Nationalisten aller Couleur an Europa.

Auch der Handel mit anderen Staaten, z.B. mit Staaten des afrikanischen Kontinents entwickelt sich zunehmend ausgewogen, wie der neuere Umgang der westlichen Staaten mit ihrer Kolonialgeschichte beweist.
(z.B. Benin-Bronzen, Niederlands Entschuldigung für seine Rolle beim Sklavenhandel)

Ursache ist nicht zuletzt der Einfluss des chinesischen Handels, der von einer Ausgewogenheit zwischen den Partnern und von gegenseitigem Respekt geprägt wird.

Also unabhängig von den problematischen Wirtschaftsbeziehungen zwischen den, von menschlichen Werten überschäumenden Industriestaaten und den ehemaligen Entwicklungsländern entwickelt sich die Weltgemeinschaft eigentlich hier und da recht positiv auch wenn es hier und da noch imperialistische Tendenzen gibt.

Allerdings solle nicht vergessen werden, dass der [Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus](https://www.marxists.org/deutsch/archiv ... /index.htm) schon vor 100 Jahren von einem gewissen Lenin gegeißelt wurde.

Die Globalisierung trägt vielleicht imperialistische Züge, nur sind die Menschen, die heute leben, eben durch 100 Jahre (Kultur)geschichte gereift und dabei sind nicht nur neue Organisationsstrukturen entstanden und es haben sich nicht nur die materiellen Bedingungen grundsätzlich verändert, insbesondere ist die Produktivität der materiellen Produktion enorm gestiegen(Roboter, Automation, KI), sondern dank der modernen Kommunikations- und Informationsmöglichkeiten ist die Welt zum Dorf geworden.

Dass alle Menschen gleich sind, wird nicht mehr ernsthaft bestritten.
Die einzig offene Frage ist, wie das globale "Dorf" organisiert werden soll/kann?
ukw, post:11, topic:9732 hat geschrieben:
schokolade, post:8, topic:9732 hat geschrieben: Die heutige Wirtschaft ist dagegen ganz anders aufgestellt. **Die Reproduktionsarbeit ist mittlerweile Bestandteil derselben.**
Das ist interessant nicht war? Die Wirtschaft breitet sich überall dort aus, wo man mit den geltenden Regeln und Möglichkeiten (dem Vermögen) individuelle Vorteile … “erreichen” kann. Überall dort, wo das möglich ist floriert Wirtschaft und ist augenscheinlich weder von Moral noch von Gesetz davon abzubringen dieses zu tun oder das zerstörerische Tun auf ein erträgliches Maß zu senken bzw. im Zaum zu halten.
Ich verstehe Ihre Kritik nicht.
Insgesamt gab es 2021 in Deutschland rund 4.000.000 Pflegebedürftige, darunter Pflegebedürftige vollstationär in Heimen 818.000
https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesel ... stufe.html

Der Pflegeheimplatz für meine Mutter kostet rund 4.000 €. Bei 800.000 Pflegeplätzen ist das ein Umsatz von 3,2 Mrd. € / Monat.

Es handelt sich hier also mit einem riesigen Wirtschaftszweig, der bei volkswirtschaftlicher Betrachtung keinen ct. einspielt. Das sind gesellschaftliche Ausgaben, also Ressourcenverschiebungen in den sozialen Bereich. Auch wenn dort viele Leute viel Geld verdienen, ist der ganz Sektor unproduktiver Luxus.

Interessant ist daran nicht, dass jemand heute auch in diesem Sektor unmoralisch reich werden kann, sondern, dass dieser Sektor ein Bestandteil der „Wirtschaft“ geworden ist.
Während noch in den 70ern wirtschaftliche Betrachtungen sich mehr oder weniger ausschließlich auf die materielle Produktion bezogen, spielt die Verteilung des produzierten materiellen Reichtums eine immer größere Rolle im Wirtschaftsleben der Gesellschaft.

Warum ist das im Blick auf das „schädliche Element des grenzenlosen Wachstums“ von Interesse?
Weil die Reproduktions- und Sorgearbeit als Bestandteile der Wirtschaft ebenfalls zum Wirtschaftswachstum beitragen. Wir könnten also dem grenzenlosen Wirtschaftswachstum mächtig einen reintun, wenn wir die 4.000.000 Pflegebedürftigen sich selbst überlassen würden.

Kurz, ich wollte zeigen, dass ein undifferenziertes Rumgelaber über grenzenloses Wachstum nicht geeignet ist, irgendein konkretes Problem zu lösen.

*individuelle Vorteile … “erreichen” kann*
Solche Floskeln klingen in Ihren Beitrag immer etwas anklagend. Als sei es moralisch verwerflich, seine individuellen Vorteile im Blick zu haben. Nun ist individuelle Freiheit aber mit dem Streben nach individuellen Vorteilen verknüpft. Das ist was anderes als blinder Egoismus und Triebhaftigkeit, wie es hier in einem anderen Thread diskutiert wurde.
Es bedeutet eher, dass kein Mensch gezwungen werden sollte, sein Leben für Volk, Vaterland, Religion zu opfern.
Individuelle Freiheit setzt aber ein Bewusstsein voraus. U.a. dass die eigene Freiheit spätestens da aufhört, wo die des anderen anfängt und dass es Notwendigkeiten gibt, die die eigene Freiheit einschränken könnten, z.B. braucht ein Neugeborenes Zuwendung und Unterstützung.
Stichworte wären **Selbstermächtigung** oder **[Empowerment](https://de.wikipedia.org/wiki/Empowerment)**
ukw, post:11, topic:9732 hat geschrieben: aber solange der Mensch sich seine Nahrung und seinen Platz zum Leben *erkaufen muss*, wird der Mensch aus reiner Selbsterhaltung sich als Sklave in diesem Wirtschaftsprozeß unterordnen und mit seinem Selbsterhaltungstrieb und (Über)Lebenswillen diese Wirtschaft am Laufen halten, so daß man meint, *diese Form* des Wirtschaftens sei Alternativlos. Nein das ist ein emotional zu stark belasteter Kampfbegriff - den Kampfbegriff des Alternativlos überlasse ich lieber der derzeitigen Wirtschaft.
Aber sie verstehen - es sind nicht die hehren Ideale, die diese Wirtschaft im Gange halten. Es ist der Überlebenswille des Menschen, die Sachzwänge, die aus den Regeln der Saldenmechanilk und der Geldentstehung entstehen. So verblüfft es mich nicht, dass diese Systematik sich als eine Killer Systematik entpuppt und es inzwischen einige Lebewesen auf diesem Planeten gibt, die ein “Weiter so” für eine Fahrt des Planeten Erde halten, die an der Endstation enden wird. In barrierefreiem Deutsch: Es ist das sichere Todesurteil für uns alle.
Was hat dieser Stoßseufzer mit meinem Beitrag zu tun?
Die Versorgung von rund 8 Mrd. Menschen lässt sich nicht mit einer simplen "Saldenmechanik" bewerkstelligen oder erklären.
Dass die Summe aller Schulden die Summe aller Guthaben entspricht, ist jetzt keine schwer verständliche These.
Aber Sie lieben es scheinbar, sich in einfachen abstrakten Begriffen zu bewegen und die lebendige Welt auf diese Art zu strangulieren.
Ich habe ja oben gezeigt, dass es "diese Form" des Wirtschaftens nicht gibt, dass sie der Veränderung, genauer, einer Entwicklung unterworfen ist wie alles, was "lebt".
Allein die Verschiebung von Ressourcen in die Care-Arbeit durch die Politik sollte sie veranlassen, das Bild vom Sklaven zu korrigieren.
Richtig ist, dass jeder Mensch „Sklave“ der Verhältnisse, in die er geboren wurde, ist. Das Neugeborene ist allein nicht lebensfähig. Anders als z.B. Krokodilbabys. Es bekommt nicht nur Muttermilch, sondern ihm werden auch die Umgangsformen der Gesellschaft eingetrichtert.
Darum ist es ja so schwer, die gesellschaftlichen Verhältnisse an neue Bedingungen anzupassen.
Und nur weil die Menschheit gegenwärtig vor schier unlösbaren Problemen zu stehen scheint, ist das kein Ticket in den Untergang.
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Re: Frau Herrmann

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